Neuer Chef für ABB
Wechsel an der ABB-Spitze: Sulzer-Konzernchef Fred Kindle löst Jürgen Dormann auf Anfang 2005 als operativer Chef des schweizerisch-schwedischen Technologiekonzerns ab.
Kindle gibt seine Funktionen beim Industriekonzern Sulzer Mitte Jahr ab.
Mit Kindle wird erstmals seit der Fusion der schwedischen Asea mit Brown-Boveri ein Schweizer CEO von ABB.
Der 44-jährige Kindle werde seine Arbeit bei ABB am 1. September aufnehmen und im Januar 2005 den Vorsitz der Konzernleitung übernehmen. Dormann werde sich ab Januar 2005 auf seine Aufgabe als Verwaltungsrats-Präsident von ABB konzentrieren, teilten ABB und Sulzer am Freitag mit.
Er freue sich auf seine Aufgabe bei ABB, wird Kindle in der Mitteilung zitiert. Die Reputation des Konzerns und seine starke, globale Marktposition seien eine hervorragende Grundlage für eine dynamische und erfolgreiche Zukunft.
Restrukturierer bei Sulzer
Der ehemalige McKinsey-Berater Kindle arbeitet seit 1992 beim Sulzer-Konzern, seit 2001 als dessen CEO. Seit dem letzten Jahr ist er auch Mitglied des Sulzer-Verwaltungsrats.
In den vergangenen Jahren zog Kindle den Umbau des angeschlagenen Konzerns durch und veräusserte dabei verschiedene Unternehmensteile.
Es waren die turbulentesten Jahre für das Winterthurer Traditionsunternehmen: Sulzer wurde radikal redimensioniert, die wegen verschmutzter Hüftgelenke mit US-Sammelklagen kämpfende Medizinaltochter Sulzer Medica abgespalten und eine feindliche Übernahme des Financiers Rene Braginsky abgewehrt.
Beim Wachstum blieb Sulzer allerdings hinter den eigenen Erwartungen zurück.
Analysten begrüssen Kindles Ernennung
Analysten begrüssen in ersten Stellungnahmen die Ernennung Kindles. Jürgen Dormann, der Vater der ABB-Sanierung, bleibe dem Konzern in der Rolle des Präsidenten ja erhalten. Demgegenüber verliere Sulzer seine Leitfigur.
Für Kindle bedeutet der Wechsel zu ABB einen ziemlichen Karrieresprung: Bei Sulzer ist er Chef über 9100 Angestellte, die 2003 einen Umsatz von knapp zwei Mrd. Franken erwirtschafteten. ABB schaffte umgerechnet knapp 24 Mrd. Franken Umsatz mit 115’000 Angestellten.
Andreas Riedel, Analyst bei der Bank Sarasin, bezeichnete Kindle als «einen guten Mann mit gutem Ruf, der bei Sulzer einen guten Job gemacht» habe.
Kindle bekomme jetzt die Chance, bei einem grösseren Konzern das weiter zu führen. Für ABB leicht positiv sei, dass man mit Kindle einen Mann genommen habe, von dem man wisse, dass er die Chef-Funktion ausüben könne.
Erster Schweizer ABB-Chef
Kindle ist Schweizer und Liechtensteiner Staatsbürger. Er ist der erste Schweizer CEO von ABB seit der Fusion von Brown-Boveri (BBC) und Asea im Januar 1988. Zunächst führte der Schwede Percy Barnevik von 1988 bis Anfang 1997 das operative Geschäft von ABB.
Vier Jahre lang stand danach sein Landsmann Göran Lindahl dem Konzern vor. Kurz war das «Gastspiel» von Jörgen Centermann.
Mit dem Amtsantritt von Jürgen Dormann im September 2002 endete die schwedische Ära an der ABB-Spitze. Seit 1998 ist Dormann Mitglied des ABB-Verwaltungsrates und seit November 2001 als Nachfolger von Percy Barnevik Präsident des Verwaltungsrates.
ABB-Zusammenbruch abgewendet
Dormann, der auch Aufsichtsrats-Vorsitzender bei Aventis ist, hatte in den vergangenen Wochen wiederholt angekündigt, die Funktion als ABB-Chef noch in diesem Jahr abzugeben.
Dormann wendete zusammen mit Finanzchef Peter Voser, der ebenfalls als Kandidat für die ABB- Spitze gehandelt wurde, den Zusammenbruch von ABB ab.
Es sei ein holpriger Weg gewesen, und nicht alle Ziele seien erreicht worden, sagt der Analyst der Bank Sarasin. Aber der Konzern habe überlebt.
CEO-Suche bei Sulzer im Gange
Sulzer teilte am Freitag mit, dass die externe Suche nach einem Nachfolger bereits sehr weit fortgeschritten sei. Der neue Sulzer-Chef soll in den nächsten Wochen bekannt gegeben werden. Der Verwaltungsrat bedauere den Abgang Kindles.
swissinfo und Agenturen
Die Wechsel an der ABB-Spitze waren in den letzten Jahren mehrheitlich unter Getöse vonstatten gegangen.
So musste Jürgen Centermann, der Vorgänger des jetzigen CEO Jörgen Dormann im September 2002 nach nicht einmal zwei Jahren als Konzernchef seinen Hut nehmen, weil die Beziehung zu Dormann gestört war.
Unschön war auch der «Abgang» von David de Pury als ABB-Co-Präsident im Oktober 1996, in dessen Folge Percy Barnevik danach zehn Monate die Doppelfunktion als Verwaltungsratspräsident und Chef ausübte.
Für Wirbel sorgten in den vergangenen Jahren zudem die Abgangsentschädigungen für die ehemaligen ABB-Spitzenmanager.
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