Nischenplayer setzen neue Massstäbe
Ein weltweites Überangebot und Produkte aus Tieflohnländern machen der Schweizer Textilindustrie zu schaffen.
Erfolgreiche Nischenplayer im globalisierten Textilmarkt vermögen der drohenden Auflösung der Branche aber ein Schnippchen zu schlagen.
In den vergangenen Jahren ging die Schweizer Textilindustrie den Weg der Konzentration, Rationalisierung und Modernisierung. Die Firmen konzentrierten sich auf Spezialitäten und Nischenmärkte.
Damit war es möglich, Standortnachteile wie hohe Löhne und handelspolitische Einschränkungen zu kompensieren.
Innovativ und erfolgreich
Trotz immensen Preisdrucks und Konkurrenz gibt es eine ganze Reihe kommerziell überdurchschnittlich erfolgreicher Schweizer Textilunternehmen. Sie stellen weltweit anerkannte Spezialitäten her, Produkte, deren Wertschöpfung hohe Personalkosten erlauben.
Oder sie sind flexible Nischenplayer: Dazu gehören hohe kreative Leistung, absolute Topqualität, Markt- und Konsumentennähe. Innovative St. Galler Unternehmen setzen heute weiterhin Massstäbe in der Haute Couture, im Prêt-à-Porter, vor allem aber in der Entwicklung innovativer Textilien für Technik, Sport und Medizin.
Für Skirennfahrer und Wellness
Aus Sevelen SG kommen Motorradanzüge aus reissfestem Stoff: Die Schoeller Textil AG ist Marktleaderin für Schutzgewebe. Aus Bühler AR kommen die Skirennanzüge: Die Christian Eschler AG ist weltweit Marktführerin für Stoffe für Sportbekleidung.
Von Sefar, Heiden AR/Thal SG, stammen hocheffiziente Blutfilter und weitere High-Tech-Filtergewebe. Bischoff Textil in St. Gallen stellt Woundpads her: Hight-Tech-Stickerei für die Medizin. Cilander in Herisau produziert Wohlfühlstoffe mit Aloe Vera und Honig oder Cool-Tex und Anti-Smell-Gewebe.
Leine für Pferdeflüsterer
Die Pferdeflüsterer-Leine der Seilfarbik Ullmann in Gossau SG wurde mit dem amerikanischen Pferdephilosophen Pat Parelli entwickelt. Sympatex kreierte zusammen mit der EMPA St. Gallen eine Jacke mit «Vogeleffekt», die wie Vogelgefieder aufgeplustert werden kann und schön warm gibt.
Am bekanntesten sind die Stoffe von Jakob Schlaepfer, St. Gallen, beispielsweise für Christian Lacroix, oder federleichte Stickerei von Bischoff Textil für Dessous von Chantal Thomass.
Pailletten, Federn und High-Tech
Das Spektrum der St. Galler Textilien reicht vom Leintuch bis zum High-Tech-Filter, vom Filz bis zum Vorhangstoff und vom Alinghi-Segel bis zu Riesenpailletten.
Die Textilindustrie spielte in der Vergangenheit oft eine Vorreiterrolle für die gesamte Wirtschaft. In dieser marktsensiblen Branche zeichnen sich Konjunkturaufschwung oder Rezession oft zuerst ab.
Vieles spricht dafür, dass die Konsequenzen, die sich wegen der Globalisierung für die Textilbranche ergaben, auch für den gesamten Werkplatz Schweiz bestimmend sein werden.
swissinfo und Agenturen
Die Schweizer Textilindustrie beschäftigt rund 12’000 Personen – halb so viel als noch vor zehn Jahren.
Sie erzielt einen Umsatz von rund 2,2 Mrd. Franken pro Jahr.
Die regionalen Schwerpunkte liegen im Grossraum St. Gallen, in beiden Appenzell, Glarus, dem Zürcher Oberland und der Region Langenthal.
Wie nur wenige Gegenden der Welt ist die Region St.Gallen in der Ostschweiz durch die Textilkultur geprägt worden.
Seit tausend Jahren werden hier qualitativ hochwertige Stoffe hergestellt, die als Handelsgüter begehrt sind und die Entwicklung sowohl der Bekleidung als auch der Wohnkultur immer wieder mitbestimmt haben.
Innovative Sankt-Galler Unternehmungen setzen auch heute Massstäbe im Modedesign und bei der Entwicklung von Textilien für Technik, Medizin und Sport.
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