Nationalbank dreht weiter an Zinsschraube
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat beschlossen, den Leitzins um einen Viertelpunkt zu erhöhen. Der Referenz-Zinssatz (Dreimonats-Libor) liegt nun zwischen 1,5 und 2,5%.
Die SNB hat auch ihre neusten Wirtschaftsprognosen veröffentlicht: Danach wird das Bruttoinlandprodukt dieses Jahr um 3% und 2007 um 2% ansteigen.
Unter dem Eindruck einer robusten Konjunktur nimmt die Nationalbank den Fuss etwas weiter vom geldpolitischen Gaspedal zurück.
Sie hat den Leitzins zum siebten Mal seit Juni 2004 um einen Viertelprozentpunkt angehoben.
Mit der neuerlichen Zinserhöhung passt die SNB ihre expansive Geldpolitik weiter der boomenden Konjunktur an. Der Schritt war denn auch erwartet worden. Einige Ökonomen gehen bereits davon aus, dass die SNB im März 2007 erneut an der Zinsschraube drehen wird.
Konjunktur mit guter Kondition
Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Jean-Pierre Roth, begründete den allgemein erwarteten Schritt vor den Medien in Zürich mit der starken Verfassung der Konjunktur. Auch nächstes Jahr werde die Entwicklung positiv ausfallen, wenn auch etwas weniger ausgeprägt.
Dies werde sich weiterhin günstig auf den Arbeitsmarkt auswirken. Roth bekräftigte die bisherige Voraussage der Nationalbank, wonach das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) dieses Jahr um knapp 3% und 2007 um rund 2% steigen dürfte.
Inflationserwartungen gesunken
Mit den tieferen Erdölpreisen sinken auch die Inflationserwartungen: Die Nationalbank erwartet jetzt für 2007 nur noch 0,4% mittlere Jahresteuerung, verglichen mit bisher 1,1%.
Falls sich die Wirtschaft wie erwartet entwickelt, will die Nationalbank aber dennoch an ihrer Strategie der graduellen Zinsnormalisierung festhalten.
Der nun beschlossene Zinsschritt dürfte nach den Worten von Roth vor allem dazu beitragen, dass die Ressourcen in den Jahren 2007 und 2008 nicht übermässig ausgelastet werden.
Als Folge davon werde voraussichtlich auch die Inflation in den Jahren 2008 und 2009 gedämpft. 2008 erwartet die Nationalbank eine Teuerung von 0,9%.
Mehr
Schweizerische Nationalbank
Franken-Schwäche
Zur Schwäche des Schweizer Frankens sagte der oberste Währungshüter, gemessen an einem realen, effektiven Wechselkurs liege der Franken heute auf dem gleichen Stand wie im Jahre 2000.
Man sollte sich aber von der gegenwärtigen Ruhe nicht täuschen lassen. Denn die Erfahrung zeige, dass auf Phasen mit einem schwächeren Franken wieder Phasen folgen könnten, in denen die Landeswährung zur Stärke neige.
Am Devisenmarkt verlor der Franken unmittelbar nach Bekanntgabe des Zinsentscheids zum Euro allerdings weiter an Wert: Der Euro-Kurs stieg von 1,5940 auf 1,5970 Franken.
Dies dürfte laut Marktbeobachtern damit zusammenhängen, dass die Zinserhöhung längst vorweggenommen und vereinzelt gar über ein stärkeres Zinssignal spekuliert worden war.
Die bisherigen Zinserhöhungen der Nationalbank hatten keine breite Bewegung bei den Hypothekarzinsen ausgelöst. Von den Kantonalbanken, deren Konditionen für die Mietzinsgestaltung massgebend sind, hatte bisher einzig die Luzerner den Zinssatz für variable Hypotheken erhöht.
swissinfo und Agenturen
Vorhersagen zur Schweizer Wirtschafts-Entwicklung:
Staatssekretariat für Wirtschaft seco: +2,7% (2006) und 1,7% (2007)
Schweizerische Nationabank: +3% (2006) und 2% (2007)
KOF: +2,6% (2006) und 2,1% (2007)
UBS: +3% (2006) und 1,7% (2007)
Credit Suisse Group: +3% (2006) und 2% (2007)
OECD: +3% (2006) und 2,2% (2007)
Der Ausdruck Libor (London interbank offered rate) bezeichnet die Zinssätze, die von der British Bankers Association an jedem Arbeitstag um 11.00 Uhr (Londoner Zeit) fixiert werden.
Der Libor wird häufig als Bezugsgrösse eingesetzt, zum Beispiel bei Hypothekar-Verträgen.
Er bezeichnet auch die Sätze, welche grosse Banken für ungedeckte Geldmarktkredite untereinander verlangen.
Die Schweizerische Nationalbank fixiert jeweils auf drei Monate die Grenzen für Libor-Pendelbewegungen.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch