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Klima und Armut: untrennbare Herausforderungen

Thomas Kern/swissinfo.ch

Klimaschutz und die Verminderung von Armut sind Herausforderungen, denen sich die ganze Welt stellen muss. Dafür muss die Kooperation zwischen Nord und Süd gestärkt werden, betonte die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit.

Es ist eine alte Geschichte, die sich wiederholt: Der Wohlstand der Reichen lastet auf dem Rücken der Armen.

Eine Beziehung, die sich auch im Bereich des Klimas wiederfindet: Unter den Folgen der globalen Erwärmung, grösstenteils verursacht durch die Industrieländer, leiden besonders die Regionen des Südens.

Armutsbekämpfung und Klimaschutz müssten daher zusammen angegangen werden, erklärte Deza-Direktor Martin Dahinden an der Jahreskonferenz in Zürich.

«Klimaschutz und Armutsbekämpfung schliessen sich nicht aus. Sie gehören zusammen.» Am Treffen nahmen auch verschiedene internationale Experten teil.

Wälder in Flammen

Der peruanische Umweltminister Antonio Brack zeigte ein Beispiel aus seinem Land: «Für die Armen, die auf der Suche nach bebaubarem Land sind, hat der Regenweld am Amazonas keinen Wert. Das Resultat ist die Abholzung.»

Die Verbrennung dieser Wälder, erklärte Brack, verursache 60% der CO2-Emissionen in der Region und 6% weltweit. «Ich bin nicht nach Zürich gekommen, um Hilfe zu erbeten, aber um daran zu erinnern, dass der Schutz der Vegetation unseres Landes einen Beitrag zur Stabilität des weltweiten Klimas leisten kann. Er ist im Interesse aller.»

Wenn man also die Wälder schützen wolle, sei es nötig, diese rentabel zu machen, betonte der Experte für Biodiversität. Beispielsweise, indem jene Aktivitäten gefördert würden, die respektvoll mit der Umwelt umgingen.

Gemeinsam vorgehen

Gegenüber einem weltweiten Problem sei es unerlässlich, global vorzugehen, betonte Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard.

«Nachhaltige Entwicklungs-, Klima- und Handelspolitik ist in einer immer komplexeren Welt nur noch mit einer interdisziplinären Vorgehensweise erfolgreich.»

Regierungen, Privatwirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft müssten zusammenarbeiten, betonte Leuthard. Eine entscheidende Rolle spiele dabei die Privatwirtschaft.

Laut der Weltbank sind zusätzliche Investitionen von rund 200 Milliarden Dollar nötig, um in Schwellen- und Entwicklungsländern ein umweltverträgliches Wachstum zu unterstützen. Eine Summe, die zur Verfügung zu stellen die internationale Gemeinschaft allein nicht in der Lage sei, betonte Leuthard.

«Es ist daher nötig, Mechanismen zu schaffen, die den privaten Sektor mit einbeziehen. Ein gutes Beispiel ist der Austausch von Emissions-Zertifikaten.» Mit diesem Instrument können Unternehmen, die ihren Schadstoff-Ausstoss vermindern, nicht ausgeschöpfte Rechte als Zertifikate verkaufen.

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Deza

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) ist die Agentur für internationale Zusammenarbeit im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Sie ist Teil der Schweizer Behörden (Verwaltung) und zuständig für die Gesamtkoordination der Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit mit andern Bundesämtern sowie für die humanitäre Hilfe der Schweiz.

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Jetzt handeln

Die schweizerische Entwicklungs-Zusammenarbeit trägt laut Deza-Chef Dahinden besonders durch einen klimafreundlichen Technologietransfer und die Förderung von erneuerbaren Energien zum Klimaschutz bei.

In den Bereichen Wasserkraft, Solarenergie und Geothermie wie auch in der Förderung des biologischen Landbaus hat sich die Schweiz viel Wissen angeeignet. Aber das reicht noch nicht.

«Es fehlt noch an einer soliden Verknüpfung zwischen dem, was wir über das Klima wissen und dem politischen Willen, dieses Wissen auch einzusetzen», sagte Youba Sokona, Generalsekretär des «Observatoire du Sahara et du Sahel», zweier Regionen, die besonders von der Klimaerwärmung betroffen sind.

Man dürfe auch nicht vergessen, dass unsere Gesellschaften im Umbruch seien, erklärte Sokona gegenüber swissinfo.ch. «Es braucht eine Vision, die anders ist als unser derzeitiges Verhalten.»

Robert Watson, wissenschaftlicher Chefberater des Umweltministeriums in Grossbritannien, gab zu bedenken, dass die Welt nicht länger warten könne: «Wenn wir in der Lage sein wollen, die Weltbevölkerung zu ernähren und Trinkwasser zu garantieren, müssen wir jetzt handeln.»

CO2 muss kosten

Ausser der Förderung von erneuerbaren Energien und dem Vollzug einer langfristigen internationalen Politik schlägt der ehemalige Präsident des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) vor: «CO2 muss etwas kosten.»

Ein Vorschlag, den auch die Eidgenossenschaft für vertretbar hält, wie Bundesrätin Leuthard betonte. «Die Regierungen müssen der Wirtschaft einen Regulierungsrahmen geben, in welchem das ‹Klima› als öffentliches Gut geschützt wird; beispielsweise durch den Anreiz, weniger CO2 auszustossen, indem CO2 einen Preis hat.»

Im Energiesektor heisse das beispielsweise: «Eine zielführende Gestaltung der Tarifpolitik und spezifische Anreiz-Systeme, damit erneuerbare Energien erschlossen und die bereits vorhandene Energie sparsamer genutzt werden.»

Die kommende Klimakonferenz der Vereinten Nationen im Dezember in Kopenhagen wird zeigen, ob die Welt bereit ist, den vielen Worten schliesslich auch Taten folgen zu lassen.

Luigi Jorio, Zürich, swissinfo.ch
(Übertragen aus dem Italienischen: Christian Raaflaub, swissinfo.ch)

Unter den 22 Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die beim Komitee für Entwicklungshilfe dabei sind, liegt die Schweiz auf Platz 12.

2007 hat Bern 1,7 Mrd. Dollar (0,37% des Bruttoinlandprodukts) für die Unterstützung der ärmsten Länder eingesetzt, 2008 waren es 2,2 Mrd. Dollar (0,41% des BIP).

Wie viele andere Länder liegt die Schweiz damit noch weit hinter den Millenniumszielen der UNO, die von den Industriestaaten mindestens 0,7% des BIP als Ausgaben für Entwicklungshilfe erwartet.

Mit Prozentsätzen von 0,8 bis 1% führend in diesem Bereich sind die nordischen Länder sowie Luxemburg und die Niederlande.

In absoluten Zahlen am meisten ausgegeben haben: USA (26 Mrd. Dollar), Deutschland (13,9), Grossbritannien (11,4) und Frankreich (10,9).

Mit einem Prozentsatz von lediglich 0,18% des BIP sind die USA allerdings das Schlusslicht der 22 Länder.

2008 haben die 22 Staaten zusammen 120 Mrd. Dollar (+10,2%) für Entwicklungs-Zusammenarbeit ausgegeben, so viel wie noch nie.

In den letzten Monaten haben zahlreiche Akteure dieses Sektors jedoch Ängste geäussert, dass die Hilfe wegen der weltweiten Finanzkrise nachlassen könnte.

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