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Hohe Managerlöhne erneut unter der Lupe

Aktionär Rudolf Weber kritisiert UBS-CEO Marcel Ospel für dessen aktuelles Jahresgehalt von 24 Mio. Franken. Keystone

Top-Manager, die sich selber riesige Gehaltserhöhungen genehmigen, dies aber den Aktionären kaum mitteilen, sind schlechte Beispiele. So lautet das Fazit einer Studie über die Entlöhnungspraxis in der Schweiz.

Gefragt sind mehr Transparenz und Unabhängigkeit. Hysterie sei angesichts einer grösstenteils vernünftigen Lohnstruktur keine angebracht.

Die Top-Shots der 500 grössten Schweizer Firmen, Banken und Versicherungen ausgenommen, verdienten im Schnitt 657’000 Franken im Jahr, wie die Studie ergab. Bei Verwaltungsrats-Präsidenten waren es 300’000 Franken.

Professor Peter Leibfried von der Universität St Gallen sagte als Ko-Autor der Untersuchung, dass in der Öffentlichkeit vorwiegend über eine Handvoll Spitzenverdiener diskutiert werde. «Die Entlöhnungspraxis in der Schweiz ist aber nicht so schlecht, wie es die aktuelle Debatte glauben machen lässt.»

Einzelfälle

«Es gibt Einzelfälle, die aus dem Rahmen herausragen, aber in einer freien Wirtschaft lässt sich das nie verhindern», sagte der Experte gegenüber swissinfo.

Das Beratungsunternehmen KPMG sowie Wissenschafter der Universität St. Gallen verschickten Fragebogen an die CEOs der 500 umsatzstärksten Schweizer Unternehmen. Knapp ein Fünftel (18%) schickte einen ausgefüllten Bogen zurück.

Banken und Versicherungen wurden dagegen ausgeklammert: Diese seien kaum vergleichbar und unterlägen anderen aufsichtsrechtlichen Vorgaben, begründete Leibfried.

Gefragt wurde, wer die Lohnhöhe bestimme, die Begründung der Erhöhungen, in welcher Form Löhne ausgerichtet werden und wie diese in der Buchhaltung ausgewiesen werden.

Kaum diskutiert

An den Sitzungen, an denen ihr Lohn festgesetzt wird, sind Verwaltungsratspräsidenten in 90% und Konzernchefs noch immer in 50% der Fälle selbst dabei – das sei ein sehr hoher Wert, meinte Leibfried: «Das hemmt sicherlich die Diskussion.»

Etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen (59%) gab denn auch an, dass die Managerlöhne im Verwaltungsrat ohne Diskussion beschlossen werden. Nur knapp 40% der Firmen verfügen über einen eigenen Vergütungs-Ausschuss. Dabei war laut der Studie bei Unternehmen mit einem solchen Ausschuss die Vergütungen niedriger.

Die Autoren empfehlen, dass im Falle von selbst gewährten Lohnerhöhungen die Kommunikation zu den Aktionären verbessert werden müsse, um mehr Transparenz herzustellen.

Aufschrei

Leibfried wies jedoch darauf hin, dass die Schweizer Managerlöhne auf europäischem Niveau lägen und denjenigen in Grossbritannien und den USA hinterher hinkten.

«Es gab in der Schweiz in den letzten Jahren einen markanten Anstieg des Lohnniveaus, aber nur in einzelnen Unternehmen und in Bezug auf einzelne Manager», sagte Leibfried. Grund dafür sei die Internationalisierung dieser Firmen.

In einem von sieben Unternehmen ist der CEO gleichzeitig Präsident des Verwaltungsrates, beaufsichtigt sich also gewissermassen selber. Dabei handelt es sich meistens um Familienunternehmen oder solche, die sich im Besitze eines einzigen Aktionärs befinden.

Dominique Biedermann, Direktor der Schweizerischen Ethos-Stiftung, empfiehlt die Festsetzung von Lohnobergrenzen sowie eine rechtliche Besserstellung der Aktionäre, damit diese Einfluss auf die Lohnpolitik nehmen könnten.

«Unglücklicherweise haben einige Mitglieder der Verwaltungsräte ihre Aufgaben nicht korrekt erfüllt, deshalb braucht es zusätzliche Kontrollmechanismen», sagte Biedermann.

swissinfo, Matthew Allen, Zürich

Das höchste Manager-Salär der Unternehmen, die an der Befragung mitgemacht haben, betrug 21,5 Mio. Franken. Weil es zu stark über dem Schnitt lag, wurde es für die Studie nicht berücksichtigt.
Jeder fünfte CEO verdient mehr als eine Mio. Franken.
Die übrigen Vertreter im Top-Management verdienten im Schnitt 381’000 Franken.
Verwaltungsräte kassierten zwischen 25’000 und 60’000 Franken.

Die Umfrage wurde zwischen Mai und Juni 2006 durchgeführt. Ausgeklammert waren Banken und Versicherungen. Diese sind kaum vergleichbar und unterliegen anderen aufsichtsrechtlichen Vorgaben.

Rund die Hälfte der Antwortenden geht davon aus, dass die Löhne für Verwaltungsräte in den nächsten Jahren ansteigen. Ein Fünftel sieht dasselbe bei den Managergehältern.

Die Hälfte der Unternehmen besitzt Richtlinien über die Entlöhnung, 38% haben einen unabhängigen Lohnausschuss.

Ab Anfang nächsten Jahres treten neue Gesetze über die Lohnpraxis in Kraft. Diese verpflichten alle börsenkotierte Gesellschaften zur Veröffentlichung von Einzelheiten über Löhne, Bonuszahlungen und weitere Einnahmen der Top-Manager.

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