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Hungersituation in Niger entschärft sich

Es brauchte Bilder von sterbenden Kindern, um die Welt aufzurütteln. Keystone

In Niger leiden 3,6 Mio. Menschen akuten Hunger. Nach Anlaufen der Auslandhilfe habe sich die Lage jetzt leicht verbessert, melden Schweizer Entwicklungshelfer.

Die internationale Gemeinschaft habe aber zu langsam auf die Notsituation im westafrikanischen Land reagiert, so ihre Kritik.

«Die Hilfslieferungen treffen nun langsam ein. Die Situation hat sich aber auch durch den früher einsetzenden Regen verbessert», sagte Peter Bieler, Leiter des Büros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Niger, gegenüber swissinfo.

Er drängt jedoch darauf, in den Hilfsanstrengungen nicht nachzulassen. Denn die Nahrungskrise bedeute, dass die kommende Ernte sofort für die Versorgung mit Lebensmitteln verwendet würde.

«Die Phase nach der Ernte wird sehr schwer werden. Wir brauchen definitiv Hilfe aus dem Ausland, um die schlimmste Hungerkatastrophe abzuwenden», so Bieler, der in der Hauptstadt Niamey stationiert ist.

Seit der Heuschreckenplage und der Dürre von letztem Oktober sei klar gewesen, dass das zweitärmste Land der Erde auf einen Engpass in der Lebensmittelversorgung zusteuere.

Von der sich verschärfenden Lage alarmiert, gab die DEZA im Mai einen ersten Nothilfekredit für Niger in der Höhe von gut 330’000 Franken frei. Im Juni erfolgte ein weiterer Kredit von einer halben Mio. Franken.

«Im Mai gingen wir davon aus, dass die anderen Länder aus dem Norden mit Hilfe bald nachziehen. Das war aber nicht der Fall», erklärt Bieler.

Warnsignale

Pia Wildberger, Sprecherin der Schweizer Hilfsorganisation Swissaid, die ebenfalls in Niger präsent ist, bestätigt die Sicht des DEZA-Vertreters.

Das schleppende Anlaufen der Hilfe habe möglicherweise auch mit einer gewissen Sättigung nach der grossen Hilfswelle für die Tsunami-Opfer zu tun. Es sei aber immer noch traurig genug, dass es offenbar erst Fernseh-Bilder von sterbenden Kindern brauche, damit die Welt aufmerksam werde, sagte Wildberger.

«Schon Ende des letzten Jahres war abzusehen, dass die Missernten zu einer Lebensmittelknappheit führen würden. Die internationale Gemeinschaft hätte schneller reagieren können.»

Wildberger zufolge berichteten Swissaid-Mitarbeiter in Niger, dass einige Regionen unterdessen Lebensmittel erhalten hätten. In anderen Gegenden des Landes sei die Lage jedoch immer noch verzweifelt.

Die Gelder fliessen

Bei den Vereinten Nationen sind in den letzten zehn Tagen mehr Spenden für Niger eingegangen als in den vergangenen zehn Monaten zusammen, wie UNO-Koordinator für humanitäre Hilfe Jan Egeland am Freitag mitteilte.

Die UNO habe bisher 25 Mio. Dollar Spendengelder für die Hungerkrise in Niger gesammelt und sie sei zuversichtlich, das Ziel von 30,7 Mio. zu erreichen.

Egeland betont weiter, die UNO hätte bereits im November vor einer drohenden Hungerkatastrophe in Niger gewarnt. Weitere Warnungen seien im Februar und im März erfolgt. «In den letzten Tagen ist die Welt endlich aufgewacht, aber dazu waren erst Bilder von sterbenden Kindern nötig», stellt er fest.

Auch die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften kündigte am Freitag an, dass sie 18 Mio. Franken für die Opfer der Hungersnot in Niger sammle. Das Geld solle auch Mali, Mauretanien und Burkina Faso zugute kommen. Die drei Länder am Südrand der Sahara sind ebenfalls von der grossen Dürre betroffen.

swissinfo, Adam Beaumont in Geneva
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

In Niger leiden nach UNO-Angaben rund 3,6 Mio. Menschen Hunger. Das sind rund 28% der Bevölkerung. Zehntausende Kinder sind vom Hungertod bedroht.

Bei den Vereinten Nationen sind für die Hungerkatastrophe in Niger bisher Spendengelder von rund 25 Mio. Dollar eingegangen

Mitarbeiter von Schweizer Hilfswerken in Niger werfen der UNO vor, sie habe zu spät reagiert. Anzeichen der drohenden Katastrophe habe es schon vor Monaten gegeben.

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