Früchte des Erfolgs sollen geteilt werden
Nicht nur die Manager, sondern auch die Arbeitnehmenden sollen von der boomenden Wirtschaft profitieren. Die Gewerkschaften fordern substanzielle Lohnerhöhungen.
Angesichts der exzellenten Konjunktur-Aussichten und der vollen Auftragsbücher seien je nach Branche 2 bis 4% mehr Lohn gerechtfertigt.
«Der Aufschwung ist bis anhin spurlos an den Arbeitnehmern vorbeigegangen», sagte Susanne Blank von Travail.Suisse, der Dachorganisation der Arbeitnehmenden vor den Medien in Bern.
Zwischen 2004 und 2006 habe das Bruttoinlandprodukt um 6,7% zugenommen. Das Resultat beim Reallohnzuwachs in den letzten drei Jahren sei dagegen «eine grosse Null», sagte Blank.
Arno Kerst von der Gewerkschaft Syna zieht zum längerfristigen Vergleich die Arbeitsproduktivität heran: Zwischen 1992 und 2004 sei diese in der Schweiz um 14,9% gestiegen, bei den Löhnen betrug das Plus in diesem Zeitraum real lediglich 4,3%.
Neben der Lohnrunde 2008 mit einer durchschnittlichen Erhöhung von 3% fordert er daher für alle Arbeitnehmenden per Mitte 2008 eine Sonderlohnrunde um weitere 200 Franken. Blank sagte, je nach Branchen, Unternehmenssituation und bisherigen Lohnrunden seien nominale Lohnerhöhungen von 2 bis 4% gerechtfertigt.
Gegen Boni
Travail.Suisse spricht sich klar gegen individuelle Lohnerhöhungen, Leistungslöhne und Boni aus. Diese Entlöhnungsarten würden laufend ausgebaut, doch profitiere davon meist nur das Kader. Am Aufschwung sollten aber alle teilhaben können. Travail.Suisse fordert daher generelle Lohnerhöhungen.
«Boni und Einmalzahlungen dürfen nicht die regulären Lohnerhöhungen gefährden oder sogar ersetzen», warnte Blank. Sie seien in der Regel kein zuverlässiger Lohnbestandteil und garantierten im nächsten Jahr keinen dauerhaft höheren Lohn und Rentenanspruch.
Gegen Leistungslohn
Beim Leistungslohn sieht Blank grosse Schwierigkeiten darin, Kriterien für dessen Bemessung zu definieren, die «logisch, klar und für alle nachvollziehbar sind».
Dabei bestehe die Gefahr, dass entweder die Lieblingsmitarbeiter bevorzugt werden oder es zu einer «mutlosen Nivellierung des Teams» kommen könne. Dies könne im Unternehmen ein kontraproduktives, lähmendes Konkurrenzgebaren zur Folge haben, was zu einer Verschlechterung des Betriebsklimas führe.
Heftige Kritik an Managerlöhnen
Heftige Kritik übt Travail.Suisse an den wachsenden Unterschieden zwischen Höchst- und Tiefstlöhnen. «Die Managerlöhne erreichen galaktische Höhen», sagte Blank.
Die Managerlohnstudie von Travail.Suisse zeige, dass sich in den 28 untersuchten Firmen die Chefs 2006 eine durchschnittliche Salärerhöhung von 19% gewährt hätten. Innerhalb der letzten vier Jahren seien die Cheflöhne im Schnitt um 66% gestiegen.
Zudem öffne sich im europäischen Vergleich die Einkommensschere in der Schweiz weiter und stärker als anderswo. Das zeigten aktuelle Zahlen der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
swissinfo und Agenturen
Gemäss einer Studie der Schweizer Grossbank UBS ist der durchschnittliche Netto-Stundenlohn (nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben) in Zürich weltweit am höchsten. Dieser betrug 2006 16.20 Euro (26.50 Fr.), der Bruttolohn 21.70 Euro (35.50 Fr.).
Höhere Bruttolöhne werden einzig in Kopenhagen (22.30 Euro) und Oslo (22 Euro) bezahlt. Nach Steuern und Abgaben verbleibt aber den Dänen und Norwegern weniger übrig als ihren Kollegen in Zürich.
Bei den Netto-Löhnen liegt mit Genf eine weitere Schweizer Stadt auf Platz 2, mit durchschnittlich 15 Euro (24.50 Fr.) pro Stunde. Es folgen Oslo (14.40 Euro), New York (13), Luxemburg (12.80), Los Angeles (12.60) und London (12.50).
Deutlich weniger wird in den europäischen Nachbarländern verdient: Berlin (10.70 Euro Netto-Stundenlohn), Wien (10.60) Paris (9,00), Rom (6.50).
Monatlicher Durchschnittsverdienst in der Schweiz: 5’500 Fr. brutto
Durchschnitt Industrie: 5’727 Fr.
Chemische Industrie: 7’273 Fr.
Textilindustrie: 4’768 Fr.
Durchschnitt Dienstleistungen: 5’411 Fr.
Kredit- und Versicherungsgewerbe: 7’425 Fr.
Informatik: 6’500 Fr.
Gastgewerbe: 3’825 Fr.
(Lohnstrukturerhebung 2004, Bundesamt für Statistik)
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