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IT-Messe nimmt KMU ins Visier

An der Orbit sind primär Privatkunden und KMU-Vertreter. swissinfo.ch

Am Mittwoch öffnete die IT-Messe Orbit/Comdex ihre Tore – unter neuen Vorzeichen. Statt strikte Business-to-Business präsentierte sie sich wieder als Publikumsmesse mit Fokus kleinere und mittlere Betriebe (KMU).

Ob sie damit Erfolg haben wird, ist unsicher.

«Dieses Jahr ist die Orbit ja fast trostlos», meint ein Besucher, der seit Jahren an die Basler Messe für Informations-Technologie reist. Die Zahlen bestätigen ihn, die Messe ist nur noch ein Schatten ihrer besten Zeiten. 1999 drängten sich 110’000 Menschen in den Hallen der Messe Basel – zu viel und zu gross, entschied die Messeleitung und machte aus der Publikumsmesse eine reine Business-Messe.

Der Bereich Business-to-Business (B2B) litt aber stark unter dem Rückgang der New Economy. Vor zwei Jahren kostete ein Ticket an der Tageskasse 55 Franken. Und es kamen nur noch 41’000 Geschäftsleute – zu wenig, die Orbit geriet zum Flop.

Rad der Geschichte zurück gedreht

«Wir beschlossen eine Neuausrichtung», sagt Messeleiter Alain Pittet vom Veranstalter MCH, «die Messe will jetzt das KMU-Segment ansprechen.» Der Eintritt kostet nur noch 19 Franken im Vorverkauf, und es gibt wieder einen Samstag als Messetag, was für den Kleinstunternehmer wichtig ist.

Die breite Masse scheint die Einladung verstanden zu haben. Am Eröffnungstag suchten IT-Interessierte um die Fünfzig in Krawatte und Lumber-Jacken vor dem Eingang ihr Ticket, «Computer-Kids» tauschten auf den Rolltreppen untereinander Kataloge aus und Business-Kunden in Anzügen studierten aufmerksam den Ausstellerkatalog und suchten nach bekannten Gesichtern.

Grosse helfen den Kleinen

«Es hat viele Privatkunden», konstatiert auch Frank Studer, Geschäftsleiter von Studerus Telecom. «Wir sind aber vor allem hier, weil wir in Basel mehr Fachhändler aus der welschen Schweiz ansprechen können als an der Messe in Zürich.»

«Der KMU-Patron muss persönlich eingeladen werden», gibt Christian Bühlmann, Marketing-Leiter der Softwarefirma IFAS, zu bedenken. «Wir mussten selber viel Werbung machen. Das, was die Messeleitung macht, genügt nicht», bemängelt er.

«Wir sind zufrieden, die ersten Kontakte waren vielversprechend», meint hingegen Hanspeter Stoffel, der in Basel seine Genfer Partnerfirma GIT vertritt. Sein kleiner Stand steht im Themenpark «Business Software», der von «Simsa», dem Schweizer Branchenverband für Internet, Software und Neue Medien, in Zusammenarbeit mit «Topsoft» der Fachhochschule Aargau organisiert wurde. «Die grossen Namen ziehen die Besucherströme an, davon können auch wir profitieren», freut er sich.

Späte Korrekturen

Einige der ganz grossen Namen wie Sony, Philips oder Samsung haben zwar entschieden, der Messe ganz fernzubleiben. Andere wie Cisco haben sich für einen winzigen Partnerstand mit Swisscom entschieden.

«Konzeptionelle Anpassungen sind spät erfolgt, da waren etliche Aussteller-Budgets schon verplant», erklärt Messeleiter Pittet. Fürs nächste Jahr hofft er aber, mehr Branchen-Grössen anzuziehen. «Die Gespräche laufen bereits. Mittelfristig rechnen wir mit einer Grösse von 15’000 bis 20’000 Quadratmetern.»

Messe versus Roadshow?

