Gegen Produktpiraterie auch in ärmeren Ländern
Die internationale Gemeinschaft sollte mehr tun, um ärmere Länder beim Schutz der Rechte für geistiges Eigentum zu unterstützen. Dies forderte ein Schweizer Experte an einer internationalen Konferenz.
Laut Nikolaus Thumm, Wirtschaftsberater im Institut für geistiges Eigenturm, haben die meisten Länder zwar eine Gesetzgebung zur Bekämpfung der Piraterie, doch lässt die Umsetzung zu wünschen übrig.
«Es ist zwar schön, gut formulierte Gesetze zu haben, doch wenn sie nicht umgesetzt werden, sind sie nichts wert», sagte Thumm gegenüber swissinfo.
Der Experte für geistiges Eigentum referierte an einer zweitägigen internationalen Konferenz in Genf über Schutz und Strafverfolgung in Schwellenländern innerhalb der Region der UN-Wirtschaftsbehörde für Europa (UNECE).
Laut einem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) könnte der internationale Handel mit gefälschten und gestohlenen Produkten im Jahr 2005 242 Mrd. Franken betragen haben.
Schweizer Uhrenhersteller schätzen, dass der Handel mit gefälschten Uhren die Schweizer Wirtschaft rund 800 Mio. Franken im Jahr kostet.
Unterstützungsprogramm mit Aserbeidschan
Die Schweizer Regierung will die Produktpiraterie in zwei Hauptbereichen bekämpfen: mit Projekten zur Kompetenzförderung vor Ort, etwa durch Ausbildung von Richtern und Zollbeamten, und einem verstärkten Einbezug des privaten Sektors.
Die Schweiz will ein Unterstützungsprogramm mit Aserbeidschan, einem der Schwellenländer der UNECE-Region, auf die Beine stellen, um Knowhow bezüglich Schutz des geistigen Eigentums auszutauschen.
Ein wichtiger Punkt ist zudem die Änderung der Einstellung in Ländern, in denen Fälschung und Piraterie an der Tagesordnung sind.
Die Vereinten Nationen betonen, dass ohne entsprechende Massnahmen die wirtschaftliche Entwicklung ins Stocken kommen, Investitionen in Forschung und Entwicklung zurückgehen und Gesundheits- und Sicherheitsrisiken aus gefälschten Produkten ansteigen würden.
Strenger Schutz
Nikolaus Thumm sagt, dass Industrienationen wie die Schweiz den Schutz des geistigen Eigentums im Ausland auch im eigenen Interesse unterstützen sollten.
«Zahlreiche Regierungen führen das Argument an, dass die Fälschungsindustrie ökonomisch bedeutsam sei. Dies stimmt allerdings nicht, denn Länder mit einer geringen Wirtschaftskraft brauchen Investitionen und Handel – und damit den Schutz des geistigen Eigentums», erklärt Thumm.
Keine Schweizer Firma investiere in einem Land, wo das geistige Eigentum schlecht geschützt sei, besonders bei technischen Produkten, wo das Risiko des Diebstahls von Innovation und Knowhow besonders gross sei.
Sensibilisierungskampagne
Im vergangenen Januar kündigte Justizminister Christoph Blocher schärfere Massnahmen gegen Fälschung an, denn diese kosten die Schweizer Wirtschaft jährlich rund 2 Mrd. Franken.
Um das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Risiken beim Kauf von gefälschten Produkten zu sensibilisieren, wurde eine Kampagne gegen die Piraterie lanciert.
Blocher kündigte zudem Änderungen im Patentrecht an, was den Zollbehörden ermöglichen soll, die Kontrollen auf eingeführten Produkten zu intensivieren und Illegales zu konfiszieren.
Die Schweiz steht hinter China an zweiter Stelle der Länder, aus denen gefälschte Produkte in die EU eingeführt werden. Die Behörden sagen, dass in der Schweiz zwar kaum gefälschte Güter produziert würden, das Land jedoch als Umschlagplatz benutzt werde.
swissinfo, Adam Beaumont, Genf
(Übertragung aus dem Englischen: Susanne Schanda)
Nikolaus Thumm gehörte zur früheren UN-Beratergruppe zum Schutz der Rechte für geistiges Eigentum bei Investitionen.
Nun arbeitet eine neues Spezialisten-Team der Vereinten Nationen am Thema.
Ein Beispiel für eine Kooperation im Kampf gegen die Produktpiraterie ist das Abkommen zwischen der Schweiz und Vietnam, das Anfang Juli 2007 unterzeichnet wurde.
Als erstes wurde eine Gesetzgebung aufgezeigt, die den Vorgaben der Welthandelsorganisation (WTO) entspricht. Bei deren wirkungsvoller Umsetzung unterstützen die Schweizer die Vietnamesen. Ausserdem soll an den Universitäten ein Recht für das geistige Eigentum entwickelt werden.
Die Unterstützung des Programms durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ist auf 1,2 Mio. Franken während drei Jahren budgetiert. Das Institut für geistiges Eigentum und die vietnamesischen Behörden wollen die Zusammenarbeit fortsetzen.
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