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Gewerkschaften erklären Migros den Kampf

Protestkundgebungen vor einer Migros. Keystone

Die Gewerkschaften haben am Donnerstag in der ganzen Schweiz vor über 200 Filialen des Detailhändlers Migros protestiert.

Es geht um mehr Lohn, den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) und die Werbung neuer Gewerkschafts-Mitglieder.

Ungewohntes Bild am Donnerstag-Morgen vor der Migros am Limmatplatz in Zürich. Viele farbige Ballone, Plakate und Gewerkschafter, die Flugblätter verteilen. Die Botschaft der Arbeitnehmer-Vertreter: «Ihre Arbeit ist mehr wert.»

Ähnlich wie in Zürich sah es vor über 200 Filialen des Detailhandels-Riesen in der ganzen Schweiz aus. Mitglieder der fünf Gewerkschaften SMUV, GBI, VHTL, Unia und Actions Unia (Genf) verteilten bei der Aktion über 40’000 Flugblätter mit einer Auflistung der Arbeitnehmerrechte.

Einseitig gekündeter GAV

«Wir protestieren dagegen, dass die Migros die beiden Gewerkschaften VHTL und Unia aus dem Gesamtarbeitsvertrag ausgeschlossen hat», erklärte Fabienne Millioud, Mitarbeiterin der Gewerkschaft GBI in Lausanne, gegenüber swissinfo.

Diesen Schritt vom vergangenen August hatte der «orange Riese» mit der geplanten Fusion der beiden Gewerkschaften begründet.

«Bis die Fusion unter Dach und Fach ist, wird es sicher noch ein paar Jahre dauern. So lange wollen wir nicht warten», sagte Robert Schwarzer, VHTL-Generalsekretär, in Zürich. «Die Migros will die Sozialpartnerschaft diktieren können.»

«Der fusionierte VHTL und Unia mit dem GBI und dem SMUV wird 200’000 Arbeitnehmer repräsentieren – das macht der Migros sicher Angst», ergänzte Millioud.

Migros-Chef will Gewerkschafen nur ausserhalb der Läden

Anton Scherrer, Präsident des Migros-Genossenschaftsbundes (MGB), hielt an der Kündigung des GAV mit dem VHTL fest. Es sei noch nicht klar, wie die neue Gewerkschaft aussehen und wie sie politisieren werde. Man wolle aber seinen Partner kennen.

Die neue Gewerkschaft könne frühestens auf 1. Januar 2005 dem bestehenden Vertrag wieder beitreten. Unabdingbar sei aber, dass sie sich an die Spielregeln halte – und das bedeute in erster Linie, dass sie sich zur Friedenspflicht bekennen müsse.

Der Migros-Chef hat laut eigenen Angaben nichts gegen gewerkschaftliches Engagement, allerdings dürfe das nicht am Arbeitsplatz stattfinden. Ausserhalb der Filialen dürften aber ohne weiteres Flugblätter verteilt werden.

Migros-Angestellte wenig organisiert

Auf solchen Flugblättern forderten die Gewerkschaften auch höhere Löhne im Detailhandel. Nachdem erfolgreich ein Mindestlohn von 3300 Franken erstritten werden konnte, fordern sie nun eine weitere Anhebung um rund einen Viertel.

Ausgebildete oder Angestellte mit Berufserfahrung hätten Anspruch auf einen Mindestlohn von 4000 Franken, sagte Schwarzer vom VHTL. Aber auch er musste zugeben, dass Migros-Löhne im Branchenvergleich zu den besseren gehörten.

Die Migros kontert die Lohn-Forderungen mit der Aussage, dass in den vier letzten Jahren die Löhne um zehn Prozent gestiegen seien, insgesamt um 400 Mio. Franken. «Ich weiss nicht, warum diese Protestaktionen organisiert wurden», sagte Migros-Pressesprecher Urs Peter Naef gegenüber swissinfo. «Sie sind nur eine Werbeaktion für neue Gewerkschafts-Mitglieder.»

Nur drei Prozent der 82’000 Migros-Angestellten sind in einer Gewerkschaft organisiert.

swissinfo und Agenturen

SMUV = Gewerkschaft Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen
VHTL = Gewerkschaft Verkauf, Handel, Transport, Lebensmittel
Unia = Die Dienstleistungsgewerkschaft
GBI = Gewerkschaft Bau und Industrie

Die Migros ist der grösste Detailhändler der Schweiz. Die Migros beschäftigt 82’000 Personen, von denen 3% gewerkschaftlich organisiert sind.

Vor 200 Filialen in der ganzen Schweiz protestierten Gewerkschaften am Donnerstag.

Sie wehren sich gegen die Kündigung des Gesamtarbeits-Vertrages (GAV) der Migros mit den Gewerkschaften VHTL und Unia.

Sie fordern auch eine Lohnerhöhung um einen Viertel auf 4000 Franken für gelernte Angestellte.

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