GastroSuisse macht Ernst mit eigenem Sterne-System
Der Verband der mittelständischen Hotels verteilt ab Sommer Sterne gemäss eigener Skala: Maximal drei Sterne für ein Haus mit gehobenen Ansprüchen.
Hotelleriesuisse behält sich rechtliche Schritte vor. Dieser Verband verteilt für Luxushotels bis zu fünf Sterne.
«Die Hotelklassifikation von GastroSuisse ist marktreif», sagte Verbands-Präsident Klaus Künzli am Mittwoch in Zürich. Kleine und mittelgrosse Hotels würden ein einfaches und praktikables Klassifikationssystem erhalten. «Das erlaubt ihnen, die Qualität ihres Angebotes zu beurteilen und sich erfolgreich am Markt zu positionieren», so Künzli.
Mit ihrer Gastfreundschaft und Individualität hätten die kleinen und mittelgrossen Hotels ein grosses Potential, das heute aber noch zu wenig genutzt werden könne, sagte GastroSuisse-Direktor Florian Hew.
«Die Klassifikation versetzt uns in die Lage, günstigere Angebote zu forcieren», fuhr er fort. Die Schweiz solle international wieder vermehrt als Destination vermarktet werden, die preiswert und finanzierbar sei.
Verwirrung befürchtet
Bei hotelleriesuisse war die Initiative von Anfang an auf harsche Kritik gestossen. hotelleriesuisse ist der Verband der grösseren Schweizer Hotels, die rund 80% aller Hotel-Übernachtungen in der Schweiz für sich verbuchen. Keine Freude über die Konkurrenz-Systeme herrscht auch beim Dachverband Schweiz Tourismus.
«Wir sind nicht grundsätzlich gegen ein eigenes System von GastroSuisse, bekämpfen aber die Verwendung des Sterne-Symbols», sagte Hotelleriesuisse-Direktor Christoph Juen am Mittwoch.
Der Hotel-Stern sei vom Schweizer Hotelier-Verband in den 1970er-Jahren erfunden worden und geniesse grosse internationale Anerkennung.
Komme GastroSuisse nun mit eigenen Sternen auf den Markt, schaffe dies die Gefahr von Verwässerung und Verwechslung. «Wir behalten uns rechtliche Schritte vor», sagte Juen. Zuerst würden aber die Fakten geprüft.
Nachteil für Vermarktung?
«Die Existenz von zwei konkurrierenden Sternen-Systemen nützt weder dem Gast noch der Branche», sagte Schweiz-Tourismus-Sprecher Oliver Kerstholt. Die Vermarktung der Schweiz im Ausland leide unter der drohenden Verwirrung.
GastroSuisse-Präsident Künzli stellte dies in Abrede: Wie bei anderen Dienstleistungen belebe auch bei Hotelklassifikationen Konkurrenz das Geschäft, sagte er.
Seit dem ersten Vorstoss von GastroSuisse im Herbst 2004 scheiterten verschiedene Versuche, die beiden Systeme unter einen Hut zu bringen. Zuletzt versuchte Schweiz-Tourismus-Präsident Dick Marty vergeblich, zwischen den zerstrittenen Verbandspräsidenten zu vermitteln.
Stagnierender Umsatz
Am Mittwoch präsentierte GastroSuisse auch die Zahlen für das vergangene Jahr. Die angeschlossenen Restaurants und Hotels dürften einen Umsatz von rund 22 Mrd. Franken erzielt haben, etwa gleich viel wie im Jahr davor. Für 2006 erwartet die Branche nun einen Aufschwung.
Rund 16 Mrd. Franken entfallen auf die Restaurationsbetriebe, 6 Milliarden auf die Hotellerie. Die im vergangenen Jahr eingeführte Reduktion des Blutalkoholwertes hat den Wirten zu Schaffen gemacht.
Rund zwei Drittel der Betriebe hätten durch den tieferen Promillewert Umsatzeinbussen erlitten. Rund ein Fünftel des Umsatzes erzielen die Wirte mit alkoholischen Getränken.
Zu viele Beizen
Zu kämpfen hat die Gastronomie, die 217’800 Beschäftigte zählt, nach wie vor mit Überkapazitäten. Heute gibt es rund 30’000 Gastrobetriebe – von der Dorfbeiz, über Trendlokale bis zu Luxushotels. Auf knapp 250 Einwohner kommt ein gastgewerblicher Betrieb.
Der Markt sei klar übersättigt. GastroSuisse geht davon aus, dass in der Schweiz rund 10’000 gastgewerbliche Betriebe zu viel bestehen.
swissinfo und Agenturen
Der Hotelverband vergibt in der Schweiz seit 1979 bis zu fünf Sterne an Hotels. Das System hat sich weltweit durchgesetzt.
Im Herbst 2004 stellte der Wirte-Verband GastroSuisse das Sterne-System in Frage.
Der Verband wollte ein eigenes System von Sternen einführen, um vor allem kleinen und mittleren Betrieben Zugang zu einer qualitativen Klassifizierungs-Möglichkeit zu geben.
Diese Pläne stiessen umgehend auf Kritik beim Hotellerie-Verband.
Bald machte der Streit zwischen den Verbänden als «Krieg der Sterne» Schlagzeilen in der Schweizer Presse.
Seit dem ersten Vorstoss von GastroSuisse sind mehrere Versuche gescheitert, die beiden Systeme unter einen Hut zu bringen.
Nun mag der Wirte-Verband nicht mehr warten und bringt auf Sommer 2006 sein eigenes Sterne -System auf den Markt.
Zahlen GastroSuisse 2005:
Die dem Verband angeschlossenen Restaurants und Hotels erzielten einen Umsatz von 22 Mrd. Franken.
Davon entfielen 16 Mrd. auf Restaurationsbetriebe und 6 Mrd. auf Übernachtungen.
Die Branche kämpft gegen Überkapazitäten: In der Schweiz gibt es rund 30’000 Gastrobetriebe. Das macht ein Betrieb pro 250 Einwohner.
In Restaurants und Hotels arbeiten knapp 218’000 Personen.
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