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Invalidenversicherung: OECD ortet weiteren Reformbedarf

Behinderte sollen besser in die Arbeitswelt integriert werden. Keystone

Die Schweiz muss weitere Massnahmen zur Entlastung der Invalidenversicherung (IV) in die Wege leiten und die Wiedereingliederung von Behinderten in die Arbeitswelt fördern.

Das ist das Fazit eines Berichts der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu den IV-Systemen in der Schweiz, Norwegen und Polen.

Vertreter der OECD und des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) stellten am Dienstag einen Bericht zu den IV-Systemen in der Schweiz, Norwegen und Polen vor. Weitere Studien zu andern OECD-Ländern werden folgen.

Der schweizerische Ansatz, Personen mit gesundheitlichen Problemen möglichst früh zu erfassen, sei «vielversprechend», heisst es im Bericht. Die vom Parlament beschlossene 5. IV-Revision bringe aber noch nicht genügend Anreize und Pflichten, um Behinderte und Kranke im Arbeitsprozess zu halten.

Deshalb brauche es Korrekturen und neue Anreize, um die IV-Rentner zur Aufnahme einer Arbeit zu ermuntern. Wenn das Einkommen sinke, lohne sich Arbeit nicht. Vorab für Personen mit Kinderzulagen gehe die Rechnung häufig nicht auf.

Hier liege «ein grosses ungenutztes Potenzial», räumte Alard du Bois-Reymond vom BSV ein und sprach von einem möglichen Stoff für die 6. IV-Revision. Das Problem liege darin, dass die Erwerbsersatzquote der IV in der Schweiz sehr hoch sei. Zurzeit würden dazu die heute fehlenden Daten erarbeitet.

Stichwort Wiedereingliederung

Nach Ansicht der OECD-Experten sollten die Arbeitgeber beispielsweise verpflichtet werden, ein Krankheitsmonitoring einzuführen und einen «Vorbereitungsplan» zur Wiedereingliederung lange fehlender Arbeitnehmer auszuarbeiten. Sie müssten «einen Teil der durch das Nichtangehen der Krankheitsproblematik entstandenen Kosten tragen».

Ein Krankheitsmanagement und -monitoring fordert der Bericht auch von den privaten Krankentaggeld-Versicherern. Diese müssten die IV über lange dauernde oder wiederholte Absenzen informieren. Damit das funktionieren könne, sei die heute noch auf zwei Drittel der Erwerbstätigen beschränkte Krankentaggeld-Versicherung obligatorisch zu erklären.

Berufliche Rehabilitation ausweiten

Anspruch auf Massnahmen der beruflichen Rehabilitation sollten laut OECD sodann alle Erwerbstätigen mit gesundheitsbezogenen Problemen haben – und nicht nur die bloss noch eingeschränkt Erwerbsfähigen. Bei bereits Arbeitslosen komme die Intervention für die künftige Devise «Eingliederung statt Rente» sehr spät.

Wie der Bericht in Erinnerung ruft, will die 5. IV-Revision in erster Linie die Zahl der Neurenten senken. Ebenso wichtig seien aber verstärkte finanzielle Anreize, um Rentenbezüger zum Ausstieg aus dem IV-System und zur Aufnahme einer Arbeit zu ermutigen. In Frage kämen hier unter anderem bedarfsgerechte Zuschüsse.

Ein besonderes Problem liege dabei – besonders auch in der Schweiz – bei der steigenden Zahl von psychischen Erkrankungen, die inzwischen zu den häufigsten Einzelursachen bei der Zuteilung von Invaliditätsleistungen zählten und bereits mehr als 40% aller Renten-Neuzugänge ausmachten.

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Invaliden-Versicherung

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Invalidenversicherung (IV) ist eine obligatorische Versicherung. Sie sichert den Versicherten die Existenzgrundlage, wenn sie invalid werden. Dies geschieht mittels Eingliederungsmassnahmen oder Geldleistungen. Die IV subventioniert auch speziell eingerichtete Institutionen. Die Versicherung wird zu rund 40% von Beiträgen der Erwerbstätigen und Arbeitgeber finanziert. Der Rest stammt aus öffentlichen Geldern.

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Bessere Zusammenarbeit

Starkes Gewicht legen die OECD-Experten auf eine verbesserte Zusammenarbeit unter den Institutionen. Personen mit abgelehntem IV-Gesuch sollten durch die IV «nachbetreut» werden. Mit Richtlinien und strengerer Aufsicht über die kantonalen IV-Stellen müsse der Bund für eine einheitlichere IV-Praxis in den Kantonen sorgen.

Mit der 5. IV-Revision, die in der vergangenen Herbstsession in Flims vom eidgenössischen Parlament verabschiedet wurde und dann mit der Ankündigung eines Referendums durch kleine Behindertenverbände und linksgrüne Parteien postwendend wieder in Frage gestellt wurde, soll die Zahl der Neurenten in der Schweiz um 30% gesenkt werden.

Die finanzielle Sanierung der «todkranken IV», die auch aus Sicht der OECD-Fachleute ohne Mehreinnahmen nicht zu bewerkstelligen ist, wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

swissinfo und Agenturen

2005 verzeichnete die IV ein Rekorddefizit von 1,7 Mrd. Franken.

5,3% der Bevölkerung waren 2005 IV-Bezüger. 1990 waren es noch 3,2%.

Gemäss der OECD entfielen 2004 in den OECD-Ländern 2,4% des Bruttoinlandproduktes auf die Kosten der Invalidität.

In den drei von der OECD untersuchten Ländern schwankt der Anteil zwischen 3 und 5%.

Während der Herbstsession in Flims hat der Nationalrat seine letzten Divergenzen mit dem Ständerat bereinigt. Die 5. Revision ist deshalb unter Dach.

Ziel ist es, das Budgetdefizit dieses Sozialversicherungs-Werks bis 2025 um jährlich bis 596 Mio. Franken zurückzufahren.

Dazu wird die Anzahl der neuen Renten gegenüber 2003 um 30% reduziert, indem der Begriff Invalidität strenger ausgelegt wird. Auch werden gewisse Leistungen restriktiver gehandhabt.

Gegen die Revision haben kleine Behindertenverbände und die Grünen das Referendum ergriffen.

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