Merz verknüpft Steuerabkommen mit UBS-Klagen
Bundespräsident Hans-Rudolf Merz hält ein neues Doppelbesteuerungs-Abkommen mit den USA nur für realisierbar, wenn die US-Behörden die Gerichtsfälle gegen die UBS zurückziehen. Das sagte Merz dem amerikanischen Finanzminister Timothy Geithner in Washington.
Merz traf seinen amerikanischen Amtskollegen am Rande des Jahrestreffens der Bretton-Woods-Institutionen. Nach dem Treffen sagte Merz, er habe Geithner ersucht, dafür zu sorgen, dass die Gerichtsklagen zurückgezogen werden, wenn die Schweiz ein neues Abkommen unterzeichne.
In den Klagen der amerikanischen Steuerbehörde IRS und des Justizministeriums wird von der UBS die Herausgabe der Daten von 52’000 Konten möglicher Steuerhinterzieher gefordert.
Wenn die Klagen nicht zurückgezogen würden, könne er sich nicht vorstellen, dass das Parlament und im Falle eines Referendums das Volk einem neuen Doppelbesteuerungs-Abkommen zustimmen würden. «Das muss die amerikanische Seite wissen», sagte der Bundespräsident.
Geithner sagte laut Merz, er wolle den Vorschlag prüfen und verstehe die Situation der Schweiz.
Die Verhandlungen über das neue Abkommen beginnen am 28. April in Bern. Dabei soll die von der Schweiz Mitte März beschlossene Lockerung des Bankgeheimnisses umgesetzt werden.
«Ich bin optimistisch. Die gegenseitigen Interessen zwischen der Schweiz und den USA sind gross», sagte Merz gegenüber swissinfo. Dadurch, dass die Schweiz nun bereit sei, Artikel 26 des Musterabkommens der OECD vollumfänglich integrieren wolle, sei ein neues Abkommen mit den USA gut möglich.
Auf die Dauer der Verhandlungen angesprochen sagte der Bundespräsident, einer der Teilnehmer auf der amerikanischen Seite habe von einer oder zwei Wochen gesprochen. Dies sei illusorisch. Allerdings gehe es auch nicht darum, etwas künstlich hinauszuzögern.
Treffen mit Angel Gurria
Spontan traf Merz am Rande des Jahrestreffens auch OECD-Generalsekretär Angel Gurria. Er habe noch einmal dargelegt, dass die Schweiz nicht akzeptiere, dass eine Organisation Beschlüsse treffe und betroffene Mitglieder nicht darüber informiere. Merz habe «Klartext» geredet und für kommende Woche einen Brief in Aussicht gestellt, auf den er Antwort erwarte, sagte Roland Meier, Sprecher des Eidgenössischen Finanzdepartements.
Zusammen mit Wirtschaftsministerin Doris Leuthard und dem Präsidenten des Direktoriums der Schweizer Nationalbank, Jean Pierre Roth, zeigte sich Merz zufrieden mit den Ergebnissen der Tagung. An dieser wurde beschlossen, dass der IWF zusätzlich bis zu 750 Milliarden Dollar erhalten soll.
In seiner Stellungnahme im Internationalen Währungs- und Finanzausschuss (IMFC) des IWF bekräftigte Merz die Bereitschaft der Schweiz, eine zeitlich befristete Kreditlinie von zehn Milliarden Dollar an die Aufstockung der Mittel zu gewähren. Er wies dabei auf die Notwendigkeit einer gerechten Lastenteilung bei der Finanzierung des Währungsfonds hin.
Starke Stellung behalten
Bisher nimmt die Schweiz als Nummer 14 im IWF eine starke Stellung ein. Diese könnte unter Druck kommen, wenn der IWF 2011 die Länderbeiträge diskutiert.
Merz sprach sich gegen eine Neujustierung der Einflussstrukturen im IWF aus. Diskutiert wurde insbesondere eine bessere Vertretung der Schwellenländer in den IWF-Gremien. Die letzte Anpassung sei noch nicht abgeschlossen, und ausserdem hätten einige Länder ihre Beiträge noch nicht bezahlt.
Die Schweiz werde nicht auf den Sitz im IWF-Exekutivrat verzichten.Ohne den Beitrag hätte sie ihre Verhandlungsposition erheblich geschwächt, sagte Merz.
Am Rande einer Deflation
Der Bundespräsident sagte zudem, dass er die am IWF-Gipfel geäusserten Aussichten für die globale Wirtschaft teile. Zwar sei man noch nicht in der Talsohle angelangt, der Abschwung verlaufe aber langsamer. Auf eine Wende zum Besseren wird im Verlauf des nächsten Jahres gehofft.
So wie sich die globale Lage präsentiere, sehe es auch in der Schweiz aus. Sie stehe im Vergleich zu Nachbarländern – im Besonderen Deutschland – aber etwas besser da, sagte Roth. Die Schweiz sei zwar am Rande einer Deflation, versuche dieser aber entgegen zu wirken.
swissinfo, Marie-Christine Bonzom, Washington und Agenturen
Der IWF und die Weltbank gehören zu den sog. Bretton-Woods-Institutionen, die 1944 am Ende des Zweiten Weltkriegs auf Initiative der USA geschaffen wurden.
Der IWF soll mit Krediten vorübergehende Zahlungsbilanz-Krisen von Mitgliedländern auffangen. Später hat sich die Rolle des IWF geändert.
Weil Industrieländer nicht mehr in Zahlungsbilanzkrisen gerieten, engagiert sich der IWF seit den Achtzigerjahren immer mehr in Schwellenländern, vor allem in Lateinamerika.
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