Mehr Nachhaltigkeit für Kaffeebranche
Der Schweizer Nahrungsmittel-Konzern Nestlé hat zusammen mit drei internationalen Konzernen einen Kaffee-Kodex entwickelt, um die Bedingungen in der Produktion zu verbessern.
Der Kodex gibt Standards für Anbau, Verarbeitung und Handel vor.
Die internationale Kaffeebranche will die Arbeits- und Lebensbedingungen der weltweit 25 Mio. Kaffeebauern verbessern. Erstmals ist ein Verhaltenskodex entwickelt worden, der soziale, ökologische und wirtschaftliche Standards für Anbau, Verarbeitung und Handel von Rohkaffee vorgibt.
Reaktion auf Verbraucherklagen und Umweltorganisation
Damit reagieren die Konzerne auf die Klagen von Verbraucher- und Umweltorganisationen. Diese werfen der Branche vor, die Kaffeebohnen-Pflanzer mit tiefen Preisen und schlechten Arbeitsbedingungen auszubeuten. Dies in einem von Überproduktion gekennzeichneten Weltmarkt.
Der freiwillig anzuwendende «Common Code for the Coffee Community» (CCCC) wurde am Freitag in Hamburg vorgestellt. Noch ist der Zeitpunkt der Unterzeichnung nicht klar.
Es handelt sich um eine Initiative zur tiefgreifenden Änderung der Strukturen innerhalb einer globalen Branche. Sie folgt freiwilligen Beispielen anderer Branchen, zum Beispiel der Bekleidungs-, Sportartikel oder Diamanten-Industrien.
Streitpunkt Gentechnik: Greenpeace zieht sich zurück
Internationale Kaffeekonzerne und Röster wie Nestlé, die deutsche Tchibo sowie die US-Firmen Kraft und Sara Lee beteiligen sich an der Umsetzung des Kodex. Greenpeace hingegen hat seine Mitarbeit aufgekündigt, da die Kaffeekonzerne nicht auf Patente für Kaffeepflanzen und Gentechnik verzichten wollten.
«Gentechnik hat nichts im Kaffeeanbau verloren», kommentiert Greenpeace-Sprecher Andreas Bernstorff den Ausstieg gegenüber swissinfo. Es sei schade, dass die Kaffee-Branche, in der Nestlé eine sehr wichtige Rolle spielt, sich nicht zu dieser Haltung durchringen konnte, die einen wirklich ökologischen Anbau von Kaffee ermöglicht hätte.
«Der Kodex enthält zwar einige positive Ansätze. In dieser entscheidenden Frage geht er allerdings zu wenig weit. Wenn genmanipulierte Pflanzen freigesetzt werden, sind die Risiken für die Umwelt nicht kalkulierbar.»
Kodex-Unterzeichung: Eher auf mittlere Frist
Auf Produzentenseite sind Brasilien, Vietnam, Kenia, Kolumbien, Indonesien und die wichtigsten zentralamerikanischen Hersteller am CCCC beteiligt.
«Noch gibt es den Kodex als solchen nicht», präzisiert Nestlé-Sprecher François-Xavier Perroud gegenüber swissinfo. «Wir befinden uns erst im Vorstadium. Bezüglich der wichtigsten Prinzipien sind die verschiedenen Partner vorerst übereingekommen.»
Doch jetzt müssten sie, so Perroud, erst getestet werden. Laut dem Nestlé-Sprecher werde es noch länger als einige Monate dauern, bis der CCCC verwirklicht werde.
Tiefster Kaffeepreis seit 30 Jahren
Ein auf dem CCCC aufbauendes Gütesiegel soll es nicht geben, auch wenn der künftig «nachhaltig» produzierte Kaffee nach Angaben der Branche auf den Massenmarkt mit einem Anteil von 97% abzielt.
Die am Weltmarkt miteinander konkurrierenden Konzerne wollen über die Umsetzung des Kodex ihre eigenen Marken stärken, sagt Annemieke Wijn vom Deutschen Kaffeeverband.
«Der Kaffeesektor steckt in einer gravierenden Krise», begründet die parlamentarische Staatssekretärin im deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Uschi Eid, den Vorstoss, der aus Deutschland kommt.
Sie verweist auf den Preiszerfall für Rohkaffee auf das mittlerweile niedrigste Niveau seit 30 Jahren. Der niedrige Weltmarktpreis decke nicht einmal mehr die Produktionskosten, sagt Eid. Infolgedessen nehme die Qualität des Kaffees ab.
Überproduktion wird kurzfristig bleiben
Welchen Effekt der Kodex auf die Endverbraucherpreise haben werde, liesse sich noch nicht vorhersagen, sagen Vertreter des europäischen und brasilianischen Kaffee-Verbandes. Eine kurzfristige Reduktion der Überproduktion sei nicht durchzusetzen, hiess es.
Der Kodex listet in verschiedenen Kategorien die angestrebten Standards auf, wie beispielsweise Mindestlöhne für Saisonarbeiter, die Einführung von Arbeitsverträgen und geregelten Arbeitszeiten, das Recht von Kindern auf Bildung sowie Umweltschutzvorgaben.
Auch wenn der Kodex verwirklicht wird, so Perroud, werde der Kaffeepreis für die Verbraucher deshalb kaum steigen. Denn der Kaffeeverbrauch in den Konsumentenländern bleibe stabil.
Nur der Verbrauch in den Schwellenländern könne wachsen. Und dort sei eine Hochpreispolitik ohnehin nicht angebracht.
swissinfo und Agenturen
Die vier grössten Kaffeekonzerne haben sich auf die Grundprinzipien eines Verhaltens-Kodex geeinigt.
Er umfasst Minimumlöhne, Aufhebung der Kinderarbeit und einen Stopp beim Einsatz von giftigen Pestiziden.
Der Kodex basiert auf ähnlichen Initiativen in anderen globalen Branchen wie der Bekleidungs-, Sportartikel- oder der Diamanten-Industrie.
Rund 25 Mio. Bauern in 70 Entwicklungsländern hängen von der Kaffeeproduktion ab.
Die Verbrauchermärkte bewegen sich in der Höhe von rund 44 Mrd. Franken pro Jahr.
Brasilien ist mit 30% Marktanteil der grösste Kaffeeproduzent. Vietnam ist die Nummer 2.
1997 war der Rohkaffee-Preis so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Dann verursachten Vietnams Verzehnfachung der Produktion und Brasiliens Erholung von den Missernten ein riesiges Überangebot.
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