Kein Grounding der Swiss Dairy Food
Das Grounding des grössten Milchverarbeiters der Schweiz ist vorerst abgewendet. Trotz einer Finanzspritze von 160 Mio. Franken von Bund und Banken gehen 530 Stellen verloren.
7000 Bauern können aber die Milch vorerst weiter verkaufen.
Nur dank Bankkrediten von 89 Mio. Franken und rund 70 Mio. Franken Bundeshilfe für die Milchgelder ist ein Konkurs von Swiss Dairy Food (SDF) abgewendet worden.
Im Rahmen des laufenden Nachlassverfahrens soll nun bis im Frühling 2003 der geordnete Abbau des Konzerns organisiert werden.
Betriebsschliessungen
Verlaufen Verkauf und Schliessung der SDF-Teile nach Plan, könnten zwei Drittel der 1600 Stellen erhalten bleiben. Die Milchabfüllanlagen in Gossau (SG) mit 200 Angestellten und in Lausanne mit 100 Angestellten sollen geschlossen werden. Für Lucens (VD) und Thun will SDF Käufer finden. Zudem soll das Sortenkäsegeschäft wie geplant an Emmi verkauft werden.
Das Einverständnis des Sachwalters vorausgesetzt, können mit dem Bankkredit die Milchverarbeitung und der Betrieb während der Dauer der Nachlassstundung bezahlt werden. Die Löhne der Angestellten sind über den Bankkredit abgedeckt.
Bewilligte Kredite
Zur Finanzierung der Nachlassstundung stellen die Banken einen vom zuständigen Sachverwalter bewilligten Kredit von 89 Mio. Franken zur Verfügung. Das Einverständnis des Sachwalters vorausgesetzt, könnten damit die Milchverarbeitung und der Betrieb während der Dauer der Nachlassstundung bezahlt werden.
Ferner ist laut Mitteilung geplant, dass der Bund mindestens vier Fünftel des Milchgeldes für die Monate August und bis und mit 22. September direkt bezahlt. Das entspricht einem Betrag von rund 70 Mio. Franken.
Hilfe für Milchbauern
Der Bund übernimmt vier Fünftel des den 7000 betroffenen Bauern geschuldeten Milchgeldes vom 1. August bis und mit 22. September, was rund 70 Mio. Franken entspricht.
Für einen Bauernhof mit einem durchschnittlichen Milchkontingent hätte der Verlust des Milchgeldes einen Einnahmeverlust von rund 4500 Franken pro Monat bedeutet.
Um Liquiditätsengpässe zu vermeiden, werden die Kantone Bern, Freiburg und Solothurn rund die Hälfte der ausstehenden Direktzahlungen des Bundes frühzeitig Mitte Oktober auszahlen.
Erleichterung
Das überraschende Nachlassverfahren für SDF löste einerseits bei Kantonen und betroffenen Verbänden Bedauern aus. Anderseits zeigten sich alle erleichtert, dass die gefundene Lösung den Weiterbetrieb der Produktion erlaubt.
Dringlicher Bundesbeschluss
Bundesrat Pascal Couchepin kündigte zur Lösung der Krise in der Milchwirtschaft einen dringlichen Bundesbeschluss an. Gemäss der Vorlage, die dem Parlament in der Dezember-Session unterbreitet wird, soll die Branche selber über die Produktionsmenge für die Jahre 2003 und 2004 entscheiden.
Ab 2004/2005 wird die Massnahme erweitert, um eine differenzierte Verwaltung der Mengen nach dem Verarbeitungskanal zu ermöglichen. Der Bundesrat sei auch bereit, den Milchproduzenten einen Kredit von maximal 30 Mio. Franken für sechs Monate für den Lagerabbau zu gewähren.
Kritik von Couchepin
Der Vorstand der Milchproduzenten will den Fonds zum Abbau der Käse und Milchpulverlager mit einem Solidaritätsbeitrag von zwei Rappen pro Kilogramm speisen. Zudem soll die Milchmenge um zwei Prozent gesenkt werden.
Couchepin kritisierte, die Branche habe sich weitgehend geweigert, die vorlaufenden Signale der aktuellen Krise zur Kenntnis zu nehmen.
Verhaltene Zufriedenheit der Bundesratsparteien
Die Bundesratsparteien begrüssen den Entscheid der Landesregierung, den 7000 Lieferanten der Swiss Dairy Food das Milchgeld für zwei Monate zu bezahlen.
CVP-Präsident Philipp Stähelin sagte gegenüber der «Tagesschau» von SF DRS, er bedaure es aber, dass der Bundesrat nicht früher tätig geworden sei und erst jetzt in letzter Sekunde mit einem grossen Kreditbegehren komme. Stähelin kritisierte, dass eine entsprechende CVP-Motion nicht behandelt wurde.
Laut SVP-Präsident Ueli Maurer sind bei SDF eine grosse Reihe Management-Fehler passiert, die jetzt ausgelöffelt werden müssen. Der Bund trage insofern eine Mitverantwortung, indem er zu einem ungünstigen Zeitpunkt die Milchmenge erhöht und damit die Überschüsse vergrössert habe.
SP-Fraktionschefin Hildegard Fässler sagte, dass die SP bereit sei, den betroffenen Bauern mit Bundesgeldern zu helfen. Die Partei verlange aber auf der Gegenseite, dass die Bauern im Zusammenhang mit der Diskussion über die künftige Agrarpolitik Verständnis aufbringen, dass die SP mehr Umweltschutz und keine genveränderten Organismen wolle.
Gemäss FDP-Präsident Gerold Bührer darf sich der Bund nur bei der Rettung der Landwirte einsetzen, nicht aber bei der Rettung der Firma selber. Zuerst müssten die Gründe des Fiaskos von Swiss Dairy Food abgeklärt werden.
swissinfo und Agenturen
1600 Angestellte
14,5 Mio. Fr. Halbjahresverlust
10% Umsatzrückgang
7000 Bauernbetriebe beliefern SDF
SDF ist aus einer Reihe von Fusionen hervorgegangen.
Nach der Fusion zwischen Säntis und Toni stieg SDF vor der Luzerner Emmi zum grössten Schweizer Milchverarbeiter auf.
Im Februar 2002 gaben Emmi und SDF den Verkauf der gesamten Käsesparte von SDF an Emmi bekannt.
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