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Marcel Ospel: Hoch gestiegen und tief gefallen

Er tritt als einsamer Mann von der Spitze der Grossbank UBS ab: Verwaltungsrats-Präsident Marcel Ospel. Keystone

Er brachte der UBS erst Milliardengewinne, dann Milliardenverluste: Marcel Ospel. Die Bank kaut so schwer an der Hypothekenkrise, dass Ospel selber zur - zu grossen - Hypothek wurde.

40 Milliarden Franken sind in den Sand gesetzt, und kein Ende in Sicht. Die US-Kreditkrise droht die UBS zu erdrücken.

Ohne Kapitalerhöhung schafft die Nummer 1 der Schweizer Banken die Kurve nicht mehr.

Schon Ende letzten Jahres mussten 19 Mrd. Franken an neuen Mitteln eingeschossen werden, darunter 11 Milliarden eines Staatsfonds aus Singapur. Drei Monate später sind schon wieder Milliarden fällig, 15 an der Zahl.

Schlimm genug, wenn eine Bank Geld verliert. Noch schlimmer aber ist, wenn eine Bank das Vertrauen verliert. Nachdem erst die Anlagestiftung Ethos genaue Informationen zum Debakel verlangte, kam zuletzt auch Kritik aus der Branche selber.

Hypothek auch für Finanzplatz

Ein Fiasko für den ganzen Finanzplatz, sagte der Doyen der Schweizer Privatbankiers, Hans Vontobel. “Hochpeinlich” befand der frühere Bankgesellschaft-Manager Ulrich Grete. “Finger weg von Dingen, die man nicht versteht”, so der Genfer Privatbankier Nicolas Pictet.

Der Mann, der das Debakel zu verantworten hat, ist Marcel Ospel. Noch 2006 liess sich der 58-jährige Basler die Milliardengewinne der UBS mit einem Jahressalär von über 26 Mio. Franken vergolden.

Jetzt endet sein verflixtes siebtes Jahr an der Spitze des UBS-Verwaltungsrats im Schlamassel. Der 23. April ist sein letzter Tag als Boss der UBS.

“Marcel Ospel war massgeblich am Aufbau und Erfolg der UBS beteiligt”, sagt Martin Spieler, Chefredaktor der “Handelszeitung”. “Seine grosse Tragik ist aber, dass er den rechtzeitigen Abgang verpasst hat.”

Zu lange habe Ospel versucht, die Krise auszusitzen. Jetzt habe er einsehen müssen, dass er nicht Teil der Lösung des Problems sei, sondern Teil des Problems.

“Er, der sehr viel für die UBS geleistet hat, wurde zuletzt selber zu einer Hypothek für die Bank”, bringt es Spieler gegenüber swissinfo auf den Punkt.

Hohe Risiken für hohe Renditen

Den Aufstieg an die Weltspitze verdankt die UBS zu grossen Teilen Ospel und seinem “guten Bauchgefühl für gute Geschäfte”, wie Spieler charakterisiert. Der Basler habe die Rentabilität und vor allem die Eigenkapitalrendite der Bank über die Jahre immer weiter nach oben geschraubt.

Auf der Verdienstseite Ospels steht ferner die gute globale Präsenz der Bank, namentlich auch auf dem asiatischen Markt.

Ospels Verhängnis aber liege darin, dass er auch als Verwaltungsrats-Präsident “immer noch Börsenhändler und Investmentbanker geblieben war”, sagt der Bankenkenner. Auf der gnadenlosen Jagd nach der höchsten Eigenkapitalrendite ging Ospels UBS hohe Risiken ein. Wie andere auch.

Die meisten Konkurrenten aber stiegen früher aus. “Die UBS blieb zu lange auf der Party”, urteilt Spieler. Zurück bleibt ein böser, weil milliardenschwerer Kater. Jetzt brummen die Schädel der Aktionäre. Und Marcel Ospel kann sich über sein ruiniertes Karrierenende den Kopf zerbrechen.

Jetzt Trommler

Zum Thema Kater: Immerhin bleibt Ospel jetzt mehr Zeit für die Basler Fasnacht, denn er ist seit Jahren ein “Revoluzzer”. So heisst seine Clique, bei der er die Trommel führt.

Dennoch hält Martin Spieler den bekennenden Fasnächtler Ospel nicht für volksnah. “In den letzten Jahren hat er sich immer stärker zurückgezogen, es wurde immer schwieriger, an ihn heranzukommen.”

Nicht zuletzt dieser Rückzug habe auch zu seinem Scheitern beigetragen. “Ospel hatte das Vertrauen von Mitarbeitern, Aktionären und Öffentlichkeit nicht mehr und konnte die Botschaften nicht mehr hinüberbringen”, sagt Spieler.

Ospels Abgang verlieh dem angekratzten (Anleger-)Vertrauen Flügel: Innert weniger Stunden legte die UBS-Aktie um über zehn Prozent zu.

swissinfo, Renat Künzi

Er wird 1950 in einfachen Verhältnissen in Basel geboren.

Beim Schweizerischen Bankverein absolviert er eine kaufmännische Lehre. Mit Ausnahme von drei Jahren bleibt er dem SBV treu.

1987 bis 1990 ist er beim SBV für den Wertschriftenhandel verantwortlich.

1990 schafft er den Sprung in die Geschäftsleitung.

Von 1996 bis 1998 ist er Präsident der SBV-Konzernleitung.

Ospel ist Architekt der Fusion des SBV mit der Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG) 1998 zur UBS.

Bis 2001 ist er CEO der neuen UBS, seither Verwaltungsrats-Präsident. Er tritt am 23. April 2008 zurück.

Im Zuge des Swissair-Groundings vom Herbst 2001 gerät Ospel stark unter Druck. Der Vorwurf: Das Grounding hätte verhindert werden können, wenn der UBS-Boss an diesem Tag erreichbar gewesen und rechtzeitig Geld auf die leeren Swissair-Konten geflossen wäre.

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