Nestlé-Chef will Markt in der Klimafrage
Wenn Peter Brabeck-Letmathe den Klimawandel auch nicht verneint, so relativiert er ihn doch. Zudem tritt er für mehr Kostenwahrheit ein.
Der Chef des weltweit grössten Nahrungsmittelkonzerns nahm am WEF in Davos teil. Im Gespräch mit swissinfo illustriert er seine Ansichten am Beispiel Wasser.
swissinfo: Ist für Sie der Klimawandel ein reelles Problem für die Welt und die Weltwirtschaft?
Peter Brabeck: Das Klima ist daran sich zu ändern. Es ist eine Tatsache, mit der wir uns auseinander setzen müssen.
Allerdings hat sich das Klima schon immer verändert, seit die Welt existiert. Es macht das heute nicht zum ersten Mal. Das gehört zum Wesen der Natur.
Ergo müssen wir aus diesen Verhaltensweisen unsere Lehren ziehen. Das scheint mir wichtig zu sein.
swissinfo: Beeinflussen der Klimawandel und die Unsicherheit auf dem Energiesektor die Weltwirtschaft?
P.B.: Mit der heutigen Energiesituation kann davon ausgegangen werden, dass das Wirtschaftswachstum für die nächsten 20 oder 30 Jahre gesichert ist.
Die Frage besteht eher darin: Wie verringern oder eliminieren wir die negativen Auswirkungen der fossilen Energieträger. Das Problem ist also nicht so technischer Natur. Es ist eine Frage des Preises.
swissinfo: Bezogen auf die Umweltproblematik und die Ressourcen. Wo sehen Sie heute die wesentlichen Herausforderungen?
P.B.: Kurzfristig sehe ich das Wasser als wesentlichstes Problem, um die Entwicklung zu sichern. Im Gegensatz zu Erdöl etwa ist Wasser lebensnotwendig.
swissinfo: Und sind sich die Entscheidungsträger weltweit dieses Problems bewusst?
P.B.: Hier am World Economic Forum in Davos fehlte in keinem Treffen der Bezug auf die Klimaänderung. Also, ich denke schon, dass sich die Akteure dieses Problems bewusst sind.
Doch gibt es zwei Arten sich dem Problem zu nähern. Einmal durch eine alles lähmende Haltung, die will, dass die Klimaänderung unbedingt gestoppt werden muss. Ich denke, das ist nicht der richtige Weg. Denn das Klima wird sich mit oder uns ändern.
Wir müssen herausfinden zu welchem Preis wir bestimmte Einflüsse bremsen oder beschleunigen können. Es gilt zu studieren, wie auf konstruktive Art auf die Klimaänderung reagiert werden kann.
swissinfo: Und, haben Sie Vorschläge?
P.B.: Ich habe schon etliche Vorschläge gemacht. Kehren wir zum Wasser zurück. Es ist weltweit die wichtigste Ressource. Der grösste Teil davon wird noch immer nicht für die lebenswichtigen Bedürfnisse der Menschen verwendet.
So wird Wasser nach wie vor verantwortungslos in der Landwirtschaft verbraucht. Sie monopolisiert 70 bis 75% der verfügbaren Menge und vergeudet viel davon wegen schlechten und uneffizienten Bewässerungssystemen.
Um Gegensteuer zu geben gibt es einfache Lösungen. Aber es fehlt der Wille in diesem konkreten Bereich Wasser den Markt spielen zu lassen.
swissinfo: Kann nur der Markt diese Art von Problem lösen?
P.B.: Natürlich löst er nicht sämtliche Probleme. Aber beim Erdöl, das als Beispiel, hat der Markt seine Tauglichkeit bewiesen.
Steigt der Erdölpreis, dann reagieren Verbraucher und Wirtschaft sofort. Alle beginnen nach Lösungen zu suchen, um dem hohen Preis die Spitze zu brechen.
Beim Wasser bleibt im Allgemeinen der Verbrauch kostenlos. Es wird gar verwendet, um Mais zu bewässern, mit dem dann Biotreibstoff hergestellt wird. Wasser subventioniert also diesen Treibstoff.
Man verwendet demnach den viel wichtigeren Rohstoff Wasser, um Erdöl zu ersetzen. Das finde ich nicht sehr intelligent.
Interview: swissinfo: Pierre-François Besson, Davos
(Übertragung aus dem Französischen: Urs Maurer)
Das jährliche Weltwirtschaft-Forum (WEF) findet bis zum 28. Januar in Davos statt.
Am diesjährigen Treffen nehmen 2400 Teilnehmer aus 90 Ländern teil. Die Hälfte davon sind Wirtschaftsvertreter.
Darunter auch Peter Brabeck-Letmathe, CEO und Präsident des Verwaltungsrates der Nestlé AG, Vevey. Der grösste Nahrungsmittel-Multi der Welt wurde 1866 gegründet.
Die Nestlé-Gruppe besitzt Marken wie Vittel, Contrex, San Pellegrino, Perrier, Mövenpick-Speiseeis, Maggi, Buitoni oder Cailler.
Nestlé gehört zu den grossen Unternehmen im Mineralwassermarkt. Umsatz: 8,8 Mrd. Franken (2005) und rund 18% Marktanteil.
Klimaänderung, Energieversorgung und Energiediversifikation waren Themen der Schweizer Wirtschaftsministerin am WEF in Davos.
Doris Leuthard traf sich dabei mit den Vertreter der multinationalen Entwicklungsbanken zu informellen Gesprächen, darunter dem Chef der Weltbank, Paul Wolfowitz.
Diese Institutionen nehmen eine wichtige Rolle in der künftigen Energie- und Klimafrage ein.
Gerade die Entwicklungsländer sind vom Klimawandel stark betroffen. Sie haben auch einen grossen Bedarf an Energie, die ihnen das Wachstum erlaubt.
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