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Milliardenverlust und Massenentlassungen bei der UBS

Keystone

Die UBS ist noch lange nicht aus dem Schneider: Im 1. Quartal 2009 schrieb sie erneut einen Verlust von 2 Mrd. Franken, der Netto-Geldabfluss beträgt rund 23 Mrd. Franken. Der neue Konzernchef Oswald Grübel will 8700 Stellen streichen – allein in der Schweiz 2500.

Die Schweizer Grossbank geht davon aus, dass die Anzahl der Mitarbeitenden bis 2010 auf rund 67’500 fallen wird. Das entspricht einem Abbau von 8700 Stellen oder 11,4 Prozent des gesamten Personalbestands. Ende März beschäftigte die UBS noch 76’200 Personen.

Damit strich die Bank bereits mehr Stellen als geplant. Noch unter Ex-CEO Marcel Rohner hatte sie beschlossen, die Zahl der 81’557 Beschäftigten (Ende 2007) bis Ende 2009 auf 76’500 zu senken.

Auf dem Heimmarkt Schweiz sollen nun weitere 2500 Stellen wegfallen, wie die UBS am Mittwoch vor Beginn der Generalversammlung in Zürich ankündigte. Dabei komme es voraussichtlich zu 1200 bis 1500 Entlassungen, erklärte UBS-Konzernchef Oswald Grübel. Damit sind in der Schweiz rund 10 Prozent der UBS-Angestellten vom Stellenbabbau betroffen.

Die Grossbank nutze die natürliche Fluktuation. Es bestehe ein Sozialplan, hiess es. UBS-Sprecher Christoph Meier betonte, die UBS habe zuerst bei den Sachkosten gespart und Budgetkürzungen vorgenommen. Auch würden Lohnnebenleistungen gestrichen, die über dem Branchendurchschnitt lägen. Dies betreffe vor allem die Direktionskader.

Bis Ende 2010 will die UBS Einsparungen von 3,5 bis 4 Mrd. Fr. erzielen. Denn die Ergebnisse seien nach wie vor unbefriedigend, wird Grübel zitiert. Die Krise sei noch nicht überwunden. Die verwalteten Vermögen hätten stark abgenommen, die Margen sänken, und die gesamte Finanzindustrie schrumpfe.

Hoher Preis für Managerfehler

Der Angestelltenverband KV Schweiz bedauert den Stellenabbau. Das Personal bezahle «einen hohen und bitteren Preis für die Fehler der früheren Konzernspitze». Immerhin versuche die UBS, «den Abbau-Schock» abzufedern, etwa über Pensenreduktionen, Job-Sharing und unbezahlte Ferien.

Die Arbeitnehmer-Organisation appelliert zudem an die Bank, in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu investieren. Im Vergleich zu den bisherigen Abschreibern wegen fauler Kredite in den USA seien die Kosten dafür bescheiden.

In der Tat kam es auch im ersten Quartal zu weiteren Abschreibern: Für Verluste von 3,9 Mrd. Fr. sorgten illiquide Risikopositionen, Rückstellungen für Kreditrisiken sowie Preisanpassungen auf den letzten Positionen, die an die Schweizerische Nationalbank (SNB) abgegeben werden konnten.

Weiterer Geldabfluss

Unter dem Strich musste die UBS erneut einen Geldabfluss verkraften. Im Segment der weltweiten Vermögensverwaltung (Wealth Management & Swiss Banking) belief sich der Netto-Geldabfluss auf rund 23 Mrd. Franken.

Besonders nachdem bekannt wurde, dass die UBS rund 250 Kundendaten an die US-Behörden wegen Verdachts auf Steuerbetrugs übermitteln musste, sei es zu Abflüssen gekommen. Die amerikanische Vermögensverwaltung (Wealth Management Amercias) verzeichnete dagegen Netto-Neugeldzuflüsse von rund 16 Mrd. Franken.

Die Kernkapitalquote der UBS beträgt noch ungefähr 10 Prozent. Die neue Führung wisse, wo sie ansetzen müsse, erklärt Grübel. «Der Weg zurück zum Erfolg wird lang sein, und wir dürfen keine kurzfristigen Befreiungsschläge erwarten, sondern werden Schritt um Schritt konsequent und diszipliniert vorwärts gehen.»

Die UBS werde sich aus «risikoreichen und aus wenig Erfolg versprechenden Geschäftsfeldern» zurückziehen und sich verkleinern. Auch in Zukunft werde die UBS aber eine globale Bank sein, die als Kerngeschäft die internationale Vermögensverwaltung und auch das Schweizer Geschäft betreibe und dort eine führende Position einnehmen wolle.

Dazu brauche die UBS professionelle Dienstleistungen im Investmentbanking und in der institutionellen Vermögensverwaltung (Asset Management). Analysten spekulieren immer wieder, die UBS könnte sich von diesen Bereichen trennen.

Villiger will Vertrauen zurückholen

Für den designierten Präsidenten des UBS-Verwaltungsrates, alt Bundesrat Kaspar Villiger, stellt die Wiedergewinnung des verlorenen Vertrauens die wichtigste Aufgabe dar. Dies brauche viel Arbeit und Beharrlichkeit.

Die Vertrauenskrise habe nicht zuletzt auch hausgemachte Gründe. «Der Kunde und nicht der Bonus müssen wieder im Zentrum stehen.» Die UBS wolle auch darauf hinarbeiten, die Steuerzahler wieder aus der Haftung zu entlassen, so Villiger weiter.

Villiger soll an der GV zum Nachfolger von Peter Kurer gewählt werden. Zudem sind drei weitere Wechsel im Verwaltungsrat geplant: Nicht mehr zur Wiederwahl antreten werden auch Ex-Serono-Chef und Alinghi-Segler Ernesto Bertarelli, die Genfer Anwältin und Professorin Gabrielle Kaufmann-Kohler und der Chef des Handelskonzerns DKSH, Jörg Wolle.

Sie sollen ersetzt werden durch ABB-Finanzchef Michel Demaré, die ehemalige Swiss-Re-Finanzchefin Ann Godbehere und den Risikochef der Versicherung Zurich, Axel Lehmann. Bereits im vergangenen Herbst waren vier von zwölf Verwaltungsräten der UBS ersetzt worden.

Der neuerliche Milliarden-Verlust der UBS im ersten Quartal hat die Anleger verschreckt. Die UBS-Aktien eröffneten am Mittwoch um 7,3 Prozent tiefer auf 12.30 Franken. Das Ergebnis sei «eine Riesenenttäuschung», sagte ein Händler. Nach unerwartet guten Zahlen von Goldman Sachs und Wells Fargo sei bei der UBS zumindest ein ausgeglichenes Resultat erwartet worden.

swissinfo und Agenturen

Bis 2010 soll der weltweite Personalbestand von derzeit rund 76’200 Beschäftigten auf etwa 67’500 Mitarbeitende gesenkt werden. Das entspricht einem Abbau von 8’700 Stellen oder 11,4 Prozent des Personalbestands.

Ende 2007 waren bei der UBS noch 81’557 Personen beschäftigt.

In der Schweiz gehen rund 2500 Stellen verloren, wie UBS-Sprecher Christoph Meier sagte. Damit sind in der Schweiz rund 10 Prozent der UBS-Angestellten vom Stellenbabbau betroffen.

Demnach gibt es hierzulande voraussichtlich 1200 bis 1500 Entlassungen.

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