Multis geben sich ein humanes Antlitz
In New York ist der "Global-Compact"-Gipfel mit Spitzenleuten aus Wirtschaft, Politik und Nichtregierungs-Organisationen zu Ende gegangen. Die Schweiz wertet das Treffen als Erfolg.
Umwelt- und Menschenrechts-Organisationen kritisieren die Unverbindlichkeit der vereinbarten Ziele.
UNO-Generalsekretär Kofi Annan begrüsste in New York knapp 500 Wirtschaftsbosse zum «Global Compact Leaders Summit», darunter die Chefs von BP, Shell, Novartis und RWE. Auch Nichtregierungs-Organisationen wie Amnesty International, Oxfam und WWF waren vertreten.
Das mittlerweile weltumspannende Projekt Global Compact wurde 1999 von Kofi Annan lanciert. Hinter verschlossenen Türen wurde nun am Donnerstag am Sitz der Vereinten Nationen (UNO) erstmals eine Zwischenbilanz gezogen und diskutiert, wie die Privatwirtschaft neun Prinzipien der Menschenrechte, des Arbeitsrechtes und des Umweltschutzes in ihrem geschäftlichen Alltag umsetzen kann.
Am Gipfeltreffen wurde zudem ein neues, zehntes Prinzip eingeführt. Es behandelt erstmals den Kampf gegen Korruption, ein Thema, das laut Experten bisher tabu war.
Die Global-Compact-Initiative der UNO will die teilnehmenden Unternehmen dazu anregen, sich in der Gesellschaft in sozialer und ökologischer Hinsicht verantwortungsvoll zu verhalten.
Kritik an der fehlender Kontrolle
Wie sich die Firmen an die freiwillig unterzeichneten Regeln halten, wird anhand von «Integritäts-Massnahmen» gemessen. So dürfen die Unternehmen weder das UNO- noch das Global Compact-Logo zu eigenen Zwecken missbrauchen.
In einem jährlichen Bericht haben die Firmen zu beschreiben, was sie zur Umsetzung der Prinzipien unternommen haben. Ist die «gute Absicht» eines Unternehmens, die Prinzipien umzusetzen, nicht klar ersichtlich, kann es von der Mitgliederliste gestrichen werden. Die Verantwortung für die Einhaltung der Prinzipien liegt dabei auf oberster Unternehmensstufe beim CEO.
Kritiker, besonders Menschenrechts- und Umweltorganisationen, werfen dem Projekt vor, dass Unternehmen den Global Compact dazu benützen würden, ihr Image durch die Assoziation mit der Uno zu polieren.
Privatwirtschaft in der Pflicht
Serge Chappatte, Vizechef der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) zeigte sich erfreut über das Engagement der Wirtschaftsführer für die Umsetzung der Menschenrechtsprinzipien in ihrem Geschäftsgebahren.
Damit die UNO-Millenniumsziele erreicht werden könnten, müsse dringend auch die Privatwirtschaft ihre Verantwortung wahrnehmen, sagte Chappatte von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).
Unter den Teilnehmern befanden sich hochrangige CEOs wie Novartis-Chef Daniel Vasella. «Wir wissen, dass wir nicht perfekt sind», sagte Vasella beim Treffen. «Deshalb müssen wir uns immer wieder fragen, was wir besser machen können.»
Kein Ersatz für verbindliche Regeln
«Grundsätzlich begrüssen wir die Initiative der UNO, doch das ganze bleibt unbefriedigend. Die unverbindlichen Zielsetzungen dürfen nicht dazu führen, dass verbindliche Richtlinien zur Verantwortung der Privatwirtschaft gegenüber Menschen und Umwelt gebremst werden», heisst es etwa bei Amnesty International Schweiz.
Strikte Regeln und Sanktionsmöglichkeiten stossen bei Regierungen und Wirtschaftsführern aber auf Widerstand. Selbst der Bundesrat hat vor einem Jahr erklärt, dass rechtlich verbindliche Regeln kontraproduktiv sein könnten.
«Ein solches Instrument kann nur funktionieren, wenn ein konkretes Ziel festgelegt wird und wenn eine genügend grosse Zahl von Unternehmen mitmachen», sagt Ivo Kaufmann, Chef der Abteilung Internationale Investitionen beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Würden Zielsetzungen zudem verbindlich festgesetzt, käme man über minimale Standards wohl kaum hinaus.
Die Schweiz zieht mit
Die Schweiz ist einer der wichtigsten Unterstützer des Paktes zwischen Regierungen und der Privatwirtschaft, den Uno-Generalsekretär Kofi Annan 1999 am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos ins Leben gerufen hatte.
Mit über 400’000 Franken leistet die Schweiz einen beträchtlichen Beitrag zum jährlichen 1,5 Mio-Budget des Projektes.
Im Rahmen des Gipfeltreffens wurde ein Bericht der Finanzindustrie in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und der UNO vorgestellt.
Die Empfehlungen mit dem Titel «Wer sich Mühe gibt, gewinnt», sollen der Finanzwelt helfen, mehr auch auf Umweltschutz, soziale Rechte und rechtschaffene Regierungen zu achten.
Die Aktien eines Unternehmens, das sauber geführt werde und niemanden ausbeute, hätten erwiesenermassen grössere Chancen, zu steigen, sagten Finanzexperten bei der Präsentation der Empfehlungen.
1600 Firmen dabei – 14 aus der Schweiz
Dem Global Compact gehören mittlerweile rund 1600 Unternehmen an. Rund 900 davon würden sich stark engagieren und kontinuierlich versuchen, ihre Regeln den vereinbarten Prinzipien anzupassen, sagte Chappatte.
Bisher befinden sich 14 Schweizer Unternehmen auf der Global Compact-Liste, darunter Novartis, UBS, Credit Suisse, Holcim oder Nestle. Die DEZA werbe zwar für den Pakt, übe aber keinen Druck auf die Unternehmen aus, der freiwilligen Initiative beizutreten, sagte Chappatte.
Besonders wichtig sei es, dass Unternehmen auf der Südhalbkugel des Planeten die Wichtigkeit einer guten Umwelt- und Sozialpolitik erkennen würden, sagte Anton Stadler, der Schweizer Mitarbeiter im Global-Compact-Büro in New York. Damit würden bessere Bedingungen für Investitionen kreiert.
Die Regierung setze sich für den Global Compact auch deshalb ein, weil seine Grundziele dieselben seien wie die der Schweiz.
swissinfo und Agenturen
Im Global Compact gelten neun Prinzipien, darunter die Respektierung der Menschenrechte, die Nichtdiskriminierung am Arbeitsplatz, die Ablehnung von Zwangs- und die Ausmerzung von Kinderarbeit, die Anerkennung des Rechts auf Tarifverhandlungen und der sorgsame Umgang mit der Umwelt. Ein zehntes Gebot betrifft das Antikorruptionsprinzip.
1999 hat UNO-General-Sekretär Kofi Annan am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos die Gründung des Global Compact angekündigt.
Fünf Jahre später wurde nun eine erste Erfolgsbilanz gezogen.
1600 Unternehmen weltweit sind bisher dem Pakt beigetreten, darunter 14 Schweizer Firmen wie Novartis, Nestlé, UBS, Holcim oder Credit Suisse.
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