Grossbanken kaum begeistert vom Strategiewechsel
Die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse haben es versäumt, die Märkte davon zu überzeugen, dass sie trotz Umstrukturierungsplänen riskanten Bankgeschäften völlig den Rücken gekehrt haben.
Beide Universalbanken haben vor kurzem ihre Absicht bekundet, ihre Investment Banking-Operationen zurück zu fahren, mit der vorwändigen Begründung, reichen Kunden den Vorrang zu geben. Doch einigen Beobachtern gingen diese Anpassungen zu wenig weit.
So schreibt zum Beispiel die Bank Sarasin in einem Investorenbrief, die am Donnerstag bekannt gegebenen Umstrukturierungen der UBS seien mehr «Evolution statt Revolution».
Sarasin bewertet es als enttäuschend, dass die UBS ihr Investment Banking nicht stärker herunterfährt, bis auf jenes Niveau, das gerade noch ausreicht, um vermögende Kunden und Institutionen zu bedienen.
«Wir sind noch nicht vollständig davon überzeugt, dass die UBS ein Investment Banking in der geplanten Grösse und Vielfalt benötigt», schreibt Sarasin. «Die Geschäftsmöglichkeiten in diesem Bereich bleiben auch weiterhin klein. Die Strategie der UBS spiegelt den Umstand, dass auch viele andere Marktteilnehmer damit kämpfen, sich auf herausforderndere Marktkonditionen einzustellen.»
Herden-Mentalität
Wenig begeistert hatte Sarasin auch auf die von der CS Anfang Monat angekündigten Restrukturierungspläne reagiert.
«Zwar sind wir der Überzeugung, dass diese Pläne in die richtige Richtung zeigen,» schreibt Sarasin in einem anderen Brief, «generell gesehen jedoch wünschten wir uns stärkere Akzente in der Neuausrichtung des Investment Banking von Credit Suisse.»
Auch Andreas Venditti, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), glaubt, die beiden Banken hätten weiter gehen können. Er räumt aber ein, dass die schiere Grösse des Investment Banking innerhalb der CS Gruppe ein bedeutendes Herunterfahren erschwert.
«Ich bin enttäuscht über das Fehlen eines klaren Strategiewechsels», sagt Venditti gegenüber swissinfo.ch. «Wirklich ändern wird sich die Bankstruktur dadurch wohl kaum.»
Venditti ist auch überzeugt, dass beide Banken mit dieser Strategie einfach der Herde von anderen Bankhäusern folgen, mit der gleichen Ausrichtung wie ihre globalen Rivalen.
Hoffnung auf Rückkehr in die Investment Bank Liga
Sowohl die UBS als auch die CS hatten letztes Jahr wie alle anderen Konkurrenz-Banken ihr Personal und ihre Mittel im Investment Banking aufgestockt, im irrigen Glauben, der Markt werde sich langfristig verbessern.
Nun bleibt der Verdacht, dass die beiden Grossbanken zur Zeit abwarten wollen, in der Hoffnung, bald wieder in die grosse Liga der Investment Banken zurückzukehren. Anstatt sich konsequent auf das alte Kerngeschäft der Vermögenverwaltung und des Asset Managements zu konzentrieren.
Denn tiefe Zinssätze, gedämpfte Risikobereitschaft der Anleger und bevorstehende strengere Regulierungsauflagen, die Exzesse des Investment Bankings einschränken sollen, haben die grossen Universalbanken gezwungen, vorläufig etwas Federn zu lassen.
Der neue UBS-Chef Sergio Ermotti sagte am Donnerstag vor den Investoren, seine Bank sei es leid, einem «Ranglisten-Status» im Investment Banking nachzujagen, nachdem ein Versuch seiner Bank, mit den Grossen von Wall Street gleichzuziehen, katastrophal geendet hatte.
Abwarten
Doch der Investment Bank Chef der UBS, Carsten Kengeter, scheint manchmal eine etwas andere Melodie als seine Chefetage zu pfeifen. Obwohl er zugibt, dass die Herausforderungen derzeit entmutigend scheinen.
Einerseits plant die UBS, einige Geschäftsbereiche, 2000 Arbeitsplätze im Investment Banking Bereich und die Hälfte der Risikoaktiven bis Ende 2016 herunterzufahren. Anderseits nutzte Kengeter seinen Auftritt, um zu zeigen, wie die verbliebenen Geschäftsbereiche den Marktanteil auf Kosten der Bankrivalen erhöhen und neue Märkte wie Brasilien öffnen könnten.
«Die Banken sind konfrontiert mit den neuen verschärften Eigenkapital-Vorschriften, die gewisse Geschäfte unprofitabel machen», sagt Venditti gegenüber swissinfo.ch. «Alle tun dasselbe.»
Und der Ehrgeiz, einer der weltweit grossen Akteure im Investment Banking zu bleiben, bestehe weiter, so Venditti. «Doch das Umfeld in diesem Bereich wird nicht einfacher werden – es bleibt ein stark vom Wettbewerb geprägtes Geschäft.»
Eine gute Nachricht, die am Investoren-Tag der UBS letzten Donnerstag sowohl Analysten wie Anleger erfreute, ist der Entscheid, den langjährigen Dividendenstopp aufzuheben und für 2011 pro Aktie 10 Rappen Dividende auszuschütten.
Die beiden grossen Schweizer Universalbanken (Banken, die alle Geschäftsbereiche im Finanzwesen anbieten)bekamen die Finanzkrise massiv zu spüren.
Credit Suisse verbrannte sich zwar die Finger, konnte das Schlimmste aber abwenden, da sie die Warnsignale früher erkannte als ihre Rivalin.
Die UBS hingegen wurde von den Banken in Europa am härtesten getroffen. Sie musste Abschreibungen von über 50 Milliarden Dollar vornehmen.
Der Bundesrat und der Nationalrat mussten ihr 2008 finanziell unter die Arme greifen.
Das Fiasko führte dazu, dass viele Schweizer Politiker, Medien sowie die Öffentlichkeit die geplante Ausweitung des Investment Bankings nach der Krise unter Beschuss nahmen.
Laut Beobachtern wurde die traditionelle Schweizer Vermögens-Verwaltung von einer neuen Art aggressiven anglosächsischen Bankings verdrängt.
Die Vermögen der beiden Banken haben sich in den letzten 12 Monaten leicht verbessert. Schlechte Ergebnisse im Investment Banking haben die Erholung der Banken aber gebremst.
Als Folge davon kündigten die zwei Grossbanken dieses Jahr einen geplanten Abbau von insgesamt 7000 Stellen an.
Multinationale Banken wurden von den ungelösten Schuldenkrisen in Europa und in den USA hart getroffen.
Die Schweizer Banken leiden zusätzlich unter der der Frankenstärke.
Im dritten Quartal 2011 überraschte die UBS die Märkte mit einem Gewinn von 1 Mrd. Franken, die Credit Suisse verbuchte einen Profit von 683 Mio. Franken.
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)
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