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Faber setzt auf China als neues Wirtschaftszentrum

Der Schweizer Investment-Guru Marc Faber ist überzeugt, dass einige der asiatischen Volkswirtschaften in den kommenden Jahren die USA überflügeln werden.

Vor allem China habe den Willen, zur Triebfeder der Weltwirtschaft zu werden, sagt Faber im Gespräch mit swissinfo.

swissinfo: Sie prophezeien, dass China sich zur «Werkstatt der Welt» und zu einer Wirtschafts-Lokomotive entwickle. Können Sie erklären, wieso Sie das so sehen?

Marc Faber: Man muss sich bewusst werden, dass gewisse Märkte in China heute schon grösser sind als in den USA. China produziert mehr Stahl als die USA und Japan zusammen – und importiert trotzdem noch selber Stahl. Das Land produziert auch mehr Zement als die USA. In China werden auch viel mehr Motorräder verkauft als in den USA. Daneben kommt die Hälfte der weltweit produzierten Mikrowellen-Öfen aus dem Reich der Mitte.

Die Märkte in China sind schon rein vom Volumen her betrachtet riesig. Die fortschreitende Industrialisierung und der höhere Lebensstandard zogen ein starkes Wirtschaftswachstum nach sich. China wird mehr und mehr auch zum Abnehmer von Produkten seiner Nachbarländer.

China ist heute auch der grösste Verbraucher von Kupfer weltweit. Eisenerz, Nickel und Kupfer werden in grossen Mengen importiert, denn China selber hat nur wenig eigene Rohstoffe. Auch werden viele Nahrungsmittel importiert, was für jene Länder von Interesse ist, die China die entsprechenden Produkte oder Rohstoffe liefern können.

Bis zu einem gewissen Grad werden die verschiedenen Wirtschaften ihren Blick in Zukunft vermehrt auf die Entwicklung in China lenken. Ein rasches Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte wird sich positiv auswirken auf die Nachbarstaaten. Die andere Seite der Medaille: Wenn China in eine Rezession schlittert, wird die Nachfrage nach Importgütern und Ressourcen sinken, was auch bei den Rohstoffen zu einem Preiszerfall führen kann.

swissinfo: Und welchen Platz nehmen die USA in ihrem Szenario ein?

M.F.: Wenn man sich die Lage in den USA anschaut, wird der Dollar längerfristig unweigerlich an Kaufkraft verlieren. Zwischen 1971 und 1980 hatte der Dollar gegenüber harten europäischen Währungen wie dem Schweizer Franken oder der deutschen Mark rund 70 Cents verloren.

Ich glaube aber nicht, dass der Dollar zum Beispiel gegenüber dem Euro erneut derart schwächer wird, weil die Wirtschaft im Euroland vor ähnlichen Problemen steht wie jene in den USA. Ein Stichwort sind die hohen Produktionskosten. Daher wird auch die Produktion mehr und mehr nach China ausgelagert.

Meiner Ansicht nach werden alle Papierwährungen an Kaufkraft verlieren. Anders gesagt: Wir werden eine Inflation beim Papiergeld haben, Immobilien werden gegenüber Finanzanlagen an Wert zulegen. Und noch mehr steigen wird der Wert von Gold und Rohwaren.

Generell könnten die asiatischen Währungen als Ganzes gegenüber dem Dollar und dem Euro bis zu 30% an Wert zulegen, ohne dass Asien dadurch seine gute Wettbewerbs-Position einbüssen wird.

swissinfo-Interview: Robert Brookes
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

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