Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Mehr Selbstkontrolle für die Schweizer Chemie

Gefahrensymbole und Warnhinweise lösen die alten Giftklassenangaben ab. Keystone

Im August tritt in ein neues Chemikalienrecht in Kraft. Es soll Mensch und Umwelt vor Giften schützen und zugleich den Chemiemarkt liberalisieren.

Trotz der strengeren Auflagen begrüsst die Industrie das europakonforme Gesetz, weil es ihr zugleich auch einen freieren Handel ermöglicht.

Ab 1. August braucht die Schweizer Chemie für die meisten ihrer Produkte keine Zulassung mehr. Gleichzeitig sollen die Konsumentinnen und Konsumenten durch neue Warnhinweise besser geschützt werden.

Mit dem neuen Regelwerk passt die Schweiz ihre Gesetzgebung weitgehend an die EU an. Es umfasst das vom Parlament verabschiedete Chemikaliengesetz sowie eine Reihe von Verordnungen, die der Bundesrat am Mittwoch nach einem Vernehmlassungs-Verfahren in Kraft gesetzt hat.

Das Chemikalienrecht löst das heutige Giftgesetz ab. Von der neuen Regelung des Handels und Verkaufs von Chemikalien erhofft sich der Bundesrat eine grössere Vielfalt und letztlich auch tiefere Preise.

Gefahrensymbole statt Giftklassen

Den Konsumenten bringt die Änderung ein transparenteres Kennzeichnungs-System. Statt Giftklassen müssen auf Verpackungen und Etiketten künftig direktere Warnsymbole angebracht werden.

Es handelt sich dabei um orangefarbene Zeichnungen, die beispielsweise vor Giften, vor leichter Entzündbarkeit oder vor Reizungen warnen. Die neuen Kennzeichen müssen nach einer zweijährigen Übergangsfrist per August 2008 obligatorisch eingeführt werden.

Selbst- statt Staatskontrolle

Die Industrie dagegen profitiert von Handelserleichterungen. Für mehr als 90% aller Chemikalien fällt die Zulassungspflicht weg, erklärte Eva Reinhard vom Bundesamt für Gesundheit (BAG).

Die Hersteller und Importeure können ihre Produkte künftig selbst beurteilen und gemäss den vorgegebenen Kriterien einstufen und kennzeichnen. Das erleichtert ihnen nicht nur den administrativen Aufwand. Nach Einschätzung der zuständigen Bundesstellen dürfte die Liberalisierung zudem Preissenkungen und vielfältigere Angebote mit sich bringen.

Striktere Normen

Im Einklang mit der EU werden dagegen die Vorschriften für neue chemische Produkte sowie für Biozide und Pflanzenschutzmittel verschärft. Eine Reihe von Produkten werden gänzlich verboten.

Beim Autobau sowie in Elektrogeräten dürfen beispielsweise gefährliche Stoffe wie Blei, Cadmium oder Quecksilber nicht mehr verwendet werden. Das Verbot von Phosphat in Waschmitteln – eine Schweizer Eigenheit – bleibt bestehen, obwohl die EU nicht so weit geht.

Der Umweltschutz werde mit dem neuen Recht verbessert, sagte Andreas Weber vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL).

Der Vollzug der Gesetze und Verordnungen wird einfacher. Bund und Kantone teilen sich die Aufgaben künftig. Die Beurteilung und Zulassung ist Sache des Bundes, die Kantone werden die auf dem Markt erhältlichen Produkte kontrollieren.

Zufriedene Chemische

Rund 60% aller Exporte chemischer Produkte gehen in die EU und 85% aller Importe stammen aus der Union. Die Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) begrüsst daher das neue an die EU-Gesetzgebung angeglichene Chemikalienrecht, wie sie in einem Communiqué mitteilt.

Diese Angleichung vereinfache den Handelsverkehr mit der EU, der wichtigsten Handelspartnerin der Schweiz.

swissinfo und Agenturen

Auf dem Schweizer Markt gibt es rund 100’000 chemische Produkte.

Am 1. August 2005 treten das neue Chemikalienrecht und die total revidierte Verordnung für Pflanzenschutzmittel in Kraft.

Sie lösen das dreissig Jahre alte Giftgesetz ab.

Beide sind mit dem geltenden EG-Recht harmonisiert und führen daher zu Erleichterungen für die Wirtschaft.

Trotz der Liberalisierung des Handels biete das neue Recht weiterhin ein hohes Schutzniveau für Mensch und Umwelt, wie die zuständigen Bundesbehörden erklären.

Zudem entspreche es dem technischen Fortschritt besser als das bisherige Giftgesetz.

Die Schweizer Chemie ist praktisch ausschliesslich im Bereich der Spezialitätenchemie tätig.

Sie erzielte 2003 einen weltweiten Umsatz von rund 101 Mrd. Franken.

Die Umsätze verteilen sich fast gleichgewichtig auf Europa und Amerika mit je einem Anteil von etwa 40%, der Rest fällt vorwiegend auf Asien.

Neben den bekannten Grossfirmen umfasst die Branche gegen 1000 kleinere und mittlere Betriebe.

95% aller Betriebe beschäftigen weniger als 250 Personen. Nur 9 Betriebe weisen einen Personalbestand von mehr als 1000 Mitarbeitern auf.

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft