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Noch ein langer Weg zum Road Pricing in der Schweiz

Alltag auch in Zürich: Stau. Keystone

Am Sonntag entscheiden die Bürger von Stockholm über die definitive Einführung einer Staugebühr. Erfahrungen im Ausland beleben die Diskussion auch in der Schweiz.

Noch in diesem Jahr soll ein Bericht über die Realisierungschancen des Road Pricing vorgelegt werden. Für flächendeckende Versuche wäre jedoch eine Änderung der Verfassung nötig.

Nach Ansicht der Landesregierung ist Road Pricing vor allem für Städte und Agglomerationen ein «zukunftsträchtiger und interessanter Ansatz». In diesen Ballungsräumen entstehen nämlich 85 bis 90% der Staus auf der Strasse.

In London habe die Strassenbenützungsgebühr zu einer Verkehrsabnahme um 20% und zu einem Rückgang der Staus um 30% geführt, hiess es am Freitag an einem Werkstattgespräch der Bundesämter für Strassen (ASTRA) und für Raumentwicklung (ARE) in Bern. Noch eindrücklicher seien die Resultate des Stockholmer Versuchs.

In der schwedischen Hauptstadt verringerte sich der Verkehr um 20 bis 25% und die Staus um 30 bis 50%. Der CO2-Ausstoss ging um gut 10% zurück, es gab weniger Tote und Verletzte. Hoch waren allerdings mit 600 Millionen Franken auch die Investitionskosten, doch sollten sie innert vier Jahren durch den Nutzen aufgewogen sein.

Verfassungsänderung

Noch dieses Jahr wird das ARE dem Bundesrat einen vom Parlament angeforderten Bericht zuleiten. Darin werden die technischen und rechtlichen Fragen eines allfälligen Road Pricings in der Schweiz vertieft behandelt. Nicht im Vordergrund steht die Staugebühr als Finanzquelle, denn die Verkehrsfinanzierung ist bereits gut abgestützt.

Nach Artikel 82 Absatz 3 der Bundesverfassung ist die Benützung öffentlicher Strassen grundsätzlich gebührenfrei. Das Parlament kann Ausnahmen bewilligen und hat dies für den Strassentunnel am Grossen St. Bernhard bisher ein einziges Mal getan. Grössere Abweichungen wie die Autobahnvignette und die LSVA benötigen eine Verfassungsgrundlage.

Bund würde helfen

Nach Auffassung des Bundesamts für Justiz (BJ) könnte das Parlament deshalb Road Pricing nur für einzelne Strassenzüge, Brücken oder Tunnels bewilligen. Ein auch nur quartierweises Road Pricing in Agglomerationen würde eine Verfassungsänderung bedingen. Versuche erforderten wohl ein referendumspflichtiges Gesetz, sagte Ueli Balmer vom ARE.

Wenn aus den Agglomerationen Impulse kämen, sei der Bund zur Mithilfe bereit, sagte ARE-Vizedirektor Christian Küng. Für die Seequerung in Genf und für den Schanzentunnel in Bern hatte der Bundesrat laut Küng schon die Vorlage bereit, nach der die Räte die Gebührenpflicht hätten beschliessen sollen. Dass diese Projekte scheiterten, lag freilich nicht am Road Pricing.

Zeithorizont von bis zu 20 Jahren

Als Horizont für die mögliche Einführung neuer Road-Pricing-Systeme in der Schweiz gilt zurzeit ein Zeitraum von zehn bis 20 Jahren. Bis dann erhoffen sich die zuständigen Bundesbehörden auch technisch so weit ausgereifte Lösungen, dass Road Pricing auch als Option für den vollständigen Ersatz des heutigen Abgabesystems – in Form von Autobahnvignette oder Schwerverkehrsabgabe – dienen könnte, wie es hiess. Konkrete Anträge liegen heute aber noch nicht auf dem Tisch.

Über das Road Pricing hinaus geht das Mobility Pricing, das die Mobilitätsnachfrage unter Einschluss des öffentlichen Verkehrs beeinflussen will und die Finanzierung des Verkehrs insgesamt betrifft. Dazu läuft ein Forschungsprojekt mit einem Aufwand von 1,8 Mio. Franken. Die Ergebnisse werden nächstes Jahr vorliegen.

swissinfo und Agenturen

Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Strassen sind vier Road Pricing-Modelle für Agglomerationen und Autobahnen denkbar.

Objekt Pricing: Für das Befahren eines bestimmten Bauwerks (Tunnel, Brücken) wird eine Maut erhoben. Denkbar wäre eine Maut für den Gotthard Tunnel.

Das Einrichten von gebührenpflichtigen Sonderspuren zur Umfahrung von Staus und Verkehrsstockungen auf einer Autobahn mit hohem Verkehrsaufkommen (Value Pricing) am hypothetischen Beispiel des Autobahnabschnitts Augst-Basel.

Eine flächendeckende Kilometerabgabe für PW, ähnlich der LSVA für den Schwerverkehr.

Ein umfassendes Gebiets Pricing mit Einteilung von Stadt und Agglomeration in einzelne Zonen am hypothetischen Beispiel der Agglomeration Zürich.

Unter Road Pricing versteht man eine Strassengebühr für die Einfahrt in die grossen Städte.

Ziel ist eine Reduktion des Privatverkehrs, der Staus und der Verschmutzung.

Städte, welche Road Pricing eingeführt haben: Oslo (1990), London (2003) und Singapur (1994).

In Mailand ist Road Pricing Gegenstand von Diskussionen.

In der Schweiz gibt es die Autobahnvignette und die Schwerverkehrsabgabe.

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