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Köpferollen bei der Zürcher Kantonalbank

Hans Vögeli übernimmt die Verantwortung für Fehler bei Handelsgeschäften mit Sulzer-Aktien. Keystone Archive

Hans Vögeli, der Chef der Zürcher Kantonalbank (ZKB) zieht die Konsequenzen aus der "Sulzer-Affäre": Er tritt per Ende Mai zurück. Per sofort den Hut nehmen muss der Leiter Handel und Kapitalmarkt.

Vögeli war ins Schussfeuer der Kritik geraten, weil die ZKB Investoren bei der Übernahme eines grossen Aktienpaketes von Sulzer unterstützt hatte – und dies als Hausbank von Sulzer.

Vögeli war in die Kritik geraten, weil die Zürcher Staatsbank dem russischen Milliardär Viktor Vekselberg und der österreichischen Beteiligungsfirma Victory von Ronny Pecik und Georg Stumpf Schützenhilfe bei dem Aufbau einer Beteiligung an Sulzer geleistet hatte – und dies als Hausbank des Sulzer-Konzerns.

Die Transaktionen bei Sulzer seien entgegen seinen ausdrücklichen Weisungen erfolgt, sagte Vögeli am Montag vor den Medien in Zürich. Er bedaure die Entwicklung und ziehe daraus die formelle Konsequenz.

Aus Fehlern gelernt

Vögeli und Bankratspräsident Urs Oberholzer waren bedacht darauf, darzulegen, dass die ZKB aus ihrer undurchsichtigen Rolle beim Einstieg der neuen Grossaktionären Vekselberg und Pecik bei Sulzer gelernt hat.

Inzwischen seien die Kontrollmechanismen verschärft worden. Und die ZKB gelobte, künftig mehr Zurückhaltung bei den wenig transparenten Optionsgeschäften walten zu lassen. So will sie bei feindlichen Übernahmen nicht mehr mithelfen.

Investoren blieben im Dunkeln

Die ZKB habe «nur am Optionshandel und nicht als kreditgewährendes Institut» teilgenommen, betonte Vögeli. Im übrigen seien die Gegenpartei ausnahmslos Banken gewesen. Er verwehrte sich dagegen, dass hinter den Banken Investoren wie Vekselberg zu erkennen gewesen seien.

Der Umfang und das Tempo, wie die neuen Sulzer-Grossaktionäre am 20. April ihr 32-Prozent-Paket an Sulzer geschnürt hätten, «war auch für uns überraschend», räumte Vögeli ein.

Vögeli wollte die ZKB dabei aber als wenig treibend verstanden wissen: Von den rund 80 Optionen, die von neun Banken am Laufen gewesen seien, habe die ZKB lediglich eine offen gehabt.

Laufende Untersuchungen

Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass Gesetze verletzt worden seien, sagte Vögeli. Er räumte aber einen «Reputationsschaden» ein. Die Bank sei finanziell nicht zu Schaden gekommen.

Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) untersucht derzeit, ob Meldepflichten missachtet worden sind. Weitere Angaben machte Sprecherin Eveline Oehrli nicht.

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EBK

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) wurde ursprünglich als Aufsichtsorgan über den Bankensektor eingerichtet. Im Lauf der Zeit wurde ihr Tätigkeitsfeld ausgedehnt auf Banken, Wertschriftenhändler und Fondsmanager betreffend Geldwäscherei. Die EBK ist zwar nicht Teil der Bundesverwaltung, ist jedoch im Finanzdepartement integriert.

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Nachfolger bereit

Vögeli wollte ursprünglich erst auf Ende Jahr in Pension gehen. Sein Nachfolger steht aber bereit: Martin Scholl, der auf Anfang 2008 den Chefposten bei der grössten Schweizer Kantonalbank hätte übernehmen sollen, tritt nun das Amt am 1. Juni an und damit sieben Monate früher als geplant.

Vögeli legt auf den gleichen Zeitpunkt auch seine Funktionen im Verwaltungsrat des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken, im Vorstand des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse sowie im Verwaltungsrat des Schweizerischen Bankiervereinigung nieder.

Weiterer Abgang

Die ZKB trennt sich im Weiteren von Markus Hofmann, dem Leiter der Abteilung Handel und Kapitalmarkt. Er muss die Bank per sofort verlassen, wie das Bankpräsidium entschied.

Der Investment- und Private-Banking-Chef Hans Fischer hat seinen Posten wegen der Sulzer-Affäre bereits geräumt.

swissinfo und Agenturen

Nach Saurer und Oerlikon steht mit Sulzer ein weiterer Schweizer Traditionskonzern im Visier ausländischer Investoren. Und wieder ist die österreichische Victory mit von der Partie.

Victory hat, zusammen mit dem russischen Milliardär Viktor Vekselberg, 32% der Sulzer-Aktien erworben, wie sie am 21. April bekanntgab.

Nach und nach kam ans Licht, dass ausgerechnet die Hausbank von Sulzer, die Zürcher Kantonalbank, die ausländischen Raider beim Kauf der Sulzer-Aktien tatkräftig unterstützt hatte.

Bereits letzten Freitag musste in diesem Zusammenhang ZKB-Investment- und Private-Banking-Chef Hans Fischer seinen Rücktritt erklären.

Nebst der Kritik am Verhalten der ZKB hat der Einstieg von Victory und Vekselberg bei Sulzer einmal mehr Fragen nach den Schweizer Meldepflichten aufgeworfen.

Heute kann ein Käufer unbekannt bleiben, wenn er maximal 4,99% einer Firma gekauft hat. Weitere 4,99% können inkognito als Optionen erworben werden.

Ausserdem können Käufer ohne Meldepflicht eine unbegrenzte Anzahl von Barauszahlungs-Optionen an einer Firma erwerben. Diese Bestimmungen will das Parlament noch in diesem Jahr verschärfen.

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