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Kleine Brauereien: Ideenreich gegen die Grossen

Biobier aus Hanf von "Wädi-Bräu". Keystone

Sie brauen Bier aus Quellwasser, Gerstenmalz und Hopfen, aber auch aus Kastanien, würzigem Hanf und Rheintaler Mais. Sie begeistern mit ihrem Vollmond-Bier Zürichs In-Szene: Die Klein-Brauereien kämpfen mit immer neuen Ideen gegen die Giganten.

Die Innovationen sind nötig, denn die Ideen der «Kleinen» werden laufend kopiert. Abgeguckt werden nicht nur die altmodischen Flaschen mit Bügel-Verschlüssen, die Schriftzüge, die Sujets und Getreidebilder auf den Etiketten, sondern gar Bier-Namen werden abgekupfert.

Wer im Biermarkt mit einer kleinen Brauerei bestehen will, muss laufend neue Produkte auf den Markt bringen. Innert 90 Jahren ist die Zahl der Schweizer Brauereien von rund 600 auf 28 geschrumpft.

Von den 18 Mitgliedern der IG unabhängiger Klein- und Mittelbrauereien sind acht in der Ostschweiz, vier in der Nordwestschweiz, drei im Bernbiet, zwei in der Zentralschweiz und eine im Kanton Zürich angesiedelt.

200 Privatbrauereien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich im Brau-Ring zusammengeschlossen. Von einem unabhängigen Institut werden die Bierkreationen regelmässig geprüft. Ziel ist es, die Qualität hochzuhalten.

Treue Kunden

Traditionsbewusstsein macht Karl Locher von der Appenzeller Brauerei Karl Locher AG als Grund für das Beharrungsvermögen der kleinen, unabhängigen Brauereien aus: «Die Familien haben ihre Betriebe nicht gleich verkauft, auch wenn es einmal nicht so gut ging.»

Markentreue und der Stolz der Kunden auf die eigene Brauerei in der Region gäben den Brauern Mut, weiter zu machen, sagt Locher.

Vorteile haben die Kleinen dank ihrer geringeren Mengen vor allem bei der Lagerung: Platz und Zeit sind enorme Kostenfaktoren. Schon mit dem Vollmondbier landete die Brauerei Locher einen Volltreffer, es wurde das erste In-Bier und überregional ein Renner.

Bier aus Barriques

Naturtrübes Bier, Kastanienbier, Hanfbier und das erste Bio-Bier (zertifiziert mit dem Knospen-Label) folgten. Die Brauerei Locher ist die einzige in Europa, die ihr Bier im Holzfass, in 5’000-Liter-Fässern, zwei bis vier Monate lang ausbaut.

Dieses Verfahren ist sehr aufwändig: Noch immer können die Fässer nur mit Schilf abgedichtet werden und sie müssen von Hand von innen geschrubbt werden. Wer es reinigen will, muss ins Fass hineinkriechen.

Dafür duftets im Lagerraum herrlich und das Bier hat einen vollen Eigengeschmack: Das Holz atmet, Kohlensäure und Sauerstoff werden ausgetauscht.

Keine Abfälle

Ökologisch und nachhaltig Wirtschaften sind für Locher keine leeren Worthülsen. Schon vor Jahren liess er als Erster Gerste und Weizen in der Schweiz anbauen. Werbung wird keine gemacht, man vertraut auf die Propaganda von Mund zu Mund.

Aus der Bierproduktion in Appenzell entstehen keine Abfälle: Biervorlauf, Treber und Hefe werden Rindern verfüttert, die – wie die berühmten Kobe-Rinder in Japan – mit Bier massiert werden. Das Ergebnis sind köstlichste Steaks, zart schmelzend und teuer – und glückliche Rinder.

Innovativ müssen alle Kleinbrauer sein: So braut beispielsweise die Brauerei Sonnenbräu in Rebstein ein Pils, Maisbier aus Rheintaler Mais, naturtrübes, ungefiltertes Zwickelbier, Ice-Beer sowie ein Bier mit Zitronen- und eines mit Blutorangensaft.

swissinfo und Margrith Widmer (sda)

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