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Hochwasseralarm in weiten Teilen der Schweiz

Keystone

In vielen Teilen der Schweiz haben massive Regenfälle zu bedrohlichen Hochwassersituationen und zahlreichen Verkehrsunterbrüchen geführt. Viele Seen und Flüsse stehen bereits über der Schadengrenze.

In Bern und Luzern heulten am Abend die Sirenen, Hunderte von Einsatzkräften von Feuerwehr, Polizei und Zivilschutz standen die ganze Nacht im Einsatz, viele Keller und Strassen stehen unter Wasser.

Die Schweiz ist von den schwersten Unwettern seit zwei Jahren heimgesucht worden.

In den vergangenen 24 Stunden regnete es an vielen Orten fast soviel wie sonst im ganzen Monat August. Mancherorts erreichten die Niederschläge gar fast einen Zehntel der gesamten Jahresniederschläge.

Nach den sintflutartigen Regenfällen kämpfen Tausende Helfer gegen das Hochwasser an. Weit über hundert Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.

Prekär ist die Lage insbesondere in Teilen der Kantone Bern und Solothurn sowie in der Romandie. So lag die Wassermenge der Aare in der Stadt Bern am frühen Donnerstagmorgen weiterhin über der Schadengrenze. Wassersperren wurden errichtet, Anwohner türmten Sandsäcke auf. Zahlreiche Liegenschaften wurden beschädigt.

Der Campingplatz Eichholz in Wabern bei Bern wurde evakuiert. Auch die Camper in den Oberländer Gemeinden Brienz und Unterseen mussten sich in Sicherheit bringen. Viele Schadenmeldungen trafen auch aus der Region rund um den Thunersee, dem Simmental, dem Kandertal und dem Frutigland ein.

Kritische Situation entlang der Flüsse

Im Kanton Jura leidet insbesondere die Region Delsberg unter den Wassermassen. Bei Roche-Saint Jean, an der Grenze zum Berner Jura, trat die Birs über die Ufer. Die Hauptverbindungsstrasse zwischen den beiden Kantonen steht 50 Zentimeter unter Wasser.

In der Region Delsberg ist zudem die Gemeinde Châtillon vollständig abgeschnitten. Um Kurzschlüsse in den Kellern zu verhindern, schalteten die Behörden teilweise den Strom ab.

Von Umwelt abgeschnitten

Stark betroffen vom Dauerregen ist auch das Waadtländer Chablais. Dort hat – einmal mehr – der aus den Waadtländer Alpen in die Rhoneebene herunterstürzende Bach Eau Froide grosse Schäden verursacht.

Die Kantonsstrasse zwischen Aigle und Villeneuve ist deshalb in beiden Richtungen gesperrt. Zur Gemeinde Roche gibt es damit keinen Zugang mehr.

Krisenregion Olten

Die Solothurner Polizei meldete eine «katastrophale Lage» in Olten und im Niederamt. Die Aare in Olten floss am Morgen mit 1500 Kubikmetern pro Sekunde. Einzelne Quartiere waren ohne Strom.

Auch im Aargau herrscht akute Hochwassergefahr; kritisch ist die Lage insbesondere im Aaretal. Hochwasser führen auch die Thur und die Sitter, wie aus der Ostschweiz verlautete. Im Kanton Zürich hat sich die Lage stabilisiert, wegen der stark gesättigten Böden kann sich dies aber jederzeit ändern.

Mindestens sechs Verletzte

Das Unwetter in der Nacht auf Donnerstag hat in der Schweiz mindestens sechs Verletzte gefordert. Alleine im Freiburger Sensebezirk wurden fünf Personen verletzt.

Im Kanton Luzern wurde ein Mann von einem angeschwemmten Baumstamm getroffen.
Im Lauf der Nacht stabilisierte sich die Lage in den Innerschweizer Kantonen Luzern, Schwyz und Uri.

Weiter im Warnzustand ist die Stadt Basel. Die Lage am Rhein hat sich zwar leicht entschärft, doch der Krisenstab schliesst nicht aus, dass der Fluss in Kleinbasel über die Ufer tritt. Im Kanton Basel-Land hält das Hochwasser vor allem die Feuerwehren im unteren Baselbiet auf Trab.

Behinderungen auf Schiene und Strasse

In allen Hochwassergebieten herrschen prekäre Verkehrsverhältnisse. Dutzende von Strassen wurden nach Überschwemmungen und Erdrutschen gesperrt.

Auch Bahnkunden müssen sich auf erschwerte Verhältnisse einstellen, namentlich in der Nordwestschweiz, im Mittelland und in der Region Winterthur.

Unterbrochen war die Bahnstrecke zwischen Bern und Freiburg bei Flamatt sowie zwischen Laufen und Delsberg.

swissinfo und Agenturen

Die Schweizerischen Bundesbahnen empfehlen Bahnreisenden, sich über die aktuelle Lage zu informieren und eine längere Reisezeit einzurechnen. Wie lange die Behinderungen andauern werden, lasse sich nicht sagen.

Aktuelle Informationen gibt es im Internet unter www.sbb.ch/166.

Zudem richtete die SBB eine Gratis-Hotline ein. Sie ist unter der Nummer 0800 99 66 33 zu erreichen.

Nach den neusten Hochwassern hat die Glückskette ihr Konto für Spenden geöffnet.

Das gesammelte Geld ist für Einzelpersonen, Kleinbetriebe oder finanzschwache Gemeinden in Härtefällen vorgesehen, etwa für dringende Aufräum- und Instandstellungsarbeiten.

Die Glückskette ist kein Hilfswerk, sondern das humanitäre Sammelsystem der Schweizer Medien, angeführt von der SRG SSR idée suisse.

Die Glückskette wurde 1946 gegründet und erhielt 1983 die Rechtsform einer Stiftung.

Der Spitzenwert wurde in der Region Zürich mit rund 100 Litern pro Quadratmeter innert einem Tag registriert. Der Durchschnitt für den Monat August beträgt dort 132 Liter.

In der Stadt Bern fielen 86 Liter, 50 Liter allein zwischen 14 und 18 Uhr.

Auf dem Chasseral gab es 90 Liter Regen pro m2, 80 bis 90 Liter waren es in der Nordwestschweiz, im Zürcher Oberland 70 bis 80 Liter, gut 60 im Berner Oberland und ebensoviel in der Innerschweiz.

In der Ostschweiz regnete es bis zu 50 Liter pro Quadratmeter, in der Westschweiz 50 bis 70 Liter und im Wallis 40 bis 60 Liter.

Nach Angaben von MeteoSchweiz könnten im Bernbiet und in der Zentralschweiz in den nächsten 24 Stunden noch einmal 30 bis 50 Liter Regen fallen, ebenso in der Zentralschweiz.

Etwas weniger Niederschlag werden für die West- und Nordwestschweiz erwartet.

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