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Nationalbank erhöht Zinssatz

Die Nationalbank tritt leicht auf die Bremse. Keystone

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihren Leit-Zinssatz um 0,25% erhöht. Im Einklang mit anderen Zentralbanken strafft sie damit ihre Geldpolitik.

Der Schritt war erwartet worden, denn die Konjunktur wächst. Das Zinsband beträgt nun 0,50-1,50% gegenüber bisher 0,25-0,1,25%.

Die SNB tritt leicht auf die Bremse. Erstmals seit September 2004 hat sie den Leitzins um 25 Basispunkte (0,25%) erhöht.

Der Libor soll in der Mitte des Zinsbands bei 1,0% gehalten werden, wie die SNB am Donnerstag bekannt gab. Damit bleibt das Zinsniveau in der Schweiz weiter auf einem historisch tiefen Niveau.

Schritt kommt nicht überraschend

Die leichte Straffung der Geldpolitik kommt nicht überraschend. In den vergangenen Monaten hatten Vertreter der SNB bei Referaten die Finanzmärkte auf eine Erhöhung eingestimmt. Die SNB-Spitze hatte regelmässig darauf hingewiesen, dass das Zinsniveau zu tief sei.

Mit Rücksicht auf die stotternde Konjunktur hatte die SNB bisher aber auf Zinserhöhungen verzichtet. Inzwischen hat sich der Aufschwung gefestigt. So nahm das Brutto-Inlandprodukt (BIP) im dritten Quartal 2005 gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt um 1,0% zu.

Der Inflation vorbeugen

Laut Alois Bischofberger von der Credit Suisse hält die SNB mit diesem Schritt gegen einen möglichen Inflationsdruck an. “Inflation kann gefährlich für den Aufschwung werden”, sagt der Chefökonom von Credit Suisse gegenüber swissinfo.

Laut Bischofberger dürfte die Massnahme den Wirtschaftsverlauf nur am Rande treffen. Langfristig gesehen befinde sich das Zinsniveau weiterhin sehr tief.

Es sei nicht auszuschliessen, dass diese Libor-Erhöhung ein leichtes Wachstum der Markt-Zinsen nach sich ziehe. Dem Aufschwung schade das kaum.

Der Freiraum der SNB sei gross, so Bischofberger. Manchmal falle ein Entscheid bei der SNB schneller als bei der Europäischen Zentralbank, manchmal umgekehrt. Doch tendieren die Zinsen im Franken und im Euro normalerweise immer in dieselbe Richtung.

Wirtschaftswachstum: Prognose verbessert

Wegen der erfolgten Festigung des Aufschwungs hebt die SNB auch ihre Prognose für das Wirschaftswachstum an. Die Notenbank geht nunmehr von einem Wachstum für die Schweiz von 1,5% im laufenden Jahr aus, für 2006 erwartet sie gut 2%.

Bisher hatte die SNB 1,0% für das laufende und 1,5-2,0% für das kommende Jahr prognostiziert. “Die Konjunkturerholung setzt sich wie erwartet fort. Sie hat an Stärke gewonnen und ist breiter abgestützt”, teilte die SNB am Donnerstag mit.

Unveränderte Teuerungsprognose

Bei der Teuerung rechnet die SNB für 2005 unverändert mit 1,2% im Jahresdurchschnitt. Unter der Annahme eines konstanten Dreimonat-Libors von 1,0% werde für 2006 eine Jahresteuerung von 0,8% und für 2007 eine solche von 1,2% erwartet.

“Die Geldpolitik bleibt trotz der Zinserhöhung expansiv und unterstützt den Aufschwung. Mit der fortschreitenden Konjunkturerholung wird die Nationalbank die graduelle Korrektur ihres geldpolitischen Kurses weiterverfolgen”, heisst es in der Mitteilung weiter.

Auf eine rasche Aufwertung des Frankens würde die Nationalbank angemessen reagieren, bekräftigt die Notenbank. Ein erhöhter Zinssatz trägt tendenziell zur Attraktivität des Frankens bei.

Unterschiedliche Reaktionen

Der Entscheid der SNB, die Leitzinsen anzuheben, überraschte am Donnerstag kaum. Die Reaktionen fielen allerdings unterschiedlich aus.

Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse zeigte sich zufrieden. “Es war richtig, die Zinsen zu erhöhen”, erklärt economiesuisse-Chefökonom Rudolf Walser. Er schätzt, dass die Notenbank im Einklang mit der positiven konjunkturellen Entwicklung noch weitere Anhebungen vornehmen wird.

Dieser Ansicht sind auch andere befragte Ökonomen. Sie rechnen damit, dass die SNB ihren Leitzins im kommenden März um weitere 0,25% erhöht. Im Verlauf von 2006 dürfte die Notenbank die Zinsen in gleichmässigem Tempo zusätzlich anheben.

Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) hingegen ist der Notenbank-Entscheid “überstürzt”. In Anbetracht des noch zerbrechlichen Aufschwungs hätte die SNB noch warten müssen, bis sich die Arbeitsmarktlage verbessere, sagt Chefökonom Serge Gaillard.

swissinfo und Agenturen

Die Schweizerische Nationalbank ist in der Schweiz für die Geldpolitik zuständig und tut dies als politisch unabhängige Zentralbank.
Sie steuert die Geldpolitik über Liquidität und Geldpreis (Libor-Zinssatz).
Andere Aufgaben der SNB sind die Erleichterung von Finanz-Transaktionen und die Ausgabe von Banknoten.

Der Libor, Abkürzung für “London Interbank Offered Rate”, stellt ein wichtiges geldpolitisches Instrument der Nationalbank dar.

Der Franken-Libor ist die zentrale Grösse für die Refinanzierung bei erstklassigen Banken und Unternehmen.

Der Libor wird täglich um 11 Uhr Vormittags in London fixiert, und zwar für verschiedene Währungen.

Er stellt einen Durchschnittspreis dar, den die Banken untereinander für ungedeckte Kredite verlangen.

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