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Erfolgreich mit Low Fare

Einzige Frau der Welt mit einer Fluglinie: Renate Moser. Keystone

Die Österreicherin Renate Moser wird im Moment in der Schweiz hoch gelobt. Sie ist die einzige Frau, die eine Fluggesellschaft besitzt und damit Geld verdient.

Doch tiefe Preise allein sind nicht alles. Bei Intersky wird kombiniert.

Den frisch renovierten «Hub» in Bern, den Sitz in Österreich, die Flugziele in Deutschland: Internationaler kann man sich eine «mittelständische Airline» schon gar nicht mehr wünschen.

Dieses Geschäftsmodell von Intersky könnte in der Schweiz Schule machen, denn damit pickt man sich aus jedem Land die jeweiligen Standortrosinen. In Bern die Nische, in Vorarlberg die günstigen Bedingungen, in Deutschland die guten Destinationen.

«Es war für mich wie ein schönes Mosaik. Steinchen auf Steinchen ist dazu gekommen, und am Schluss flog Intersky aus der Bundeshauptstadt Bern», meint die Tochter eines Bankiers, die eigentlich für die Finanzwelt vorbestimmt gewesen wäre.

Das Banking reizte nicht genug

Doch die Bankenwelt reizte Renate Moser nicht, und sie begann bei Phillips Österreich mit Public Relations. Dann gings weiter als Kommunikationsverantwortliche des Wiener Flughafens – dort war sie die erste Frau in diesem Job in Österreich.

1985 gründete sie ihre eigene PR Agentur, hauptsächlich mit Kundschaft aus dem Airline- und Tourismusgeschäft. So kam sie auch zu Rheintalflug. 1989 verkaufte sie ihre Agentur und konzentrierte sich auf die regionale Airline. 2001 wurde diese Gesellschaft an die Austrian Airline (AUA) verkauft. Und Frau Moser schaute nach einer weiteren Herausforderung.

«59-jährige Jungunternehmerin»

Renate Moser muss selber lachen, wenn sie sich jetzt als «59-jährige Jungunternehmerin» bezeichnet. Als einzige Frau, die eine eigene Airline besitzt, werde sie zwar argwöhnisch beobachtet, aber von den Männern eigentlich in Ruhe gelassen. «Wäre ich eine fesche 25-Jährige, wäre dem möglicherweise nicht so», schiebt die Geschäftsfrau schmunzelnd nach.

Was so locker daherkommt, ist natürlich harte Arbeit und Cleverness. «Ich freue mich sehr über die gute Presse, die ich im Moment in der Schweiz habe», sagt Renate Moser.

Sie betrachte das als den Lohn für den 14-Stunden Tag, sieben Mal in der Woche. «Das alles erreicht man nicht ohne den totalen Einsatz.»

Besser gestartet als Swiss

Was denn hat die Österreicherin Renate Moser mit Firmensitz im grenznahen Bregenz und dem Hausflughafen Bern-Belp erreicht?

Die kleine Intersky ist etwa gleich alt wie die aus der gestrandeten Swissair entstandene grosse Swiss. Doch Intersky startete weit besser als die mit Milliarden subventionierte nationale Airline.

Mit zwei Flugzeugen fliegt die Low-Cost-Airline von Bern nach Berlin und Wien. Zudem übernimmt sie Feriencharter-Flüge nach Elba, Sardinien, Korsika und Mallorca.

Einige Plätze gibt es gar für 39 Franken. Wie geht denn für Intersky die Rechnung auf, wenn die Chefin sagt: «Seit Dezember haben wir die Gewinnzone erreicht!»

Nicht nur tiefe Kosten, auch keine Altlasten

Renate Moser bringt es auf die einfache Formel: «Low Fare, kombiniert mit einer Business Class.» Aber kann man eine Fluggesellschaft erfolgreich fliegen lassen, wenn man beim Sandwich für die Fluggäste spart?

«Natürlich nicht», sagt Renate Moser», Low Fare bedinge auch Low Cost. «Dabei kommt uns zugute, dass wir keine Altlasten haben, wie sie etwa die Swiss mit sich schleppt.»

Intersky habe neu beginnen können. So gab es von Beginn weg eine schlanke Kostenstruktur. «Es sind nicht die Menus an Bord, die kosten. Auch in der Business Class machen wir beim Catering keinen Schnickschnack», sagt Renate Moser.

