Neue Geldquellen für Strasse und Schiene gesucht
Weil Infrastrukturen wie Strasse, Schiene oder das Stromnetz immer teurer werden, muss der Staat zu deren Finanzierung bald neue Geldquellen finden, wie eine OECD-Studie zeigt.
Das für den Verkehr zuständige Ministerium will nun neue Benutzergebühren prüfen, beispielsweise das Road-Pricing.
Die immer stärker vernetzte Wirtschaft ist dringend angewiesen auf reibungslos funktionierende Strassen-, Schienen- oder Telekommunikationsnetze.
Das zeigt eine am Montag publizierte Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Wie das zuständige Ministerium, das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) mitteilte, gehen die OECD-Experten aber davon aus, dass die Staaten ihre Infrastrukturbedürfnisse in Zukunft nicht mehr aus herkömmlichen Quellen finanzieren können.
Netzzusammenbrüche
Sie warnen vor negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität: Staus, Netzzusammenbrüche oder unzuverlässige Versorgung könnten hohe volkswirtschaftliche Kosten verursachen, die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen und Umweltprobleme anwachsen lassen.
Um dieses Szenario zu verhindern, empfiehlt die OECD, sowohl neue Finanzierungsquellen auf staatlicher Ebene zu erschliessen, als auch Private bei der Finanzierung stärker einzubeziehen. Im öffentlichen Sektor will die OECD vermehrt das Verursacherprinzip zum Tragen bringen.
Mineralölsteuer
Die Experten schlagen zum Beispiel vor, Strassen durch Benützerabgaben wie Road-Pricing zu bezahlen. Sinnvoll seien auch zweckgebundene Steuern wie die Mineralölsteuer. Für die langfristige Planungssicherheit empfiehlt die OECD den Ländern, Infrastrukturfonds zu schaffen.
Als Beispiel wird der Schweizer Fonds für den Agglomerationsverkehr und die Nationalstrassen erwähnt. Für den stärkeren Beizug privater Mittel schlägt die OECD das Modell des «Public Private Partnership» vor. Zudem verweist sie darauf, dass Pensionskassen oder Versicherungen in die Infrastrukturen investieren könnten.
Problembewusstsein vorhanden
Das UVEK begrüsste am Montag den Bericht. «Infrastruktur-Engpässe werden sehr rasch zu Wachstums-Engpässen», sagte UVEK-Generalsekretär Hans Werder. Das Departement wolle deshalb Empfehlungen des Berichts übernehmen und in die schweizerische Praxis umsetzen.
Die Schweiz steht laut dem UVEK vor einer doppelten Herausforderung: Bei privat finanzierten Infrastrukturen wie der Telekommunikation oder dem Luftverkehr müssen die Rahmenbedingungen so ausgestaltet werden, dass die Privaten auch in Zukunft die erforderlichen Investitionen tätigen.
«Heisse Eisen» prüfen
Und bei den öffentlich bezahlten Netzen wie Schiene und Strasse brauche es langfristig sichere Finanzierungsinstrumente: Mit der Mineralölsteuer, dem Infrastrukturfonds oder dem Finöv-Fonds (zum Bau und Finanzierung von Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Verkehrs) bestünden diese zum Teil bereits.
Neue Instrumente wie Benutzergebühren oder die Zusammenarbeit mit Privaten müssten aber geprüft werden.
Das UVEK kündigte auch an, Ende Jahr oder Anfang nächstes Jahr eine nationale Infrastrukturstrategie zu veröffentlichen. Darin wird für die grossen Infrastrukturnetze bei Verkehr, Energie und Telekommunikation dargelegt, welche Herausforderungen bestehen und wie sie bewältigt werden können.
swissinfo und Agenturen
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist seit 1961 die Nachfolge-Organisation der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa.
Diese wurde nach dem 2. Weltkrieg geschaffen, um den Wiederaufbau Europas im Rahmen des von den USA und Kanada erstellten Marshall-Plans zu koordinieren.
Zur OECD gehören 30 Länder, darunter die Schweiz. Die Organisation mit Sitz in Paris hat die Förderung der Wirtschaftsentwicklung ihrer Mitgliedsländer und des Welthandels sowie des Wirtschaftswachstums in ihren Mitglieds- und den Entwicklungsländern zum Ziel.
Eine der Hauptaktivitäten der OECD ist die Erstellung von Studien zu wirtschaftlichen, sozialen oder Umwelt-Themen, oft fokussiert auf einzelne Länder.
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