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Halifax: Kette von Ursachen

Der Gedenkstein bei Peggy's Cove in Kanada für die Opfer des Flugzeugabsturzes vom 2. September 1998. Keystone

Viereinhalb Jahre nach dem Absturz einer MD-11 der Swissair im kanadischen Halifax sagt der Schlussbericht: Ein Brand an Bord führte zum Absturz.

Ausgebrochen sei das Feuer durch Funkenwurf beim Kabel des Video- und Musiksystems.

Der Absturz des Swissair-Kursflugzeuges SR111 New York-Genf in der Nacht zum 3. September 1998 ist auf eine Kette von Ursachen zurückzuführen.

Am Anfang dieser Kette stand offenbar ein Lichtbogen-Überschlag auf ein Kabel des elektronischen MD 11-Bordunterhaltungs-Systems IFEN. Das gab die kanadische Verkehrssicherheits-Behörde TSB in Halifax bekannt. Wahrscheinlich seien aber auch weitere Kabel am Lichtbogen-Überschlag beteiligt gewesen.

Ein Lichtbogen-Überschlag ist ein Funkensprung von einem elektrischen Pol zum andern. Der Funke springt, wenn die Spannungen zwischen den Kabeln stark unterschiedlich sind. An der Stelle, wo die Funken springen, entsteht Hitze, die zu einem Kabelbrand führen kann. Das kann auch bei isolierten Kabeln geschehen.

Notinstrumente untauglich

Zumindest während eines Teils der letzten Flugminuten fielen die Hauptanzeigen der Flugführungs- und Fluglageinstrumente aus.

Die Piloten mussten sich auf die Notinstrumente verlassen. Es sei für sie aber wegen der Anordnung und der kleinen Abmessungen der Notinstrumente schwierig gewesen, die Instrumente zu benützen und die Lage der MD-11 im Raum zu kontrollieren.

Die TSB äusserte die Ansicht, die Notinstrumente müssten, so wie die wichtigsten Fluginstrumente, genormt zusammengefasst und im normalen Blickfeld der Piloten angeordnet sein.

Zudem bemängelte die Behörde das Fehlen einer vom elektrischen System und der Batterie des Flugzeugs unabhängigen Stromversorgung der Notinstrumente.

Das TSB ist der Meinung, der aktuelle Stand der Technologie ermögliche eine unabhängige Not- beziehungsweise Sekundärstromversorgung für die Navigation und die Kommunikation.

Notlandung nicht möglich

Das Fehlen von Rauch- und Feuerdetektoren und Brandbekämpfungs-Einrichtungen liess den Piloten gemäss Untersuchungsbericht keine Chance für eine Notlandung.

Solche Einrichtungen waren damals nicht vorgeschrieben. «Wir sind zum Schluss gekommen, dass die Piloten eine sichere Landung nicht hätten durchführen können, selbst wenn sie die Verschlechterung der Situation vorhergesehen hätten», sagte Gerden. «Das Feuer habe sich zu rasch ausgebreitet.»

Nur Swissair und Alitalia

Das Bordunterhaltungssystem, dessen Kabel durch einen Funkensprung höchstwahrscheinlich den Brand an Bord der Swissair-Unglücksmaschine ausgelöst hatte, ist nur von der Swissair und teilweise noch von der Alitalia eingesetzt worden.

Dies sagte der Chef des Büros für Flugunfalluntersuchungen (BFU), Jean Overney, an der Medienkonferenz zum Schlussbericht des Absturzes am Donnerstag am Flughafen Zürich-Kloten.

Das vom US-Unternehmen IFT produzierte Unterhaltungs-System für die First und die Business Class wurde später von der Swissair freiwillig aus ihren MD-11-Flugzeugen entfernt.

Brennbares Isolationsmaterial

«Wir wollten uns nicht nur mit einer Ursache befassen», sagte Vic Gerden, der Leiter der Untersuchungen bei der kanadischen TSB, gegenüber swissinfo. Man habe jede Möglichkeit untersucht, um die Ursachen des Unfalls herauszufinden, sagte Gerden weiter.

Die Spuren des brennbaren Isolationsmaterials sei an den Wrackteilen früh aufgefallen, und es sei auch als erstes genau untersucht worden, weil man angenommen habe, dass dort der Grund für den Brand im Flugzeug gelegen habe. «Ohne dieses Material, dass zu brennen anfing, wäre der Unfall wohl nicht geschehen», präzisierte Gerden.

Weitere Gefahrenquellen

Die Untersuchungsbehörden in Kanada stiessen bei den Ermittlungen auf weitere Risiken für die Flugsicherheit. Allerdings sagt die TSB, sie habe nicht beweisen können, dass diese Faktoren beim Unglück eine Rolle spielten. Doch könnten sie Ursache für andere Unfälle sein.

Erwähnt wurden unter anderem die Check-Listen für das Auftreten von Rauch in einem Flugzeug. Dann Mängel beim raschen Abschalten der Stromversorgung elektrischer Systeme, die Auslegung von Leselampen in der MD-11 und mangelnde Klarheit bei den Vorschriften über die Abstände von Kabeln auf engem Raum.

Empfehlungen übernommen

Vertreter des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) und des Büros für Flugunfall-Untersuchungen (BFU) haben sich zufrieden mit den Untersuchungs-Ergebnissen zu Halifax gezeigt.

Das BAZL als zuständige Aufsichtsbehörde in der Schweiz übernahm von TSB rund 50 im Zusammenhang mit dem Absturz der MD-11 stehenden Empfehlungen. Sie wurden als nationale Anweisungen veröffentlicht.

swissinfo und Agenturen

229 Menschen starben beim Absturz der MD-11 in den Nordatlantik vor Peggy’s Cove an der Ostküste Kanadas.

Bei einem Lichtbogen, wie er offenbar am Anfang der Ursachenkette des Absturzes der Swissair-Maschine vor Halifax stand, handelt es sich um eine hell leuchtende Gasstrecke.
Sie entsteht beim Durchgang von elektrischem Strom durch ein unter normalen Bedingungen nicht leitendes Gas. Der Lichtbogen ist verbunden mit hoher Stromstärke bei kleinem Spannungsabfall und hoher Wärmeentwicklung.
Es können extrem hohe Temperaturen entstehen. Lichtbögen gelten als unerwünscht beim elektrischen Durchschlag von Isolationen und beim Öffnen von Schalterkontakten.
Sie werden genutzt bei Hoch- und Höchstdruck-Entladungslampen, bei Quecksilberdampf-Gleichrichtern und Schmelzöfen zur Gewinnung von Elektrostahl.

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