Emirate: Eine Frau schlägt die Brücke
Trotz aller internationalen Erfahrung hält die Golfregion auch für abgebrühte Geschäftsreisende zahlreiche Fettnäpfchen bereit, sagt Soraya Leupi.
Die Firmenberaterin mit Schweizer Wurzeln sorgt in Dubai dafür, dass ihrer Kundschaft keine Fauxpas unterlaufen.
«Ein Fauxpas ist hier in den Vereinigten Emiraten sehr schnell begangen», sagt Soraya Leupi, 33, seit über einem Jahrzehnt im Nahen Osten tätig.
Dabei ereignen sich die meisten Missgeschicke im kulturellen Bereich, weiss sie aus Erfahrung.
«Peinlichkeiten unterlaufen beileibe nicht nur unerfahrenen Mittel- und Kleinunternehmern, die sich zwar in die Märkte der Emirate getrauen, die aber auf dem internationalen Parkett unerfahren sind.»
Auch die so genannt weitgereisten Führungskräfte globaler Schweizer Unternehmen setzen laut Leupi manchmal ihren Fuss ins Näpfchen, weil sie die kulturellen Hintergründe der Emirate nicht kennen.
«Hier gelten andere Regeln in Werbung und Strategie. Viele verstehen das zuerst nicht und fallen rein.» Sicher sei Dubai offen und modern, aber eben auch islamisch – wobei das kein Gegensatz sei, betont Leupi, sondern eventuell ungewohnt.
Weder teuren Champagner noch Kirsch-Stängeli
Der wohl klassische Fauxpas sei die teure Flasche Champagner als Mitbringsel aus Europa für den einheimischen Geschäftspartner. Dieses anderswo als Luxus erachtete Geschenk wirke in der Golfregion denkbar deplatziert, weil Alkohol für Muslime verboten ist. Etwas Verbotenes zu schenken ist nicht sehr taktvoll.
Oft brächten die Geschäftsleute, so erzählt Leupi aus ihrem Erfahrungs-Fundus, ihren Gastgebern in der Golfregion auch Kindergeschenke mit, die im dortigen Kulturkreis als ungeeignet erachtet werden – wie Casino- und Spiel-Software, wo doch Glücksspiele im Islam verboten sind.
«Auch Zuger Kirschstängeli sind wegen dem Alkohol verboten», sagt Soraya Leupi, die selber unweit von Zug entfernt aufgewachsen ist und nach Abschluss der Luzerner Töchter-Handelsschule gleich international einstieg.
Ihre ersten Sporen verdiente sie sich für den African Safari Club und andere Schweizer Reiseveranstalter mit klassischer Schifffahrt und Nilkreuzfahrten ab.
Vom Kongress-Management zur «Türöffnerin»
«Ägypten diente mir als erstes Trainingsfeld zur Wahrnehmung von Kulturunterschieden», urteilt sie im Nachhinein. Vom Nil aus zog es sie weiter nach Dubai, wo sie Incentives und Kongresse zu organisieren anfing.
Das Motivations- und Kongress-Business zählt innerhalb der Tourismusbranche zum teuren, aber auch rentablen Premiumsegment, oft auf der Basis intensiver Beziehungen.
So kam sie mit dem Herrscher von Dubai in Kontakt: Für Scheich Mohammed Bin Rashid Al Maktoum schuf sie die erste Website – die heute noch steht.
Auf diese Weise geriet sie in Dubai in die einflussreichen Kreise und lernte viele Entscheidungsträger kennen. Auf dieser Kontaktbasis baut sie heute ihre Beratertätigkeit auf. Vor drei Jahren gründete sie ihr eigenes Unternehmen «Tamkin». Was auf arabisch so viel heisst wie «etwas möglich machen».
Schweizer Pavillon
Die meisten Firmen und Personen, die Soraya Leupi seither betreut, stammen aus dem deutschsprachigen Raum. Neben der klassischen Unternehmens-Beratung führt Tamkin die Kunden auch in die regionalen Märkte ein, hilft beim richtigen Platzieren ihrer Produkte und kümmert sich um einen entsprechenden Webauftritt in den Emiraten.
Tamkin betreut aber auch lokale Kundschaft. Kurz: Sie schlägt die Brücke zwischen den Vereinigten Emiraten und dem deutschsprachigen Europa.
2005 erstellte sie im Dubaier Global Village den ersten Schweizer Pavillon. Und, als Hobby begonnen, produziert sie mit www.hallodubai.com eine der wenigen Sites, auf denen die Emirate auf deutsch beschrieben sind und ein deutschsprachiges Forum zur Verfügung steht.
Freizonen für Finanzen und Biotech
Die wirtschaftliche Dynamik in den Emiraten will nicht abreissen. Vor einem Jahr öffnete in Dubai eine eigene Börse ihre Tore, deren erster Direktor ein Deutscher war.
Leupi richtet sich vor allem nach drei Trends aus. Der erste ist der Finanzplatz. Damit der Finanzplatz Dubai in aller Ruhe wachsen kann, wurde er zur internationalen «Finanz-Freizone» erklärt, was auch Steuerfreiheit einschliesst.
Solche Freizonen bedeuten für ansiedlungswillige Unternehmer von Beginn an weniger administrativen Aufwand, respektive raschere Konzentration aufs Wesentliche.
Etwas Ähnliches, nämlich eine eigene «Freihandelszone», habe kürzlich auch die Biotech-Industrie erhalten – die zweite Branche, die Leupi im Auge hat. Solche vorteilhaften Infrastrukturen ziehen Schweizer Firmen stark an.
Als dritten Trend schliesslich sieht die Beraterin das Halbleiter-Business in die Emirate kommen.
«Oasis» statt «Valley»
In Anlehnung an das kalifornische Vorbild «Silicon Valley» sei in Dubai ein «Silicon Oasis» in Angriff genommen worden, ebenfalls versehen mit dem Status einer Freihandels-Zone.
Bei solchen Angeboten, schliesst Soraya Leupi, sei es nicht erstaunlich, dass das Interesse der Schweizer für Investitionen in den Emiraten in den vergangenen Jahren derart stark zugenommen habe.
Deshalb erwägt sie nun auch die Gründung eines Forums, wo Schweizer und Emirater ihre Erfahrungen austauschen könnten.
swissinfo, Alexander Künzle, Dubai
Soraya Leupi kam über die Schweizer Reiseindustrie ins Ausland.
Ihre Wahrnehmung für Kulturunterschiede trainierte sie auf Ozeandampfern und Nilschiffen.
In Ägypten lernte sie auch Arabisch.
Als frühe Web-Begeisterte konzipierte sie schon in den frühen 90er-Jahren in Dubai für die Familie des Emirs den ersten Internet-Auftritt.
Mit Tamkin Business Solutions offeriert sie ausländischen Newcomern ein Know-how der lokalen Märkte, der (Regierungs-)Institutionen und der einflussreichen Leute in den Emiraten.
www.hallodubai.com bietet Touristen und Reisenden einen Führer, der von Immobilien über Landkarten und Jobs eine breite Themenpalette auf deutsch umfasst.
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