Ökostrom aus Holz
Bis anhin hatten es die erneuerbaren Energien nicht eben leicht in der Schweiz. Drohende Energieknappheit und Klimawandel sorgen nun für einen Stimmungsumschwung. Pioniere sind jedoch längst am Werk.
So auch die Familie Bosshard, die mit ihrer Woodpower AG bei Wila im Zürcher Tösstal in einer kommerziell betriebenen Holzvergasungs-Anlage CO2-neutralen Strom und Wärme produziert.
Die Idee entstand vor drei Jahren: Vater und Sohn Bosshard, Besitzer einer Holzbaufirma in Wila, sahen für ihre Firma keine Zukunft mehr und wollten sich neu orientieren.
«Der Ursprung von Woodpower liegt in der Not, aber nicht nur. Es war auch das Interesse an neuen Technologien, wir sind eine «Tüftler-Familie», sagt Oliver Bosshard stolz. «Und wir wollten etwas für die Umwelt tun.»
Per Zufall stiessen sie auf eine kleine Holzvergasungsanlage und begannen abzuklären, ob eine kommerziell betriebene Vergasungsanlage allenfalls realisierbar wäre. Sie forschten im Internet, suchten weltweit nach Kontakten und auch nach Investoren.
Beim Umbau der anstehenden Netzversorgung wurde das Elektrizitätswerk des Kantons Zürich auf die Pioniere aufmerksam und stieg ein. Heute ist das EKZ mit 49% des Aktienkapitals an Woodpower beteiligt.
Technologie aus Indien
Holzvergaser gab es bereits nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie wurden mit Buchenholz betrieben und auf Lastwagen eingesetzt. Nach der Ölkrise wurde es ruhig um diese Technologie.
Vorbilder für eine kommerzielle Anlage fanden die Tösstaler nicht in Europa. Fündig wurden sie schliesslich in Indien, das mit Holzvergasern schon 40 Jahre Erfahrung hat. «Es hat einen gewissen Reiz, das Know-how aus einem Land zu holen, das sonst alles aus dem Westen bezieht», sagt Bosshard.
Zur Stromerzeugung wird unbehandeltes Restholz aus der Umgebung verwendet. «Hier ist genügend Holz vorhanden. Ein langer Anfahrtweg würde nur der Umwelt und dem Geldbeutel schaden», so der gelernte Zimmermann.
Das Altholz wird in einem Reaktor verbrannt, dabei entsteht Holzgas. Bevor das Gas in den Stromgenerator geleitet wird, muss es in einem aufwändigen Prozess von Teer gereinigt werden, der als Sondermüll entsorgt wird.
Da bei der Verbrennung von Holz nur soviel C02 freigesetzt wird, wie der Baum zu Lebzeiten absorbiert hat, ist der gewonnene Strom C02-neutral.
Wärme und Strom – doppelte Nutzung
Der Strom macht allerdings nur einen Drittel des Geschäfts aus. Das Hauptgeschäft ist die beim Verfahren entstehende Abwärme. Ein kleiner Teil davon wird zur Trocknung des Holzes für den Stromerzeugungs-Prozess verwendet, der Grossteil für Schnitzelheizungen. Je trockener die Schnitzel, desto besser der Brennwert.
Die abgekoppelte Wärme wird also genutzt, was auch den Vorgaben des BFE entspricht. Nicht die gesamte Energie zu nutzen wäre sowohl ökologisch wie auch ökonomisch ein Unsinn, so Bosshard.
Als die Anlage in Wila anfangs Jahr ihren Betrieb aufnahm, seien sie mit Anfragen quasi überrannt worden, sagt Oliver Bosshard. Ob sein Werk auch europaweit Schule machen wird, weiss er nicht. Die Zeit der Kinderkrankheiten sei zwar vorbei, es gelte aber noch einiges zu optimieren. Laut seiner vorsichtigen Schätzung sollte das innovative Unternehmen in knapp zwei Jahren rentabel sein.
Energie der Zukunft
Die innovative Holzvergasungsanlage, laut EKZ und den Bossards für die Schweiz einzigartig, gilt als Pilot- und Demonstrationsanlage. Führungen gehören zum Alltag. Und dass Banken und grosse Stomkonzerne in erneuerbare Energie investieren, liegt im Trend. Ökostrom ist in.
Auch der Bund will erneuerbare Energien künftig stärker fördern. Michael Kaufmann, Vizedirektor des Bundesamtes für Energie BFE: «Projekte, wie jenes in Wila, haben Zukunft. Die Schweiz hat ein grosses Potenzial an Biomasse, Holz, organischen Abfällen, das es auszuschöpfen gilt. Es ist die Energie, die vor der Haustüre liegt.»
Kaufmann stellt mit Freude einen gewissen Boom an solchen Projekten fest. Allerdings müssten solche Anlagen eine minimale Grösse aufweisen, dürften aber auch nicht zu gross sein, um Umweltbelastungen, z.B. durch lange Anfahrswege zu vermeiden.
Mit Sorgfalt vorwärts gehen
Auch wenn die UNO vor kurzem vor negativen Auswirkungen bei der Gewinnung von Bioenergie gewarnt habe, dürfe man jetzt nicht plötzlich nur noch negativ von den Erneuerbaren sprechen.
«Ich möchte daran erinnern, dass die fossile Energie weit massivere und gröbere Folgen für Umwelt und Sozialstruktur hat», betont BFE-Vizedirektor Kaufmann.
«Weil wir bei den erneuerbaren Energien noch am Anfang stehen, haben wir die Chance, konsequent Lehren zu ziehen.» Negative Entwicklungen müssten verhindert werden. «Es darf nicht sein, dass sich die Nutzung der Biomasse negativ auf die einheimische Bevölkerung, die Nahrungsmittelversorgung oder das Ökosystem auswirkt.»
swissinfo, Gaby Ochsenbein
Die EKZ halten 49% des Aktienkapitals der Woodpower AG, Wila.
Woodpower produziert Strom für 600 Haushalte, was pro Jahr 2,2 Mio. KWh entspricht.
Woodpower erhält von den EKZ 25 Rappen pro KWh.
Mit Woodpower werden 950 Tonnen CO2 vermieden. Die Einsparung beziehen sich auf die Wärmenutzung. Der Vergleich wird mit dem Verbrauch von Heizöl extraleicht erstellt.
Dank der Wasserkraft liegt der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bei 16%.
Die so genannten «neuen erneuerbaren Energien» (Holz, Biomasse, Wind, Sonne, Geothermie) machen aber nur 4% aus.
Über 80% unseres Energiebedarfs stammt aus Erdölprodukten und Erdgas.
Mit Fördermassnahmen will der Bund den Anteil an erneuerbaren Energien bis 2030 um 10% steigern.
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