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G-8-Gipfel verurteilt Anschläge in London

Verletzte verlassen die U-Bahn in London. Keystone

Bei einer Serie von Explosionen in London wurden mindestens 37 Menschen getötet und 700 verletzt. Premier Tony Blair sprach von Terror-Anschlägen.

Die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten bezeichneten auf ihrem Gipfeltreffen im schottischen Gleneagles die Anschläge als «barbarische Akte».

Bei mehreren Explosionen in der U-Bahn und einem Autobus am Donnerstagmorgen gab es nach Angaben der britischen Behörden zahlreiche Opfer, mindestens 37 Menschen wurden getötet, rund 700 verletzt. Laut Scotland Yard wurden an einem der Explosions-Orte Spuren von Sprengstoff gefunden.

Der öffentliche Verkehr wurde komplett eingestellt. Die Sicherheitskräfte setzten einen Katastrophenplan in Kraft. In mehreren europäischen und amerikanischen Städten wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.

Am frühen Nachmittag bekannte sich eine bisher unbekannte Gruppe mit dem Namen «Geheime Gruppe von Al-Kaidas Heiligem Krieg in Europa» im Internet zu den Anschlägen.

Blair: Barbarischer Terror

Der britische Premierminister Tony Blair sprach in einer Fernseherklärung sichtlich unter Schock von einem barbarischen Terrorangriff.

Die Anschläge sollten offenkundig mit dem Beginn des G-8-Gipfels zusammenfallen, sagte er im schottischen Gleneagles, wo das Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands (G-8) im Gange ist. Das Treffen werde fortgesetzt. Er werde aber in Kürze nach London reisen, allerdings später nach Gleneagles zurückkehren, sagte Blair.

Bundespräsident Schmid: Auch Schweiz bedroht

Europäische Politiker äusserten sich in ersten Reaktionen schockiert über die Nachrichten aus der Themse-Metropole. Der Schweizer Bundespräsident Samuel Schmid betonte zudem, dass Grossbritannien und andere westliche Nationen einen solchen Terroranschlag seit geraumer Zeit erwartet hätten.

Es handle sich nicht um einen Kampf gegen Personen, sondern gegen Systeme. Wie Grossbritannien sei auch die Schweiz ein internationales Banken- und Wirtschaftszentrum. Zwischen diesen beiden Ländern gebe es diesbezüglich kaum Unterschiede. Terrorziele in der Schweiz könnten auch englische oder US-Firmen sein.

Auch Schweiz betroffen

Der Sprecher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Ivo Sieber, sagte gegenüber swissinfo: «Wir sind in Kontakt mit der Schweizer Botschaft in London und klären die Situation ab. Wir sind intensiv daran abzuklären, ob es Schweizer Opfer gab.»

Die Schweizer Botschaft in London konnte noch nichts sagen. «Wir können gegenwärtig gar keine Angaben machen, die Situation ist sehr verwirrend», sagte Kommunikations-Chefin Charlotte Barraclough gegenüber swissinfo. Rund 25’000 Schweizerinnen und Schweizer leben in Grossbritannien.

UBS-Gebäude evakuiert

Viele Schweizer Firmen unterhalten Filialen in London. Das UBS-Gebäude an der Liverpool Street in der Londoner City ist nach den Explosionen evakuiert worden. Dies sagten Händler laut der Nachrichtenagentur AFX. Die Schweizer Grossbank beschäftigt um die 800 Personen in London.

Das Gebäude des Versicherungskonzerns Swiss Re im Stadtzentrum hingegen wurde nicht evakuiert. «Wir sitzen alle noch im Gebäude», sagte Samantha Whiteley, Sprecherin von Swiss Re in London gegenüber swissinfo. «Wir nehmen den Vorfall sehr ernst und folgen den Anweisungen der Behörden.» Der Konzern beschäftigt rund 900 Personen in London.

Börse abwärts, Franken aufwärts

Die Explosionsserie in London hat am Donnerstagvormittag zu Kursstürzen an den Börsenplätzen geführt. Der Swiss Market Index (SMI) fiel bis am frühen Nachmittag um bis zu 3,1% auf 6113 Punkte.

Die grössten Verluste erlitten die Aktien der Rückversicherer Swiss Re und Converium, die um je 4,3% abgewertet wurden. Die Versicherungen Zurich Financial Services sowie Baloise und der Reisekonzern Kuoni verloren je 3,8 Prozent.

Der Schweizer Franken hingegen bewies sich einmal mehr als sicherer Hafen und gewann deutlich an Wert. Das britische Pfund dagegen geriet unter Druck. Am Mittag kostete ein Pfund noch 2,2460 Franken nach 2,2860 Franken vor den Anschlägen. Auch Dollar und Euro verloren gegenüber dem Franken.

Ölpreis bricht ein

Der Rohölpreis ist am Donnerstag nach der Anschlagserie in London jäh eingebrochen. Binnen fünf Minuten stürzte er von einem neuen Allzeithoch von über 62 Dollar je Barrel um bis zu 2,50 Dollar ab. «Die erste Marktreaktion war die gleiche wie bei den Anschlägen vom 11. September», erklärte der Rohstoffexperte Frederic Lasserre von SG Securities in Paris.

Der Hintergrund ist folgender: Die Finanzmärkte gehen bei grossen Terrorschlägen davon aus, dass die Bürger verunsichert werden und ihre Ausgaben einschränken. Dies wiederum wäre Gift für die Konjunktur: Schwächt sich das Wachstum ab, sinkt auch die Nachfrage nach Öl. Folge: der Rohölpreis fällt.

swissinfo und Agenturen

Am Donnerstagmorgen erschütterten mehrere Explosionen London.

U-Bahn-Züge und ein Autobus waren das Ziel der mutmasslichen Anschläge.

Eine islamistische Gruppe bekannte sich zu den Anschlägen.

Mehrere Schweizer Banken und Versicherungen unterhalten Niederlassungen in London, darunter UBS, Credit Suisse und Swiss Re.

Die Grossbank UBS evakuierte ihr Gebäude in der City nach den Explosionen.

Rund 25’000 Schweizerinnen und Schweizer leben in Grossbritannien. Das EDA klärt ab, ob Schweizer Bürger betroffen sind.

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