Kampf dem Krebs
Die Krebs-Bekämpfung soll national und gesetzlich verankert geführt werden. Dies fordern Vorstösse von rechts und links. Und die SP klagt gegen ein Brustkrebs-Gen-Patent.
Die Forderung nach einer nationalen Krebspolitik kommt von den Nationalräten Remo Gysin (Basel, Sozialdemokratische Partei) und Rudolf Joder (Bern, Schweizerische Volkspartei). Sie brachten im Parlament entsprechende Anträge ein. Fachleute erarbeiten zur Zeit ein nationales Krebsprogramm.
Joders Motion verlangt konkrete Massnahmen im Rahmen einer nationalen Krebsbekämpfungs-Politik und die dazu erforderlichen finanziellen Mittel. Bereits 1994 habe die Weltgesundheits-Organisation (WHO) empfohlen, nationale Krebsprogramme zu entwickeln, sagte Joder am Dienstag an einer gemeinsamen Medienkonferenz in Bern.
Ab Mitte der 90er Jahre hätten das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Krebsliga Schweiz begonnen, dies umzusetzen. Dabei hätten sich verschiedene Defizite gezeigt. Ziel seines Vorstosses sei es, diese abzubauen.
Gesetzeslücke schliessen
Gysin fordert in seiner Motion ergänzend dazu eine gesetzliche Grundlage für die Konzept- und Programm-Entwicklung. Stützen soll sich das Gesetz auf Artikel 118 der Bundesverfassung. Danach kommt dem Bund in der Bekämpfung bösartiger Krankheiten eine Führungsrolle zu.
Mit ihren Vorstössen stärken die beiden Politiker der Schweizerischen Vereinigung gegen Krebs (Oncosuisse) den Rücken. Im Auftrag des BAG und der Schweizerischen Sanitätsdirektoren-Konferenz (SDK) erarbeitet die Organisation bis Ende 2004 ein nationales Krebsprogramm. Dieses soll als Grundlage für die Festlegung einer schweizerischen Krebspolitik dienen. Das Programm beinhaltet Zielvorgaben für die Bereiche Prävention, Früherkennung, Behandlung, Beratung und Forschung.
Nationale Koordination fehlt
Krebskrankheiten stellten in der Schweiz das grösste Gesundheitsproblem dar, sagte Nationalrat Franco Cavalli (SP/TI), Präsident der Krebsliga Schweiz. In der Schweiz erkranken nach Schätzungen der Krebsliga jährlich 30’000 Menschen neu an Krebs.
Bei den Männern sind rund ein Drittel, bei den Frauen etwa ein Viertel aller Todesfälle auf Krebserkrankungen zurückzuführen. Insgesamt sterben jährlich fast 17’000 Menschen an dieser Krebs.
30 bis 40 Prozent der Krebserkrankungen liessen sich mit der richtigen Krebspolitik vermeiden, sagte Cavalli. Die Krebsbekämpfung in der Schweiz weise jedoch Schwachstellen auf. Vor allem fehle die nationale Koordination.
Zwar sei mit der Gründung von Oncosuisse 1999 ein erster Schritt in diese Richtung getan worden. Aber dies sei auf private Initiative hin geschehen, und das reiche nicht aus, sagte Cavalli. Der Bund müsse in der Koordination eine entscheidende Rolle spielen. Nur so könne die bestmögliche Bekämpfung von Krebs erreicht werden.
Klage gegen Patent auf Brustkrebs-Gen
Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz hat gleichentags beim Europäischen Patentamt in München Einspruch gegen die Patentierung des Brustkrebs-Gens BRCA1 eerhoben. Die US-Firma Myriad Genetics dürfe nicht ein weltweites Monopol in einem Bereich haben, in welchem viele Frauen Hilfe brauchten.
Patente geben dem Erfinder während einer bestimmten Zeit das ausschliessliche Recht, die Erfindung kommerziell zu nutzen. Diese Regelung mache Sinn für Büroklammern und Kühlschränke, sagte SP-Nationalrätin Simonetta Sommaruga am Dienstag in Bern vor den Medien. Gene könnten nicht erfunden, sondern nur entdeckt werden.
Der Fall des so genannten «Brustkrebs-Gens» BRCA1, für das die US-Firma Myriad Genetics bereits das dritte Patent erhalten hat, erweise sich als besonders problematisch, sagt die SP. Das Patent decke nicht nur die bereits bekannten Anwendungen dieses Gens ab, sondern auch alle noch unbekannten Verwendungen.
Abhängigkeit mit gravierenden Folgen
Damit verfüge eine einzige private Firma über eine weltweite Monopolstellung in einem Bereich, in welchem Tausende von Frauen auf Diagnose und Therapie-Möglichkeiten, Forschung und Entwicklung angewiesen seien. Die gravierenden Folgen dieser Abhängigkeit für den Gesundheitsmarkt und die Patientinnen seien absehbar.
Die Firma Myriad Genetics mit Sitz in Salt Lake City wende ihre durch das Patent erworbenen Monopolrechte konsequent an: Sie erlaube den Labors nur noch die Durchführung bestimmter Brustkrebs-Tests und habe dafür die Lizenzgebühren massiv erhöht.
Dieses Vorgehen sei bisher einzigartig, sagte die Biologin Florianne Koechlin. Noch nie habe eine Firma auf dem Gesundheitsmarkt ihre durch Patente garantierten Monopolrechte derart konsequent angewendet. Sie habe nicht nur Lizenzgebühren eingefordert, sondern alle andern Tests zum Stoppen gebracht.
Monopol tötet Kooperation
Die Zukunft der Krebsbekämpfung stehe auf dem Spiel, sagte Franco Cavalli. Um Fortschritte in der Forschung erzielen zu können, sei die Zusammenarbeit zwischen Tausenden von Mitarbeitenden nötig. Aber «das Monopol tötet die Kooperation».
Die SP kritisiert auch den Bundesrat, welchen sie ohne Erfolg aufgefordert habe, gegen das auch für die Schweiz geltende Patent in München Einspruch zu erheben. Nun sei die Partei selbst beim Europäischen Patentamt vorstellig geworden. Besorgt seien auch Vertreter von Ärzteschaft, Patientinnen und Forschung.
Die SP fordert eine Widerrufung des Patentes. Nebst dem Faktor Monopolisierung legt sie im Einspruch dar, dass das Patent auch aus grundsätzlichen ethischen Überlegungen inakzeptabel sei: Gene seien ein Allgemeingut der Medizin, Entdeckungen seien nicht Erfindungen, und breite Stoffpatente seien wissenschaftlich unhaltbar.
swissinfo und Agenturen
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch