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Keine Bewegung im Steuerstreit Schweiz-EU

Calmy-Rey (links) und Ferrero-Waldner beharren auf ihren Positionen. Keystone

Bern und Brüssel beharren im Streit um die Steuervergünstigungen gewisser Kantone auf ihren Positionen. Ein Besuch der Schweizer Aussenministerin in Brüssel brachte keine Fortschritte.

Micheline Calmy-Rey und EU-Aussenkommissarin Ferrero-Waldner sprachen nach dem Treffen von der Bedeutung des Themas. Nur die EU sieht aber einen Lösungsbedarf.

Für die EU-Kommission sind die Privilegien, die gewisse Kantone für Unternehmen, die ihre Geschäfte hauptsächlich im Ausland tätigen, nicht vereinbar mit dem bilateralen Freihandelsabkommen.

Bern sieht zwischen dem Abkommen, das den Handel regelt, und den Steuerpraktiken keinen Zusammenhang. Es gebe keine Rechtsgrundlage, das zu regeln, sagte die Schweizer Aussenministerin Calmy-Rey nach ihrem Treffen mit der EU- Aussenkommissarin Benita Ferrero-Waldner in Brüssel.

Ferrero-Waldner ihrerseits sprach von einem «angenehmen und konstruktiven Gespräch», und bezeichnete das Thema als «heikel». Man müsse versuchen, Lösungsmodelle auszudenken, ergänzte sie – ohne zu präzisieren, wie die aussehen könnten.

Auch für Calmy-Rey geht es um eine wichtige politische Frage, wie sie sagte, nämlich um die Steuersouveränität.

Juristische Abklärungen

Ferrero-Waldner unterstrich, Brüssel habe nichts gegen Steuer-Wettbewerb, doch dieser müsse «gerecht und nicht diskriminierend» sein. Umstritten ist im Kern, wie stark die Schweiz in den EU-Binnenmarkt integriert ist und inwiefern sie dadurch die EU-Regeln übernehmen muss.

Wann die EU-Kommission die Unvereinbarkeit formell feststellen will, liess Ferrero-Waldner offen. Sie verwies auf juristische Abklärungen, die im Gange seien, und auf das Treffen des Gemischten Freihandels-Ausschusses, bei dem Mitte Dezember weitere Fragen erörtert werden sollen.

Strommarkt und Galileo

Von Bedeutung ist für die Schweiz weiter, dass die Verhandlungen über die Anpassung des Forschungs- und des MEDIA-Abkommens rasch voran gehen, damit die Schweiz bei den 2007 beginnenden Programmen von Beginn weg mitmachen kann. Auch dies wurde in Brüssel angesprochen.

Beim Treffen vier Tage nach der Schweizer Abstimmung über die Kohäsionsmilliarde ging es zudem um neue bilaterale Themen: die anstehenden Verhandlungen über ein Strommarkt-Abkommen, die Beteiligung am EU-Satelliten-Navigationssystem Galileo und ein mögliches Rahmenabkommen als Dach für alle bilateralen Abkommen.

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Bilaterale Abkommen

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Sitzung zu Darfur begrüsst

Von Brüssel reiste die Aussenministerin nach Helsinki zu einem Treffen mit ihrem finnischen Amtskollegen und amtierenden EU-Ratspräsidenten Erkki Tuomioja. Dort ging es nicht um den Steuerstreit sondern primär um internationale Politik.

Calmy-Rey begrüsste die am Donnerstag angekündigte Sondersitzung des UNO-Menschenrechtsrats zu Darfur. Die drei letzten Treffen hatte der Rat dem Nahostkonflikt gewidmet, was für Kritik sorgte. «Es ist sehr wichtig, dass andere Themen angepackt werden», sagte Calmy-Rey.

Sie unterstrich vor den Medien in Helsinki auch die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit der europäischen Staaten für das gute Funktionieren des Rates.

Tuomioja seinerseits sprach die «aktive und konstruktive» Rolle der Schweiz im Balkan und speziell im Kosovo an. Calmy-Rey hatte sich vor anderthalb Jahren klar für eine «formelle Unabhängigkeit» der serbischen Provinz ausgesprochen.

swissinfo und Agenturen

Steuersätze (Unternehmens-Besteuerung):
Japan 40.7%
USA 40%
Deutschland 38,3%
Schweiz 21,3%
Irland 12,5%
Zypern 10%

Kantonale Steuersätze:
Obwalden 13,1%
Schwyz 15,6%
Zug 16,4%
Zürich 21,3%
Graubünden 29,1%

Bei den Differenzen zwischen der Schweiz und der EU geht es um die Frage, ob vorteilhafte kantonale Steuersätze den Freihandels-Vertrag von 1972 verletzen.

Im September 2005 hatte die EU-Kommission in einem Brief an die Schweiz die Steuerpraktiken in den Kantonen Zug und Schwyz verurteilt.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, hat das Steuersystem dieser Kantone nicht als schädlich befunden.

Seit langem betont die Schweiz , dass der Steuerwettbewerb zwischen den 26 Kantonen gesund sei und ausländische Investoren anlocke.

So hätten tiefe Steuern einigen Kantonen geholfen, besonders Zug und Schwyz, neue Investoren anzuziehen.

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