Milchbauern protestieren vor Emmi-Sitz
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Hunderte von Milchbauern aus der ganzen Schweiz sind am Mittwoch vor dem Hauptsitz des Milchverarbeiters Emmi in Luzern aufmarschiert.
Sie sind nicht bereit, die von Emmi mit einer Produzenten-Delegation ausgehandelte Milchpreis-Senkung von 2,7 Rappen pro Kilo hinzunehmen.
Die angekündigte Senkung des Preises durch den landesweit grössten Milchverarbeiter Emmi bedeute für einen durchschnittlichen Milchwirtschaftsbetrieb eine Lohnkürzung um 10%, kritisieren die Bauern.
Sie fordern Emmi auf, auf den Entscheid zurückzukommen. Die Kundgebung in Luzern begann um sieben Uhr früh.
Rund 500 bis 600 Bauern aus der ganzen Schweiz nahmen daran teil, wie die Organisatoren bekannt gaben. Die Aktion sei sehr friedlich verlaufen.
Unterstützt wurde die Kundgebung auch vom Schweizerischen Bauernverband (SBV). Emmi sieht aber keine Veranlassung, auf den Entscheid zurückzukommen, wie Sprecher Stephan Wehrle sagte.
Preisdiktat seitens des Verarbeiters?
Mit ihrem Protest ging es den Bauern darum, klar zu machen, dass sie nicht bereit sind, die von Emmi angekündigte Milchpreis-Senkung um 2,7 Rappen pro Kilogramm Milch stillschweigend hinzunehmen.
Denn sie bedeute für einen durchschnittlichen Milchwirtschaftsbetrieb, dass der Arbeitsverdienst pro Jahr um mehr als einen Monatslohn sinken würde. Die Bauern gaben auch ihrer Verärgerung Ausdruck darüber, dass die Preissenkung nicht das Ergebnis von fairen Verhandlungen, sondern des Preisdiktats der Molkereien und Grossverteiler sei.
Druck der Grossverteiler und Detailhändler
Emmi als Leader auf Verarbeiterstufe und die anderen bäuerliche Molkereien hätten dem Druck der Grossverteiler in unverständlicher Weise nachgegeben und würden so mithelfen, Milch und Milchprodukte zunehmend in verantwortungsloser Art zu verramschen, begründen die Bauern ihren Protest.
Die Landwirte haben Emmi und die anderen Molkereien aufgefordert, den ruinösen Preiskampf im Detailhandel nicht länger mitzuspielen und diesen Druck leichtfertig auf die Milchproduzenten zu überwälzen.
Die Molkereien müssten dem Preisdruck entgegenhalten und unverzüglich nach geeigneten Zusammenarbeits-Formen suchen. Denn es gebe in der Schweiz zu viele Molkereien, die sich den gleichen Markt streitig machten.
Emmi soll zudem die Milchpreis-Verhandlungsdelegation einladen und auf den Preisentscheid zurückkommen, verlangen die Bauern.
Die Milchproduzenten seien zwar bereit, den Stützungsabbau mitzutragen. Milchpreis-Senkungen als Folge von Marktversagen würden aber klar abgelehnt.
Bauernverband fordert mehr Fairness
SBV-Vizepräsident Josef Dissler sagte, dass die Milchpreissenkungen im angekündigte Ausmass die wirtschaftliche Situation der Milchproduzenten weiter massiv verschlechtern würden.
Der SBV forderte von den Verarbeitungs- und Handelsunternehmen partnerschaftliches Verhalten und Fairness. Emmi müsse eine für die Milchproduzenten akzeptable Lösung vorschlagen.
Emmi beruft sich auf Verhandlungen
Emmi hingegen meint, die Preissenkung sei eine Folge von monatelangen Verhandlungen, bei denen am vergangenen Donnerstag mit der Verhandlungsdelegation, die ein gesamtschweizerisches Mandat gehabt habe, ein Konsens erreicht worden sei.
Die Verhandlungsdelegation habe mit einer Mehrheit von 85% ihr Einverständnis für die Preissenkung gegeben, so Emmi. Die Protestaktion sei aber trotzdem nicht unerwartet gekommen. Es liege in der Natur der Sache, dass eine Partei, die mit dem Ergebnis nicht zufrieden sei, reagiere.
Dies sei legitim und demokratisch. «Wir sind aber überzeugt, dass ein grosser Teil der Milchproduzenten hinter dem Ergebnis steht», sagte Emmi-Sprecher Stephan Wehrle.
swissinfo und Agenturen
In den Jahren 2003 und 2004 zahlte Emmi durchschnittlich 74,45 Rappen für ein Kilo Milch.
Der führende Milchverarbeiter des Landes möchte nun den Preis auf 71,75 Rappen senken.
Dies hätte eine Einkommensverminderung für die Milchproduzenten von 10% zur Folge.
Die Anzahl der Milchproduzenten fiel von 1995/6 rund 44’360 auf 2003/04 noch 33’072.
Auch die Anzahl Kühe verringerte sich im gleichen Zeitraum von 615’500 auf 587’400.
Die durchschnittliche Einlieferung von Milch pro Kuh betrug 2000/01 rund 4994 kg, 2003/04 rund 5230 kg.
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