Krankenkassen: Geringerer Prämienanstieg 2007
Die Krankenkassenprämien steigen in der Schweiz nächstes Jahr durchschnittlich um 2,2 Prozent. Das ist die geringste Verteuerung seit zehn Jahren.
Gesundheitsminister Pascal Couchepin will erreichen, dass sich die Prämien jährlich nicht um mehr als 3 Prozent erhöhen.
Die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) neu veröffentlichten Zahlen zeigen, dass der durchschnittliche Prämienanstieg von 2,2% für das Jahr 2007 unter den von Bundesrat Pascal Couchepin früher vorausgesagten 3% liegt. 2006 stiegen die Prämien noch um 5,6%.
Uneinheitliche Entwicklung
Am grössten ist der Prämienanstieg in der Kategorie der Erwachsenen ab 26 Jahren. Sie müssen 2007 im landesweiten Schnitt um 2,2% höhere Prämien berappen als im Jahr zuvor. Einen leicht geringeren Anstieg müssen die jungen Erwachsenen verschmerzen: Bei ihnen beträgt die Zunahme 2,1%.
Am geringsten ist der Prämienzuwachs bei den Kindern. Bei ihnen ist die obligatorische Krankenversicherung nächstes Jahr im Mittel 1,7% teurer.
Kantonal fallen die Aufschläge sehr unterschiedlich aus. Besonders Genf fällt aus dem Rahmen: Hier sinken die Prämien nächstes Jahr sogar.
Andere Kantone weisen demgegenüber überdurchschnittlich hohe Prämienerhöhungen auf. Am schlechtesten fährt Appenzell-Innerrhoden mit einem Anstieg bei den Erwachsenen von 4,8%.
Mindestreserven und Ausschluss der Komplementärmedizin
Grund für die gebremste Kostenentwicklung sind unter anderem die tieferen Mindestreserven, welche die Kassen ab 2007 aufweisen dürfen. Dies ermöglicht es ihnen, einen Teil der bisherigen Reserven zur Abfederung der Prämien einzusetzen.
Positiv wirkt sich auch die Entwicklung der Gesundheitskosten aus, bei denen im ersten Halbjahr 2006 ein Rückgang um 0,2% resultierte. Auch der Ausschluss der Komplementärmedizin aus der Grundversicherung führte zu einer gebremsten Entwicklung der Prämien.
Couchepin für Kompetenz-Zentren
Bundesrat Pascal Couchepin will erreichen, dass sich die Krankenkassenprämien jährlich um nicht mehr als 3% erhöhen. Der Gesundheitsminister schlägt deshalb zwei oder drei Kompetenzzentren für schwere Krankheiten vor.
Diese Zentren sollen Personen behandeln, die an Krebs, Aids oder Diabetes erkrankt sind und sich einer sehr teuren Behandlung unterziehen müssen, wie Couchepin in einem Interview mit dem Westschweizer Nachrichtenmagazin «L’Hebdo» sagte.
Damit könnten Synergien erzeugt, eine bessere Behandlungsqualität und Kosteneinsparungen erreicht werden.
Couchepin propagiert im Interview auch die im Ständerat vorgeschlagene Schaffung einer individuellen Altersvorsorge, einer Säule 3c. Diese könnte von den 58 bis 80-Jährigen alimentiert und auf 200’000 Franken pro Person beschränkt werden. Das Geld soll zur Deckung der Pflegekosten verwendet werden.
Dreht sich die Kostenspirale weiter?
Für die Schweizerische Patientenorganisation (SPO) verfälschen die Krankenkassenprämien für das Jahr 2007 das Bild der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen.
Die Kostenspirale drehe sich weiter, auch wenn nun Reserven aufgelöst würden. Deshalb rechnet die SPO im Folgejahr mit massiveren Prämienerhöhungen.
Der Krankenversicherungs-Verband santésuisse warnte bereits Mitte September die Politiker davor, nun die Hände in den Schoss zu legen. Der Effekt der Reserven auf die Prämien sei einmalig und führe daher kurzfristig zu einer trügerischen Situation. Auch bei den Kosten sei die Trendwende noch keineswegs geschafft.
swissinfo und Agenturen
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santésuisse
Anstieg der Krankenkassenprämien 2007: 2,2%.
Es ist die schwächste Erhöhung seit Einführung des Krankenversicherungs-Gesetzes (KVG) 1996.
Durchschnittlicher jährlicher Prämienanstieg zwischen 1996 und 2007: +5,57%.
Gesamthafter prozentualer Anstieg zwischen 1996 und 2007: +80,90%.
Seit 1996 das Krankenversicherungs-Gesetz (KVG) in Kraft ist, muss sich jede in der Schweiz wohnhafte Person obligatorisch bei einer Krankenkasse für die Krankenpflege versichern.
Die Kassen werden privatwirtschaftlich geführt. Die Versicherten sind in der Wahl des Krankenversicherers frei. Dieser muss einen Versicherten annehmen, unabhängig von dessen Alter und Gesundheitszustand.
Die Tarife sind je nach Kanton und Kasse unterschiedlich hoch.
Eines der Prinzipien der Krankenversicherungen ist das der Solidarität: Eine ältere Kranke Person zahlt die gleiche Prämie wie eine junge, die bei guter Gesundheit ist.
Der Selbstbehalt beträgt in der Regel 10%. Das heisst, jeder muss von den Kosten, die in einem Jahr die Franchise übersteigen, 10% selber bezahlen.
Der Selbstbehalt beträgt pro Jahr jedoch maximal 700 Fr.
Jeder Versicherte muss die Gesundheitskosten in einem Jahr bis zur Franchise selber bezahlen.
Die Mindestfranchise beträgt 300 Fr. Man zahlt also mindestens die ersten 300 Fr. pro Jahr selber, bevor die Obligatorische Krankenversicherung (OKV) mit Ausnahme des Selbstbehalts den Rest bezahlt.
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