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Immer mehr Autofahrer setzen auf Dieselmotoren

Erwin Wodicka

Unter der Fronthaube jedes dritten neu zugelassenen Fahrzeugs in der Schweiz steckt ein Dieselmotor. Und die Nachfrage nach Dieseltreibstoff nimmt zu, wie jüngste Statistiken zeigen.

Diesel kostet zwar weiterhin mehr als Benzin. Dennoch steht der Trend zum Diesel fest. Weniger erwiesen ist hingegen die Umweltfreundlichkeit dieses Treibstoffs.

Die Verkäufe von Benzin gingen 2007 gegenüber dem Vorjahr um ein Prozent zurück. Beim Diesel wuchsen sie im gleichen Zeitraum um 7,3%, stellte die Erdölvereinigung Anfang Woche fest.

Der hauptsächliche Grund dafür ist die zunehmende Popularität von dieselbetriebenen Fahrzeugen. 2007 fuhren 32,5% aller neu zugelassenen Fahrzeuge mit Diesel.

1990 waren es erst 2,6% aller Neuzulassungen gewesen, 2000 zählte man bereits 9,2%. Der Anteil der Diesel-Fahrzeughalter hat sich also innerhalb der letzten 20 Jahre mehr als verdreifacht.

«Man entscheidet sich für einen Diesel, weil dieser weniger verbraucht als ein Benziner», sagt Erich Schwizer vom Touring Club Schweiz (TCS) zu swissinfo. «Dieselmotoren sind heute besser und weniger lärmig als früher.»

Die Werbebotschaft der Fahrzeugproduzenten lautete ebenfalls: Weniger Treibstoffverbrauch. «Vielen Leuten ist der tiefere Verbrauch wichtig, trotz des Umstands, dass der Literpreis rund 16 Rappen höher ist als beim Benzin.»

Spezialfall Schweiz

Dieser hohe Preisunterschied mag ein Grund dafür sein, dass die Schweiz immer noch nicht so dieselfreundlich ist wie die Nachbarländer, wo Diesel billiger ist. Dieselfahrzeuge sind üblicherweise auch um einiges teurer als mit Benzin betriebene, ohne immer dieselbe Motorenleistung aufzuweisen.

Laut der Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure entfällt rund die Hälfte aller in der EU zirkulierenden Fahrzeuge auf dieselbetriebene. Schwizer glaubt nun nicht, dass sich diese Situation in der Schweiz stark ändern wird.

«Auf längere Frist hängt vieles davon ab, wie sich die Benziner entwickeln, ob die Dieselmotoren noch wirtschaftlicher gemacht werden, was aus dem Erdölpreis wird und wie die Fahrzeug-Steuern ausgestaltet werden», so Schwizer.

Umweltbedenken

Die starke Nachfrage nach Dieselfahrzeugen verursacht bei umweltbewussten Leuten einiges Stirnrunzeln. «Verglichen mit Benzinern stossen Diesler zwar weniger CO2 aus», sagt Noëlle Petitdemange, Sprecherin des Verkehrsclubs der Schweiz (VCS). «So gesehen wären sie umweltfreundlicher als Benziner.»

Aber: «Wird der Ausstoss von Russpartikeln und verschiedenen Stickoxiden, NOx, dazugezählt, kehrt sich das Verhältnis wieder um. Diesler stossen bis tausend Mal mehr Russpartikel (Feinstaub) und bis fünf Mal mehr Stickoxide aus.»

Der VCS rät deshalb, Dieselfahrzeuge mit einem eingebauten Partikelfilter zu kaufen. Dieser ist in der Schweiz noch nicht obligatorisch – ein Umstand, den die Umweltaktivisten zu ändern gedenken.

Doch die Autohersteller offerieren bereits 80% aller Dieselfahrzeuge mit Filter.

Stickoxid als Problem

Bleiben die Smog verursachenden Stickoxide, die die Ozonschichten angreifen und für Menschen schädlich sind, als Problem. Schlimmer noch: Fahrzeuge mit Partikelfilter stossen mehr gefährliche Nitro-Dioxin-Gase aus als Autos ohne Filter!

Das sei, so Martin Weilenmann von der Eidgenössischen Materialprüfungs-Anstalt EMPA, besonders in verkehrsreichen Städten und urbanen Zentren bedenklich.

«Deshalb sind Diesler für Fahrten für lange Distanzen optimal. Im innenstädtischen Verkehr jedoch wären Benziner, Hybride oder mit Gas betriebene Fahrzeuge besser geeignet», so der EMPA-Emissionsspezialist.

Entweder mehr CO2 oder mehr Stickoxide

Nur wenige Fahrzeughersteller, wie Toyota oder Mercedes, offerieren Anti-Stickoxid-Systeme, um den Ausstoss von NO zu reduzieren. Weitere Lösung zeichnen sich ab, aber ein Haken bleibt.

«All diesen Lösungen ist gemeinsam, dass sie tendenziell den Treibstoff-Verbrauch steigern, also auch den CO2-Ausstoss», so Weilenmann. «Und für Konsumenten bedeutet der Einbau von Filtern und Anti-Stickoxid-Lösungen eine Verteuerung des Fahrzeugs, bei gleichzeitig steigenden CO2-Emissionen.»

swissinfo, Isobel Leybold-Johnson
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

In den Top Ten der Auto-Umweltliste des VCS finden sich dieses Jahr erstmals vier gasbetriebene Kleinwagen. An der Spitze der Liste stehen nach wie vor Hybridautos.

Eine grüne Revolution sei jedoch in weiter Ferne, wie der VCS kritisiert.

Die Mittelklassewagen «Honda Civic» und «Toyota Prius» seien dank ihrem Hybridantrieb sogar sparsamer als die Kleinwagen, hält der VCS fest.

Auf den Plätzen drei bis fünf sowie neun und damit erstmals unter den ersten zehn umweltfreundlichsten Autos platzierten sich die gasbetriebenen «Citroen C3», «Fiat Panda Panda», «Ford Fiesta» und «Ford Ka».

Dies war laut VCS durch die Qualität des Schweizer Erdgases möglich, dem ein Viertel Biogas beigemischt ist.

Trotz allen Fortschritten nütze die Automobilindustrie die zur Verfügung stehenden Technologien bisher aber nur wenig.

Der mittlere Verbrauch der Fahrzeuge sinke zu langsam.

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