Käse essen ist nicht schwer, Käse machen aber sehr
swissinfo hat beim Besuch bei der Sennenfamilie Steiner auf der Bundalp im Berner Oberland Einsicht erhalten in die arbeitsintensive Käseproduktion.
Der Vormittag steht für den Sennen jeweils ganz im Zeichen dieser Arbeit. Ein Augenschein.
In der Käseküche wird der grosse Kupferkessel, in dem die Milch vom Vorabend mit der frischen Morgenmilch gemischt wird, mit einem Holzfeuer auf 31 Grad aufgeheizt. Dann werden Lab, ein Enzym aus dem Kälbermagen, und Milchsäure beigegeben.
Die Milch ruht nun für rund eine halbe Stunde. Sie gerinnt in dieser Zeit, es entsteht Eiweiss in fester Form, eine gallertartige Masse. Diese wird mit einer Käseharfe, einem mit feinen Drähten bespannten Rührinstrument zerkleinert.
Je mehr der Käser rührt, desto kleiner werden die Stücke. «Je kleiner die Käsekörner, desto härter wird der Käse», erklärt der Senn.
Keine Ziger-Produktion
Die Käsekörner, Käsebruch genannt, trennen sich vom wässrigen Teil, der Molke oder Sirte. Damit lässt sich unter anderem auch Ziger herstellen.
«Für uns wäre das aber zu aufwändig», sagt Andreas Steiner. Er braucht die Molke daher zur Fütterung seiner Schweine, die es sich neben ihrem Stall in einem echten Auslauf sauwohl sein lassen.
Nun erwärmt der Senn den Käsebruch auf 51 Grad. Dies ist wesentlich für den späteren Geschmack. Tochter Susanne fehlt noch die in jahrelanger Übung entstandene Sicherheit des Vaters.
Er kann den Käsebrei durch seine Finger streichen lassen und merkt dabei genau, in welchem Stadium er sich befindet. Ob er schon mit Hilfe des Käsetuchs, das wie eine grosse Windel aus der Zeit vor der Pampers-Ära aussieht, aus der Molke gehoben werden muss.
Der Bruch wird nun mit dem Tuch in eine Plastikform, den «Järb» gelegt. Dann wird der Käse gepresst, damit noch mehr Molke austreten kann.
Salzwasserbad
Gegen Abend wird der noch weiche Käse in ein Salzwasserbad gelegt, wo er einen Tag verbringt. Der Käse nimmt Salz auf und gibt Flüssigkeit ab, Zudem bildet sich die Rinde, welche dem Käse Stabilität verleiht.
Im Käsekeller werden unterdessen die Laiber aus dem Salzbad genommen und die jungen Käse werden mit Salzlake gewaschen. Andreas Steiner: «Mit dem Käsen kann man noch was verdienen, auch wenn der Aufwand mit der Pflege doch relativ gross ist.»
Mutschli und Alpkäse
Steiners stellen einerseits den Mutschli her, einen Weichkäse, der bereits nach rund zwei Wochen in den Verkauf gelangt. Angeboten wird er Natur oder gewürzt mit Chili, Schnittlauch oder Kümmel.
In der Hauptsache wird aber Alpkäse produziert, der frühestens nach einem Jahr Pflege als Schnittkäse verkauft wird. Als Zweijähriger gelangt er als Hobelkäse in den Verkauf. Er ist dann härter und bedeutend würziger.
Die Produktion ist nicht immer gleich gross. » Anfang der Saison sind es bis 60 kg gegen Ende nur noch 20 kg täglich», erklärt der Senn. Das hängt einerseits mit der Futterqualität zusammen und andererseits damit, dass Kühe vor dem Kalben gegen Jahresende weniger Milch produzieren. «In 85 Tagen machen wir rund 2,5 Tonnen Käse», präzisiert er.
swissinfo, Etienne Strebel, Bundalp
Die Alpbetriebe liegen an Berghängen, auf hohen Terrassen und in Alpmulden.
Älpler wie Familie Steiner auf der Bundalp sind Halbnomaden: im Sommer ziehen sie mit Hab und Gut auf ihren Sömmerungs-Betrieb auf 1840 Meter ü. Meer.
Dort verbringen sie mit ihren Tieren rund 85 Tage. Mitte September kehren sie wieder zurück auf ihren Hof im Emmental.
Alpkorporationen stellen Senner und Hilfsmannschaften für die Zeit der Vieh-Sömmerung an.
Seit Generationen sorgen in der Schweiz Behörden und Korporationen dafür, dass die Alpen nachhaltig bewirtschaftet werden. Die Alpweiden sind «geseyt», d. h. sie werden nur mit einer beschränkten Anzahl Tiere «bestossen».
Dadurch werden die Alpweiden weder über- noch unternutzt und erhalten sich so seit Jahrhunderten natürlich und funktionstüchtig.
Käse-Tagesproduktion
Anfang Saison: Bis zu 60 Kilo
Ende Saison: Noch rund 20 Kilo
Insgesamt in 85 Tagen: 2,5 Tonnen
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
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