Gotthard: Schluss mit Einbahnverkehr für LKW
Ein neues "Tropfenzählsystem" soll den Schwerverkehr im Gotthard Strassentunnel flüssiger durchfahren lassen.
Dabei soll der Binnenverkehr bevorzugt werden. Rund 15% des LKW-Verkehrs kann von Erleichterungen profitieren.
Ab kommendem Montag ist der Gotthard-Strassentunnel für den Schwerverkehr wieder in beiden Richtungen offen. Fast ein Jahr nach der tragischen Brandkatastrophe vom 24. Oktober 2001 sind die Reparaturarbeiten in der wichtigen europäischen Transitachse abgeschlossen. Damals kamen 11 Menschen in der Flammenhölle ums Leben.
Der Tunnel war nach dem Unglück während Monaten gesperrt gewesen. Bei der schrittweisen Öffnung der Verkehrsverbindung wurde für Lastwagen ein Dosiersystem eingeführt, das jeweils den Schwerverkehr nur in eine Richtung zuliess.
Nicht mehr in Gruppen
Dieses Regime wird nun durch eine Art «Tropfenzähler» abgelöst, der wieder Gegenverkehr zulässt. Damit werden die Lastwagen nicht mehr weit vor dem Tunnel angehalten, wie dies zur Zeit noch geschieht.
Die gruppenweise Fahrt in den Süden oder Norden wird aufgehoben. Wie viele LKW in den Tunnel einfahren dürfen, hängt dabei vom Personenwagen-Verkehr ab.
Laut Hans Werder vom Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) dürfen pro Tag 3000 bis 4000 Lastwagen durch den Gotthard fahren. Vor der Brandkatastrophe waren es im Schnitt 4500 gewesen, an Spitzentagen gegen 6000.
Erleichterung
Erleichtert reagiert der Nutzfahrzeugverband ASTAG auf die Änderung: «Der Bundesrat hat eingesehen, dass das alte System nicht funktionieren konnte», sagte Baldo Bernasconi, Präsident der ASTAG-Sektion Tessin, gegenüber swissinfo.
Werner Herger, Sekretär der Vereinigung «Verkehr und Umwelt» (TAM) gibt sich leicht zuversichtlich: «Es wäre schön, wenn das System mit dem ‹Tropfenzähler› funktioniert und wir nicht wieder eine ‹TIR-Lawine› auf der Autobahn haben. Wenn wir aber wieder eine Invasion erleben und sich die alten Zustände wiederholen, dann ist das Resultat sicher sehr unbefriedigend.»
Privilegien für die Südschweiz
Unter den Wartezeiten litten nicht nur die Transitfahrer, sondern auch der Binnenverkehr von und ins Tessin. Der Bundesrat kommt der Tessiner Wirtschaft nun entgegen und hat eine Sonderbehandlung für den Binnenverkehr versprochen.
Fahrzeuge mit einer so genannten S-Berechtigung dürfen bei Verkehrsüberlastung die vorgelagerten Warteräume umfahren und direkt die Tropfenzählanlagen vor den Tunnelportalen durchfahren.
Um das Diskriminierungsverbot gegenüber der EU zu respektieren und das Dosiersystem nicht zu gefährden, wählte der Bundesrat eine enge Umschreibung des S-Verkehrs.
Im UVEK rechnet man damit, dass um die 15 Prozent des LKW-Verkehrs durch die Alpen privilegiert werden.
swissinfo und Agenturen
Der tragische Unfall vom 24. Oktober 2001 forderte 11 Tote
Vor dem Unfall zirkulierten täglich 4’500 LKW
An Spitzentagen waren es bis zu 6’000 LKW
Mit dem neuen System sollen täglich ca. 3’500 LKW passieren
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