Die Grossen setzten gegenwärtig mehr auf Roadshows und weniger auf Messeauftritte. Pittet hat aber keine Angst, dass Roadshows seine Messe ausstechen: «Solche Anlässe gab es schon immer. Aber um eine ganze Produkte-Palette zu sehen, muss ein Besucher an mindestens fünf Roadshows gehen. An einer Messe hat er den Überblick in einem Mal.»

«Bei einer Roadshow können die Kosten ganz genau gemessen werden, beim Messe-Auftritt ist das nicht so einfach», erklärt Christoph Hugenschmidt, Szene-Beobachter und publizistischer Leiter der Compress Information Group, die gegenwärtige Vorliebe für eigene Kundenanlässe. «Aber an einer Messe kommen auch Leute, welche die Konkurrenz eingeladen hat.»

Startups unter die Arme greifen

Von einer eigenen Kundenpräsentation können Startups nur träumen. Ihnen ermöglicht erst das KMU-Portal E-Starter unter dem Patronat diverser Grossfirmen den Messeauftritt.

«Ohne diese Plattform könnten wir uns die Orbit nicht leisten», sagt Luca Vidi. Sein Internet-basierter Übersetzungsdienst «24translate» beschäftigt in der Schweiz drei Personen. «Wir wollen hier KMU ansprechen, die in der ganzen Schweiz geschäften wollen – und die ist schliesslich mehrsprachig.»

René Hübscher am Nebenstand vom Startup «Uniqconsulting» aus Bassersdorf bestätigt ihn: «Ohne diese Unterstützung wären die Kosten für die Messe für uns viel zu hoch.»

Partnersuche an der Orbit

Um die halbe Welt nach Basel gekommen ist David Hwang, Präsident der Hana A.S., die zusammen mit neun andern koreanischen Firmen im «Korean Pavillon» ausstellt. «Eine Regierungsstelle hat uns auf diese Messe aufmerksam gemacht, wir suchen hier einen Partner für unser Geschäft.»

Die Firmen aus Fernost zeigen durchwegs innovative Produkte wie winzige USB-Speicher mit grosser Kapazität, starke Computer-Lüfter oder Mobile-Headsets. Hwang: «Wir sprechen Geschäftskunden an, keine Endkunden. Bei Bestellungen sprechen wir von Tausenden von Stücken.»

Ebenfalls aus dem Ausland angereist sind die Vertreter im grosszügigen jordanischen Pavillon, wo Programmierer ihre Lösungen aus den Bereichen E-Business, E-Government, Sicherheit und Wireless dem Schweizer Publikum vorstellen.

Hardware als Magnet

Auffallend am besten besucht werden aber die Stände, wo es Hardware zu sehen gibt: Um die wassergekühlten Rechner verschiedener Hersteller steht immer eine Menschentraube und beim Billig-Verkäufer für Endkunden «PC Hai» drängen sich die Leute zwischen den neuesten Notebooks, Home-Cinema-Systemen und Flachbildschirmen.

Hier werden an einem der wenigen Stände auch Produkte verkauft: «Am ersten Tag haben wir schon über zweihundert 25er-Spindeln CD-Rohlinge verkauft», freut sich PC Hai-Manager Erich Munck. Gekauft hätten vor allem Privatkunden.

Ob die Messe mit dem neuen Fokus Erfolg haben kann, wird sich Ende Woche zeigen: Dann werden die Besucherzahlen veröffentlicht. Der Eröffnungstag stimmt zuversichtlich.

swissinfo, Philippe Kropf, Basel

Neu an der Orbit ist das KMU-Infocenter. Es will KMU-Verantwortlichen einen neutralen Überblick zu IT-Themen verschaffen.

«Wir zeigen ihnen, welche Fragen sie stellen müssen und bieten sogar Checklisten an», sagt Mila Trombitas vom Staatssekretariat seco.

«Bisher war alles immer techniklastig», erklärt Referent Daniel Benninger, «wir wollen zeigen, wo IT einem KMU effektiv nützen kann.»

Von den 305’000 Schweizer KMU nutzen 200’000 das Internet, 115’000 haben eine Website und 15’000 einen Webshop.

Das KMU-Infocenter steht unter anderem unter dem Patronat des seco.

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