Mattel nimmt Kindern Spielzeug aus den Händen
Die US-Firma Mattel zieht Millionen von in China produzierten Spielsachen vom Markt zurück. Diese Massnahme gilt auch für die Schweiz, wo ungefähr 100'000 Artikel betroffen sind.
Um dem Verkauf gefährlicher Produkte besser entgegentreten zu können, verlangt die Stiftung für Konsumentenschutz die Teilnahme der Schweiz am europäischen Alarmierungssystem Rapex.
Die gegen 100’000 von der Mattel AG in der Schweiz per aus dem Verkauf genommenen Produkte gehören den Bereichen «Cars Sarge», «Doggie Day Care», «Polly Pocket» und «Barbie & Hund Tanner» an.
Während die Farbe des «Sarge»-Fahrzeugs einen zu hohen Bleigehalt aufweist, enthalten die anderen Produkte kleine Magnetteile, die sich herauslösen und von kleinen Kindern verschluckt werden könnten.
Die Spielsachen wurden ab dem Jahr 2003 bis zum Januar dieses Jahres produziert.
Mindestens ein Kind ist in den USA seit 2003 gestorben, nachdem es einen Magneten verschluckt hatte. 19 weitere Kinder mussten sich Notoperationen unterziehen.
Sicherheit «höchste Priorität»
Mattel-CEO Robert Eckerts Erklärung für den Rückzug: «Die Sicherheit der Kinder hat unsere höchste Priorität. Wir entschuldigen uns bei allen Betroffenen.»
Das Unternehmen appelliert an die Eltern, diese Spielzeuge aus der Reichweite von Kindern zu entfernen und Kontakt zu Mattel aufzunehmen. Angesichts intensiverer Kontrollen kann Eckert weitere Rückrufe nicht ausschliessen.
EU-Normen gelten nicht für die Schweiz
Andreas Tschöpe von der Stiftung für Konsumentenschutz sagt gegenüber swissinfo, dass in der Schweiz solche Rückrufe nicht sehr verbreitet seien.
«Firmen sind in der Schweiz nicht verpflichtet, gefährliche Nicht-Lebensmittel (Non-Food) -Produkte zurückzurufen. Zudem haben die Behörden keine Möglichkeit zu intervenieren, wie das in der Europäischen Union möglich ist», erklärt Tschöpe.
«Das bedeutet, dass solche Produkte Tage, Wochen oder sogar Monate nach einem [von der EU herausgegebenen] Rapex-Alarm in der Schweiz auf dem Markt bleiben», sagt Tschöpe.
Denn Non-Food-Produkte, die vom europäischen Schnellwarnsystem Rapex als gefährlich eingestuft wurden, gelten in der Schweiz oft als nicht gefährlich. Bei einer Rapex-Beteiligung der Schweiz könnten im Falle einer Gefahr zusammen mit der EU schnell, koordiniert und flächendeckend Massnahmen ergriffen werden.
Der Konsumentenschützer: «Hier ist man der Ansicht, dass der Markt sich selbst regulieren kann, während in der Europäischen Union Normen eine Notwendigkeit sind.»
Industrie wehrt sich
Anstrengungen um das Schweizerische Recht jenem der europäischen Nachbarn anzugleichen, sind bisher langsam verlaufen. «Es ist zwar ein Vorschlag auf dem Tisch, aber die Industrie wehrt sich», so Tschöpe.
Im Mai hatte der Bundesrat eine Gesetzesrevision in Auftrag gegeben, um die allgemeinen Bestimmungen zur Produktesicherheit zu überarbeiten. Doch der Beitritt zu Rapex sowie die Regelung der Sicherheit von Dienstleistungen sind darin nicht eingeschlossen.
Im Juni forderte deshalb die sozialdemokratische Neuenburger Ständerätin Gisèle Ory in einer Motion den Beitritt der Schweiz zu Rapex. Doch der Ständerat lehnte ihren Vorstoss ab.
swissinfo und Agenturen
Am 2. August rief der zur Mattel AG gehörende Spielzeughersteller Fischer-Price fast 1,5 Million in China hergestellte Spielwaren zurück, da deren Farbe zu viel Blei enthält.
Der neueste Mattel-Rückruf, zwei Wochen später, betrifft weltweit 18,2 Mio. Spielwaren, die Magneten oder magnetische Teile enthalten, welche von den kleinen Kindern geschluckt werden könnten.
Auch rund 430’000 druckgegossene Pixar «Sarge» Spielzeugautos mit bleihaltiger Farbe wurden zurückgerufen.
In der Schweiz wurden gegen 100’000 Spielwaren vom Markt zurückgezogen.
Rapex ist ein europäisches Schnellwarnsystem für gefährliche Produkte, die keine Lebensmittel sind. Damit werden Informationen über gefundene gefährliche Produkte rasch an alle Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission weitergeleitet.
Ist ein Produkt gefährlich, trifft die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaates geeignete Gegenmassnahmen: das Produkt vom Markt nehmen, eine Rückrufaktion veranlassen oder das Aussprechen von Warnungen.
Weiter wird die Europäische Kommission informiert, welche die Informationen an die nationalen Kontaktstellen aller anderen EU-Länder weitergibt.
Im Internet werden Wochenübersichten über gefährliche Produkte und die eingeleiteten Massnahmen zur Beseitigung der Risiken veröffentlicht.
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