Erfolg mit Bio-Baumwollhemden – SBB und Post interessiert
Beamte der SBB, der Post und der Zürcher Stadtpolizei sind vielleicht schon bald mit Bio- und Fair-Trade-Hemden unterwegs.
Die Entwicklungsorganisation Helvetas will die öffentliche Hand als Partnerin für Bio-Baumwolle gewinnen.
Mehr als ein Jahr lang haben 60 Angestellte der Zürcher Stadtpolizei Bio- Baumwollhemden getestet. Die Resultate sind positiv. «Das Engagement hat sich gelohnt. Alle sind vom Erfolg überzeugt», resümiert Samuel Mazan, Chef Technischer Dienst der Stadtpolizei Zürich.
Wenn ein kompliziertes Produkt wie ein Hemd machbar sei, erhofft sich Mazan «einen Türöffner-Effekt»: Denkbar sind etwa Bio-Bettwäsche und –Tücher in Spitälern, wobei dann Baumwolle aus Afrika zum Zug kommen soll. Für das Pilotprojekt wurde Bio-Baumwolle aus den USA verwendet, da sie eine besondere Langgarnqualität aufweist.
«Die Qualität ist bei einem Hemd besonders wichtig», erläutert Mazan. Neben Tragkomfort müssen Hemden hohen Anforderungen wie Reiss-, Scheuer- und Knitterfestigkeit genügen und pflegeleicht sein.
Ein Test der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (EMPA) für Bio-Baumwolle zeigte zudem, dass das «Feuchtigkeitsverhalten auf Torso» sehr gut ist. Gelobt wurde das angenehme Hautempfinden im Vergleich zum Mischgewebe. Dabei kosten die Bio-Baumwollhemden nur wenig mehr.
Grossverbraucher als Vorreiter
Die Resultate des Pilotprojekts in Zürich beeindrucken Textileinkauf-Verantwortliche grosser Betriebe. «Die Idee zur Verwendung von Bio-Baumwolle wird von der SBB sehr begrüsst und entspricht der Philosophie des Unternehmens», sagt Markus Degen, SBB-Bereichsleiter Bekleidung.
Auch die Post als zweitgrösste Arbeitgeberin in der Schweiz mit rund 50’000 Angestellten will laut Andy Fischer, Leiter Bekleidung, die Entwicklung der Bio-Baumwolltextilien weiterverfolgen und einen Versuch mit T-Shirts starten.
Während der private Konsum von Bio-Baumwollprodukten am Gesamttextilmarkt in keinem Land der Welt so hoch ist wie in der Schweiz, sei die öffentliche Hand bisher noch nicht auf den Zug aufgesprungen, konstatiert Tobias Meier, Leiter Fair-Trade bei Helvetas.
Bund, Kantone und Gemeinden hätten mit der «Agenda 21» eine Verantwortung in Sachen Nachhaltigkeit. Zudem könnten gerade Grossverbraucher dank ihrer Nachfragemacht «Vorreiter in der Förderung nachhaltiger Textilien» sein.
Die SBB etwa statten ihr Personal jährlich mit rund 200’000 Bekleidungsartikeln aus, die den Standard «Ökotext-100» erfüllen müssen.
Rund 24’000 Stück sind laut Markus Degen Hemden oder Blusen aus Baumwolle. Eine mögliche Umsetzung zur Integration von Bio-Baumwolle sei, bei öffentlichen Ausschreibungen die Lieferanten aufzufordern, auch solche anzubieten. Insgesamt müssen Qualität, Preis, Zertifizierung und auch die Menge stimmen.
Weltweiter Boom
Allerdings ist das Angebot an Bio-Baumwolle angesichts des weltweiten Booms derzeit knapp und sofortige Beschaffungen grösserer Mengen sind schwierig. Denn auch internationale Unternehmen wie Nike, Marks & Spencer, Levis und Wal Mart wollen Bio-Baumwolle anbieten, wie Meier ausführt.
Helvetas plane eine Ausweitung der Projekte in Zentralasien wie auch in Westafrika und neue Projektländer wie Mosambik und Äthiopien. Kleinbauern in Afrika und auf anderen Kontinenten seien sehr daran interessiert, das Angebot an Bio-Baumwolle auszuweiten, sagt Jens Soth von der Helvetas-Auslandabteilung.
Denn die beim konventionellen Anbau eingesetzten chemischen Stoffe – ein Viertel der weltweit verbrauchten Insektizide – seien zu teuer und belasteten Böden, Grundwasser und auch die Gesundheit. Ziel sei, mit vielen Partnern einen Markt zu schaffen und einen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten.
Um Beteiligte zusammenzuführen und einen Startimpuls zu geben, haben Helvetas, die Interessengemeinschaft ökologische Beschaffung und die Koordinationsstelle für Umweltschutz des Kantons Zürich kürzlich die Fachtagung «Grossbeschaffer setzen Akzente» einberufen.
Unter den mehr als 100 Teilnehmenden waren die Bio-Baumwoll-Pioniere Coop, Remei, Max-Havelaar und Switcher.
Damit sind laut Helvetas «gute Vorraussetzungen für den Einstieg von Grossverbrauchern und der öffentlichen Hand gegeben».
swissinfo und Viera Malach (InfoSüd)
Baumwolle dient weltweit als Rohstoff für Kleider, Bettwäsche und Tücher.
Trotz der Konkurrenz von synthetischen Fasern ist Baumwolle bei den Konsumentinnen und Konsumenten immer noch beliebt.
Baumwolle ist ein wichtiger Devisenbringer für Entwicklungsländer und für Tausende von Kleinbauern die einzige Einnahmequelle.
Aus ökologischer Sicht ist der Anbau problematisch: Der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln belastet die Gesundheit der Menschen, die Fruchtbarkeit der Böden und das Trinkwasser.
Biobaumwolle wird ohne chemische Mittel angebaut.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch