G20-Gipfel: strengere Regeln und Währungskonflikte
Zum fünften Mal innerhalb von zwei Jahren treffen sich die Staatschefs der G20 und diskutieren über eine neue Weltfinanzordnung. Im Mittelpunkt des Gipfels vom 11. und 12. November in Seoul stehen die Basel III-Regeln und die Währungskonflikte.
Kurz nach Ausbruch der Finanzkrise trafen sich die Staats- und Regierungschefs der grössten Industrie- und Schwellenländer im November 2008 zum ersten Mal in Washington, um Regeln für eine neue Weltfinanzordnung zu diskutieren.
Fast auf den Tag genau kommt es nun in Seoul zu einem weiteren Treffen der der G20.
Auf der Tagesordnung stehen die weltweiten Handelsübergewichte und die daraus resultierenden Währungskonflikte.
Ein weiteres zentrales Thema sind strengere Eigenkapitalvorschriften für Banken und Versicherungen, die so genannten Basel III-Regeln.
Auch die Schweiz ist als Nichtmitglied der G20 daran, strengere Eigenkapitalvorschriften einzuführen. Gleichzeitig will sie mit dem so genannten «swiss finish» weiter gehen als Basel III.
Der Bundesrat wird voraussichtlich im Januar eine entsprechende Vorlage in die Anhörung schicken. Der endgültige Entscheid liegt beim Parlament.
Andere Länder wie die USA wollen ebenfalls Massnahmen einführen. Bislang ist jedoch unklar, wie viele Staaten schliesslich die Basel III-Regeln einführen werden. Genauso unklar sind der Zeitpunkt und die genaue Umsetzung.
Problem ausrotten
«Internationale Standards sind nicht so verbindlich, wie wir sie gerne hätten», sagt Mario Tuor, Leiter Kommunikation des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen gegenüber swissinfo.ch.
«Der erste zu sein, der die Regeln anwendet, hat nur dann einen Vorteil, wenn auch andere Länder folgen. Wenn nicht alle die Regeln anwenden, kann es auch ein Nachteil sein.»
Auch der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Philipp Hildebrand, hat vor einigen Tagen in der Financial Times auf dieses Problem hingewiesen und andere Länder darauf gedrängt, die neuen Finanzmarkregeln einzuführen.
«Wenn die too-big-to-fail-Regeln eingeführt sind, werden sie die Risiken der systemrelevanten Institutionen erheblich vermindern», schrieb Hildebrand in der FT: «Das too-big-to-fail-Problem wird zwar vor allem in der Schweiz thematisiert. Es ist jedoch ein weltweites Problem, das ausgerottet werden muss.»
Meinungen gehen auseinander
Doch die Chancen für eine internationale Regelung stehen nicht besonders gut. Während vor wenigen Wochen noch ein genereller Konsens zu den Basel III-Regeln vorhanden war, harzt es jetzt bei der genauen Umsetzung und bei der Einigung auf einen Zeitplan.
Das G20-Treffen in Seoul wird sich ausführlich mit den neuen Regeln zur Eindämmung des Problems der systemrelevanten Banken beschäftigen, die im Falle einer neuen Finanzkrise zu volkswirtschaftlichen Problemen führen könnten.
Die Meinungen darüber, wie das Ziel erreicht werden kann, gehen auseinander. Die USA haben ein System eingeführt, das die Banken dazu zwingt, sich selber aufzuteilen und zu verkleinern, wenn sie gravierende Probleme haben.
Andere Staaten versuchen mit neuen Instrumenten das Risiko von den öffentlichen Finanzen auf den Privatsektor umzuleiten.
Einfluss der Schweiz gering
Die Schweiz geht den letzeren der beiden Wege und will die Banken zwingen, sich mit höheren Eigenkapitalquoten gegen die Risiken abzusichern.
Die Schweiz möchte, dass die andern Länder ihrem Beispiel folgen. Da sie nicht Mitglied der G20 ist, kann sie ihren Einfluss aber nur indirekt geltend machen, zum Beispiel über den Internationalen Währungsfonds.
«Wir werden den Gipfel intensiv verfolgen», sagt Tuor. «Aber es ist schwierig für uns, Einfluss auf die Diskussionen zu nehmen, zumal die Abläufe und Strukturen nicht besonders klar sind.»
Gefahr der Zersplitterung
Die Lobbyvereinigung European Financial Services Round Table (EFR), der auch die Schweizer Grossbanken angehören, zeigt sich besorgt darüber, dass «verschiedene Länder unkoordinierte Massnahmen» planten.
«Es gibt verschiedene Meinungen und die Diskussionen könnten auch in eine andere Richtung gehen, als wir es wünschen», sagt der Generalsekretär der EFR, Sebastian Fairhurst gegenüber swissinfo.ch.
«Es besteht die Gefahr, dass einige Länder in eine Richtung gehen und andere in eine andere, was dann zu einer weiteren Zersplitterung führen könnte», so Fairhust.
Die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) ist ein seit 1999 bestehender, informeller Zusammenschluss aus 19 Staaten und der Europäischen Union (EU).
Sie soll als Forum für die Kooperation und Konsultation in Fragen des internationalen Finanzsystems dienen.
An den Treffen der G20 nehmen die Finanzminister und Zentralbankchefs der G8 und elf weiterer Staaten, sowie die EU-Präsidentschaft, der Präsident der Europäischen Zentralbank, der Geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds, der Vorsitzende des Internationalen Währungs- und Finanzausschusses (IMFC), der Präsident der Weltbank und der Vorsitzende des Development Committees von Weltbank und Internationalem Währungsfonds teil.
(Übertragung aus dem Englischen: Andreas Keiser)
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