Wichtig sei zum Beispiel die volle Umbuchbarkeit der Tickets. Die zähle im Geschäftsreisebereich. Geschäftsreisende müssten flexibel reisen können. Das mache auch den Preisunterschied zu Economy aus.

Der Pilot und eine Alpar-Studie

Liebe auf den ersten Blick am Bodensee: Renate Moser verliebte sich in den Piloten Rolf Seewald. Mit ihm zusammen gründete sie die Regionalfluglinie Rheintalflug in Altenrhein. Als Rheintalflug 2001 an die AUA verkauft wurde, dürfte ein guter Teil des Geldes in die Intersky geflossen sein.

Zur selben Zeit erschien eine Studie der Alpar, der Betreiberin des Flughafens Bern in Belp. Die Studie gab Auskunft über «den Bedarf von Direktflügen von Bern nach Europa». Weiter lag ein Angebot des grössten lokalen Reiseveranstalters vor, Ferienflüge direkt auch ab Bern durchzuführen.

«Da haben wir uns gesagt, wir haben ein Flugzeug zur Verfügung, das praktisch neu ist. Das kaufen wir der Rheintalflug ab, und probieren es in Bern noch einmal», sagt Renate Moser.

Tiefe Preise, kombiniert mit Business Class

Am Bodensee hat sie viel gelernt. Zum Beispiel, dass es einfach nicht mehr möglich sei, dem Fluggast in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten 1400 Franken für ein Ticket innerhalb Europas abzuknöpfen.

«So entwickelten wir unser Konzept, nämlich Low Fare mit Business Class zu kombinieren. Oder anders ausgedrückt: Bei uns können alle mitfliegen, und Business kostet trotzdem maximal 650 Franken, retour!»

Es ist dasselbe Konzept, das kürzlich auch die Swiss als ihre Innovation vorgestellt hat und über das der Schweizer Verkehrsminister süffisant meinte: «Vorne Champagner, hinten Durst.»

Die Intersky-Chefin Moser sagt es so: «Die Swiss übernimmt unser Konzept.»

Die Airline spart dort, wo es dem Passagier nicht weh tut. Wer etwas konsumieren will in der Economy, bezahlt das selber. Mit dem Verkauf von Verpflegung und Duty-free-Artikeln an Bord erzielt die Fluglinie pro Passagier und Weg einen durchschnittlichen Bruttoumsatz von 150 Franken.

Erreiche man eine durchschnittliche Auslastung der Flugzeugsitze von 72 Prozent, komme man mit diesem System in die Gewinnzone.

Ab zehn wird der Flugzeugpark gefährlich

Bleibt noch der Blick in die Zukunft. Gibt es eine gefährliche Grösse für eine Fluglinie, die im Moment mit zwei Fliegern operiert? «Die gefährliche Grösse will ich nicht erreichen.» Die maximale Grösse sieht Renate Moser bei zehn, höchstens zwanzig Flugzeugen. «Da kann ich noch eine persönliche Airline führen.»

Für das Jahr 2003 hat sich die heimliche Unternehmerin des Jahres in den Kopf gesetzt, 35’000 Passagiere im Linien- und 1000 im Charterverkehr zu befördern und damit rund 10 Mio. Franken Jahresumsatz zu erzielen.

swissinfo, Urs Maurer

In Belp ist im Mai der neue Flughafenterminal eröffnet worden. Optimistisch glaubt man, dass der 7,9 Mio. Franken teure Bau mit einer Kapazität von 400’000 Passagieren jährlich mittelfristig ausgelastet werden kann.

Die Betreiberin des Flughafens, die Alpar AG, hat im vergangenen Jahr mit 172’473 Fluggästen 23’246 Passagiere weniger verzeichnet als im Vorjahr.

Die Flugbewegungen insgesamt hielten sich mit 62’488 auf Vorjahres-Niveau. Der Umsatz der Alpar sank 2002 von rund 9,27 Mio. Franken auf 8,63 Mio. Franken. Daraus resultierte ein Verlust in der Höhe von 326’621 Franken.

Positiver begann das laufende Jahr, wie die Alpar schreibt. Im Monat Mai sei eine Rekordsteigerung der Passagierzahlen um 23 Prozent verzeichnet worden.

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