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Kranke bezahlen mehr Franchise und Selbstbehalt

Der Bundesrat hofft, mit seinem Massnahmenpaket die Gesundheits-Kosten senken zu können. Keystone Archive

Die Minimum-Franchise in der Krankenversicherung steigt ab 2004 von 230 auf 300 Franken. Der Selbstbehalt klettert um 100 auf 700 Franken.

Mit einer gleichzeitigen Reduktion der Prämienrabatte auf Wahlfranchisen möchte der Bundesrat die Krankenkassen-Prämien um 3,2% entlasten.

Mit der stärkeren Kostenbeteiligung der Kranken möchte der Bundesrat die Anreize für kostenbewussteres Verhalten stärken. Die obligatorische Franchise war vom Bundesrat letztmals auf den 1. Januar 1998 von 150 auf 230 Franken erhöht worden.

«Nur 5 Franken mehr…»

«Mit einer Franchise von 300 Franken zahlt man nur 5 Franken mehr pro Monat», sagt Sozialminister Pascal Couchepin. 45% der Erwachsenen haben eine Franchise von 230 Franken gewählt.

Statt wie ursprünglich geplant auf 700 erhöht der Bundesrat den Selbstbehalt nur auf 600 Franken. Die Heraufsetzung belaste nur jene, die pro Jahr zwischen 6000 und 7000 Franken für Krankheitskosten ausgäben. Für Kinder beträgt der Selbstbehalt weiter die Hälfte, also 350 Franken.

Der Selbstbehalt sei seit zwölf Jahren nicht mehr angepasst worden, rief die Regierung in Erinnerung. Die beschlossenen Massnahmen dürften laut Bundesrat die Prämien um 1,2% entlasten.

Höhere Franchisen unter Druck

Weitere 2% der Prämien will der Bundesrat bei tieferen Prämienrabatten bei den gewählten höheren Franchisen hereinholen. Diese werden vor allem von Gesunden und Gutsituierten gewählt, um die Prämien tiefer zu halten.

Der Bundesrat hält an diesen Massnahmen fest, trotz den Warnungen, damit die kostendämpfenden Wahlfranchisen unattraktiv zu machen.

Künftig beträgt der Rabatt für Erwachsene bei der tiefsten Wahlfranchise von 400 Franken nur noch 3 statt 8%. Bei der höchsten Franchise von 1500 Franken sind es 30 statt 40%. Für die Kinder hingegen, bei denen es weiterhin keine obligatorische Franchise gibt, werden die prozentualen Rabatte leicht erhöht.

Zu hohe Rabatte

Der Bundesrat senkt auch die frankenmässige Obergrenze der Rabatte. Neu beträgt sie nur noch 80 statt 100% des mit der Wahlfranchise zusätzlich übernommenen Risikos. Bei einer Franchise von 400 Franken macht der maximale Rabatt nun statt 170 noch 80 Franken aus, bei einer Franchise von 1500 Franken statt 1270 noch 960 Franken.

Zu hohe Rabatte führen laut Couchepin auch dazu, dass die Kassen mehr an Einnahmen verlieren als sie einsparen können. Dies wiederum erhöhe das Prämienniveau, unter dem dann vor allem die Versicherten mit der Grundfranchise zu leiden hätten. Der Bundesrat will hier mehr Solidarität.

Weitere Massnahmen

Neben der höheren Kostenbeteiligung bringt das Reformpaket auch Massnahmen gegen Missbräuche bei Laboruntersuchungen, einen einheitlichen Satz für die Reserven der Krankenkassen, mehr Transparenz für die Versicherten und Erleichterungen beim Versicherungswechsel.

Gemischte Reaktionen

Unterstützung findet Couchepin damit jedoch nur bei seiner eigenen Partei, der FDP. Die beschlossenen Änderungen seien ein erster Schritt in Richtung mehr Eigenverantwortung der Patienten und zur Bekämpfung der Prämienexplosion, sagte FDP-Generalsekretär Guido Schommer.

Die SP und der Schweizerische Gewerkschaftsbund stufen das Reformpaket dagegen als unsozial ein, weil die niedrigen Einkommen und die Kranken bestraft würden. «Pascal Couchepin erfindet die Solidarität neu: Die besitzlosen Kranken unterstützen die reichen Gesunden», sagte SP-Sprecher Jean-Philippe Jeannerat.

Auch die CVP und die SVP lassen am Reformpaket kein gutes Haar. Sie kritisieren einhellig, dass die Erhöhung der Grundfranchise und des Selbstbehalts bei gleichzeitiger Senkung der Prämienrabatte einander zuwider liefen.

Nach Ansicht des Verbandes der Krankenversicherer santésuisse werden sich die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen kaum auf die Prämiensteigerung auswirken. Der Krankenkassendachverband befürchtet eine Erhöhung im selben Rahmen wie 2003 (10%).

swissinfo und Agenturen

Die Grundfranchise steigt ab 1. 1. 04 von 230 auf 300 Franken.
Die Prämienrabatte bei den Wahlfranchisen werden gesenkt.
Der Bundesrat erhofft sich dadurch 3,2% niedrigere Krankenkassen-Prämien bereits ab 2004.

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