Geschäfte, die ins Geld gehen
Schweizer Firmen im Ausland behaupten sich im rauen Klima des internationalen Wettbewerbs. Es wird mit harten Bandagen gekämpft. Besonders in den USA.
In den letzten sieben Jahren haben Schweizer Firmen 10 Mrd. Franken für Rechtsstreitigkeiten und Bussen aufgewendet.
Für die Schweiz ist der Export ihrer Erzeugnisse, der Dienstleistungen und der Services von herausragender Bedeutung. Die Industrie verdient im Schnitt jeden zweiten Franken im Ausland. Bei der Chemie machen die Verkäufe im Ausland 85% aus und bei der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie sind es 75%.
Die Verflechtung der Schweiz mit den lukrativen Exportmärkten der Welt führt immer wieder zu Widersprüchen. Die Schweiz tut sich schwer mit der Integration in Europa und laboriert mit dem beschränkten Alleingang. Gleichzeitig müssen Schweizer Unternehmen im schroffen Wettbewerb mithalten, der auf den Weltmärkten herrscht.
Marktbehauptung kostet
Jeder Markteintritt hat seinen Preis; der Verbleib in einem bereits eroberten Markt ist auch nicht ganz gratis. Den höchsten Preis entrichten Schweizer Unternehmen dafür in den USA.
Allein in den vergangenen sieben Jahren haben Schweizer Firmen oder deren Versicherer in den Vereinigten Staaten mehr als 10 Mrd. Franken für Rechtsstreitigkeiten, Bussen und aussergerichtliche Vergleiche aufgewendet. Im Kreuzfeuer der US-Behörden und der Ankläger stehen unter anderem die Firmen Serono, die CS Group, ABB und die UBS.
Ein Mitarbeiter des Biotech-Unternehmens Serono soll Ärzte mit Geld und Reisen bestochen haben, um die Umsätze anzukurbeln. Serono hat für amerikanische Rechtsfälle mehr als 700 Mio. US-Dollar zurückgestellt. Serono steht in den USA im Zusammenhang mit dem Wachstumshormon Serostim im Kreuzfeuer der Behörden.
Gefragt sind Blockbusters
Besonders Pharma- und Biotechfirmen kommen aufgrund des hohen Fusionszwangs immer mehr unter Druck, dem sich auch Schweizer Firmen nicht entziehen können. Sie stecken zwar immer mehr Mittel in Forschung und Entwicklung. Aber es fehlt an neuen Knüller-Medikamenten, an so genannten Blockbusters, die mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz pro Jahr bringen.
Biotechfirmen wie Serono entwickeln neue Substanzen mit dem Ziel, Prozesse und Wirkstoffe mit grossen Gewinnen an die Pharma-Riesen zu verkaufen.
Markt, Preisabsprachen und transparente Buchhaltung
Unter den vielen in den USA beklagten Firmen sind auch Roche und Novartis. Roche hat bisher für widerrechtliche Preisabsprachen im Vitaminmarkt, für Bussen und Rechtsvergleiche 5,5 Mrd. Franken bezahlt. Das Pharmaunternehmen aus Basel stellt für weltweit hängige Rechtsfälle zusätzlich 1 Mrd. Franken zurück. Novartis hatte per Ende 2004 Rückstellungen für Rechtsfälle in der Höhe von rund 600 Mio. Franken gemacht.
Die Sammelklagen gegen den Personal-Dienstleister Adecco vor einem kalifornischen Gericht sind zwar vom Tisch. Die Kläger können jedoch gegen den Entscheid noch Berufung einlegen. Investoren klagten gegen Adecco, weil der Konzern mehrmals den Jahresabschluss 2003 verschoben hatte. Es bestand der Verdacht, Adecco habe das US-Börsenrecht verletzt.
Der Preis von Altlasten
ABB kommt nicht aus den Schlagzeilen, weil gegen den Technologie-Riesen Tausende von Asbestklagen hängig sind. Bisher hat ABB mehr als 3 Mrd. Franken an Kläger bezahlt. Für weitere Asbest-Kläger hat ABB rund 1,7 Mrd. Franken zurückgelegt.
Zur langen Liste der beklagten Schweizer Firmen gehört auch Sulzer Medica, die wegen verunreinigten Implantaten für Hüft- und Kniegelenke mit mehr als 1 Mrd. Franken zur Kasse gebeten wurde. Schliesslich musste die UBS rund 120 Mio. Franken zahlen, weil sie im Jahr 2004 mit Libyen, Iran, Kuba und Jugoslawien Dollarnoten-Transaktionen abgewickelt hatte.
Das Image der Schweiz braucht Auffrischung
Das Image der Schweiz im Ausland hat in den letzten Jahren gelitten. Es kamen nicht nur private Firmen an die Kasse, sondern auch das Land. Harte Fragen um nachrichtenlose Vermögen und der Goldhandel im Zweiten Weltkrieg zwischen der Schweizer National- und der deutschen Reichsbank beschäftigten jahrelang die nationale- und internationale Öffentlichkeit.
Die Kritik an der Schweiz ging an die Substanz. Der Bund leistete sich die weltweit umfangreichste Aufarbeitung der dunklen Jahre des Zweiten Weltkrieges. Viele kritische Fragen konnten damit beantwortet werden. Die US-Sammelklagen gegen Schweizer Banken sind gegen teures Geld vom Tisch.
Kein gutes Image währt für immer
«Das Bild der Schweiz und der Schweizer Firmen im Ausland ist insgesamt gut». Das hat Präsenz Schweiz, die Image-Agentur des Bundes, in neuen Studien herausgefunden.
Die positive Wahrnehmung der Schweiz dürfe jedoch nicht für alle Ewigkeit als selbstverständlich betrachtet werden. Das wiederholte Auftreten von negativen Ereignissen und Meldungen hinterlasse wahrnehmbare Spuren, hält Präsenz Schweiz fest.
swissinfo, Erwin Dettling, Zürich
In den letzten sieben Jahren haben Schweizer Firmen in den USA über 10 Mrd. Franken für Rechtsstreitigkeiten, Bussen und Vergleiche aufgebracht.
Zu den beklagten Schweizer Firmen gehören Serono, die CS Group, UBS, ABB, Roche Novartis u.a.
Mehrere Firmen haben Rückstellungen in der Höhe von Hunderten von Millionen Franken für Rechtsfälle gemacht.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch