Kleine Kredite finanzieren grosse Träume
In Entwicklungsländern verändern Mikrokredite das Leben der Ärmsten. Die Kleinstkredite helfen aber auch Menschen in der Schweiz, ihre Ziele zu verwirklichen.
Eine Gesellschaft mit Sitz in Lausanne bietet angehenden Unternehmern eine Chance, die ihnen Banken verweigern.
Als «Mikrokredit» wird die Unterstützung kleinerer Unternehmen mit Finanzhilfen von meist unter 1000 Franken bezeichnet. Für solche Kredite werden in der Regel keine Sicherheiten verlangt. Vor allem in Entwicklungsländern hat dieses Finanzierungs-Modell vielen Armen ermöglicht, ein eigenes Geschäft aufzubauen.
Das Modell inspirierte den Waadtländer Industriellen Georges Aegler dazu, auch Menschen in der Schweiz finanziell zu unterstützen, die mit ihrem Traum keinen Zugang zu herkömmlichen Geldquellen haben.
Die Organisation von Aegler, die «Association Solidarité et Création d’Entreprises» (Asece) in Lausanne, gewährt Einzelkredite von bis zu 30’000 Franken, ohne dafür Sicherheiten zu fordern. Die Bewerber müssen ihr Bedürfnis jedoch ausführlich begründen und ein Gremium von ihren Erfolgschancen überzeugen.
Nur jedem zehnten Interessenten wird ein Kredit gewährt, was laut Asece auf den strengen Selektionsprozess zurückzuführen ist. Die Zinssätze sind tief – zwischen 4 und 5% – und die Schuldner haben bis zu fünf Jahre Zeit, den Kredit zurückzubezahlen.
Seit ihrer Gründung 1998 hat die Asece Menschen beim Aufbau ihres eigenen Geschäfts mit insgesamt 1,3 Mio. Franken unterstützt. Sie finanzierte rund 70 Projekte, durch die fast 200 neue Stellen geschaffen wurden. Fast die Hälfte der Projekteingaben stammen von Arbeitslosen. Das Modell generiert jährlich über 20 Mio. Franken.
Träume werden wahr
Dominique Coispine ist ein Mikrounternehmer, der Glück hatte. Als diplomierter Chefkoch wollte er ein eigenes Restaurant eröffnen. Für die Finanzierung seines Traums wandte er sich zunächst an konventionelle Geldinstitute.
«Wenn du an Geld denkst, kommen dir Banken in den Sinn. Es lohnt sich jedoch nicht, dort anzuklopfen. Sie werden dir keines geben. Vor allem wenn du eine Familie mit drei Kindern, kein Geld und keinen Besitz hast», sagt Coispine gegenüber swissinfo.
Nachdem mehrere Banken sein Finanzierungs-Gesuch abgelehnt hatten, hörte Coispine von der Asece. Daraufhin sprach er bei Aegler und dessen Team vor. Sie interessierten sich für sein Projekt und ermutigten ihn, dranzubleiben, wie Coispine weiter sagt.
«Sie sind Menschen, die dir zuhören, nicht wie bei den Banken. Georges Aegler sagte, auch wenn es vielleicht nicht klappen würde, sollten wir es wagen.»
Asece gewährte Coispine schliesslich einen Kredit von 28’000 Franken. Damit konnte er vor drei Jahren die «Auberge Communale» in Léchelles, einem Dorf in der Nähe von Freiburg, übernehmen.
Die Herberge gehört zwar der Gemeinde, aber Coispine und seine Familie leben dort und bewirtschaften das Anwesen, zu dem ein Bistro, ein Restaurant und der Gemeindesaal gehören.
«Die Herberge ist das Herz des Dorfes. Wir wollten an einem Ort wie Léchelles arbeiten, wo wir uns für die Gemeinschaft engagieren und beispielsweise Jobs schaffen können, was uns auch gelungen ist», sagte Coispine.
Er und seine Frau hatten sich zum Ziel gesetzt, ein eigenes Auskommen zu finden, das ihnen genügend Zeit für die Familie lässt.
Innert drei Jahren hat das Ehepaar das Geld, das es für den Aufbau des Restaurantbetriebs aufgenommen hat, schon fast zurückbezahlt. Heute beschäftigen die beiden vier Angestellte, davon hat auch ihr Familienleben profitiert.
Frisch zubereitet
Theoretisch arbeiten die Coispines fünf Tage in der Woche. Es gebe aber auch viel zu tun, wenn das Restaurant geschlossen ist.
«Wir machen alles selber – wir backen unser eigenes Brot, in unserer Küche werden Sie weder gefrorene noch konservierte Lebensmittel finden. Das Fleisch wird immer frisch geliefert. Genauso wichtig ist für uns aber auch, zwei Tage mit den Kindern verbringen zu können», betont Coispine.
Im kürzlich renovierten Esssaal haben 20 Leute Platz. Freitag- und samstagabends ist er meist komplett ausgebucht. Vor allem während der Woche haben sie viele Gäste aus der Region. An Wochenenden kommen auch immer mehr Gourmets aus der ganzen Westschweiz nach Léchelles.
«Wir haben zwar unsere Stammgäste, ich biete aber keine Spezialitäten an. Kürzlich kochte ich einen Coq-au-Vin, weil mir gerade zwei Hähnchen geliefert worden waren. Ihr Anblick inspirierte mich, dieses Gericht zu kochen», erklärte Coispine.
swissinfo, Faryal Mirza
(Übertragung aus dem Englischen: Nicole Aeby)
1998 gründete der pensionierte Industrielle, Georges Aegler, in Lausanne die»Association Solidarité et Création d’Entreprises» (Asece).
Sie gewährt angehenden Unternehmern Kredite ohne Garantieforderungen für Projekte, deren Finanzierung von herkömmlichen Banken abgelehnt worden war.
Die Projekte müssen jedoch Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg haben und der Prüfung von Finanzexperten Stand halten können.
Die Asece vergibt Kredite von bis zu 30’000 Franken, die innert fünf Jahren zurückbezahlt werden müssen.
Bis heute hat die Asece 70 Projekte mit insgesamt 1,3 Mio. Franken unterstützt. Nur sechs davon sind gescheitert.
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