Neues Internetportal will faires Reisen fördern
Ein neues Reiseportal liefert Reisenden und Reisebüros Tipps und Hintergrund-Informationen zum fairen Reisen. Der faire Handel steckt im Tourismus noch in den Kinderschuhen.
Dennoch möchten viele Reisende ihre Ferien an Orten verbringen, wo Landschaft und Umwelt geschont werden und auch Einheimische und nicht nur internationale Hotelketten auf ihre Rechnung kommen.
Mehrere Umfragen in der Schweiz und in Grossbritannien weisen einen Bedarf nach nachhaltigen Ferienangeboten aus. Auf dieses Engagement setzen nun der «arbeitskreis tourismus & entwicklung» (akte) und seine Partnerorganisationen mit dem neuen Reiseportal «fairunterwegs».
Buchungsmöglichkeiten gibt es auf dem Portal keine, dafür viele nützliche Tipps, worauf man beim Online-Buchen achten soll oder welche Kriterien einen sozial gerechten Tourismus ausmachen.
Illustriert werden Faustregeln wie Respekt vor Mensch und Umwelt oder fairer Austausch dadurch, dass Reisende lokale Unterkünfte und Dienstleistungen in Anspruch nehmen und faire Preise bezahlen.
«Reiselustige erhalten hier Informationen, die andere nicht haben», fasst akte-Mitarbeiterin Ruth Hagen zusammen. Der Schwerpunkt liegt auf Entwicklungs- und Schwellenländern.
Reisebranche beeinflussen
In der Rubrik «Blickwechsel» erfahren die Lesenden aus dem Leben einer Postkartenverkäuferin in Vietnam oder einer Kassierin in einem brasilianischen Ferienort.
Hinweise zu Menschenrechten oder Gesundheit werden ergänzt von der Transportenergie-Bilanz. Literatur- und Filmtipps dienen der Einstimmung auf die Reise, «Hier und Jetzt» verweist auf Veranstaltungen in der Schweiz, welche die Ferne nahe bringen, ein Forum ermöglicht Austausch über verschiedenste Themen.
«Das Portal will auch erreichen, dass Reisende Einfluss auf die Reisebranche ausüben und diese ihr Angebot entsprechend verändert», betont akte-Präsident Mark Schmid. Es gehe indes nicht darum, schwarze Schafe zu brandmarken, erläutert Geschäftsleiterin Christine Plüss.
Ziel des fairen Handels im Tourismus sei es nicht, eine neue Nische zu schaffen, vielmehr wolle akte «den Weg weisen, wie die gesamte Tourismusbranche sozial gerechter wirtschaften kann».
Im Gegensatz zu fair gehandelten Bananen sei faires Reisen sehr komplex, erklärt Beat Dietschy, Zentralsekretär von Brot für alle. Das Hilfswerk setzt sich seit Jahren für fairen Handel und gerechte Arbeitsbedingungen ein.
Beim Reisen seien die unterschiedlichsten Akteure gefordert: Reisende, Vermittler, Transportgesellschaften und alle, die zur Beherbergung und Verpflegung beitragen.
Tourismus-Label in Abklärung
Die Branche habe das Potenzial des fairen Handelns beim Reisen bisher unterschätzt, der Schweizerische Reisebüro-Verband sei indes für Verbesserungen offen und empfehle die neue Internetplattform an die Mitarbeitenden, erklärt Hansjörg Ruf von der Fachgruppe Umwelt und Soziales vom Reisebüro-Verband.
Seit kurzem haben grössere Reiseveranstalter immerhin die erste und bislang einzige Labelorganisation weltweit in ihren Katalogen aufgenommen: Die «Fair Trade in Tourism in South Africa».
Diese ermöglicht die Beherbergung in zertifizierten Gasthäusern, etwa in den Townships von Kapstadt. Die Bemühungen, die hinter einem Label stecken, bedeuten für die Beteiligten «einen Riesenaufwand», merkt Christine Plüss an.
Dennoch laufen derzeit unter Mitwirkung von akte erste Abklärungen, ob und wie im internationalen Zertifizierungs-Dachverband FLO der Tourismus bewertet werden kann.
Schweizer Potenzial
Der Tourismus sei besonders in Entwicklungsländern der wichtigste Arbeitgeber weltweit, konstatiert Hans-Peter Egler vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco). Es gelte nun, die Anforderungen international zu erhöhen.
Dabei habe die Schweiz gute Chancen, sich zu profilieren: Die Bevölkerung reise viel und halte den Rekord beim Konsum von Fair-Trade-Produkten. «Das Thema faires Reisen ist im Aufwind», zeigt sich Egler überzeugt.
Allerdings verlangt die Welthandelsorganisation WTO von den Entwicklungsländern eine weitere Öffnung ihrer Märkte für den Tourismus.
Damit laufen aus Sicht von Nichtregierungs-Organisationen (NGO) lokale kleine Reiseveranstalter Gefahr, durch grosse Tourismuskonzerne ausgebootet zu werden.
swissinfo und Viera Malach, InfoSüd
Hinter «fairunterwegs» steht der «arbeitskreis tourismus & entwicklung».
Die Fachstelle engagiert sich seit bald 30 Jahren im kritischen Dialog mit Verantwortlichen aus Wirtschaft und Politik für gerechte, faire Beziehungen im Tourismus.
Im Verein akte sind Hilfswerke, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit des Bundes (DEZA), Unternehmen, Verbände und Bildungsstellen aus dem Tourismus sowie interessierte Fachleute.
Der Aufbau des Reiseportals wurde vom Staatsekretariat für Wirtschaft (seco) unterstützt.
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