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Ölpest in Libanon: Eile vor den Winterstürmen

Verschmutzter Strand bei Beirut, Ende Juli. Keystone

Libanons Küste wird seit dem Krieg im Sommer von einer Ölpest heimgesucht. Die Schweiz hilft säubern. Es eilt, denn Winterstürme würden den Ölteppich weitertragen.

Die Humanitäre Hilfe der Schweiz für Libanon umfasst auch die Unterstützung im Bereich Umweltschutz. Federführend ist die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit.

Mit der Bombardierung der städtischen Öltankanlagen im Süden Beiruts während des letzten Libanon-Kriegs haben die Israelis im Sommer eine Ölpest ausgelöst, die einer Tanker-Katastrophe in nichts nachsteht.

Fast alles ausgelaufene Öl wurde vom Wind in den Norden getrieben – «bis zur syrischen Grenze», sagt Frederick Steinemann, Koordinator Humanitäre Hilfe in Beirut.

Gegenüber swissinfo sagt der Vertreter der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA): «Die Strände der ‹Littoral› genannten Küste bis hinauf nach Tripoli sind verschmutzt.» Tripoli ist 85 km von Beirut entfernt.

Da die erwarteten Winterstürme alles nochmals aufwühlen würden, sei Eile geboten.

Küstenabschnitte nach Ländern aufgeteilt

Das libanesische Umweltministerium hatte sich im Sommer laut Steinemann rasch ins Zeug gelegt. Die verseuchten Küstenabschnitte wurden an verschiedene Länder zur Säuberung vergeben.

Die Schweiz erhielt die 15 km vor Syrien, von Enfe bis Tripoli. «Zusätzlich gibt es in diesem Bereich ein Naturschutz-Gebiet bei der sehr stark verschmutzten Palmeninsel», sagt Steinemann. Diese Insel im Norden ist durch ein Abkommen mit der UNESCO geschützt.

Säubern: Von Hand und mit Heisswasser

Das Instrumentarium, mit dem man dem Öl zu Leibe rückt, umfasst je nach Küstenbeschaffenheit das Aufsammeln von Hand bis zum maschinellen Einsatz von Druckwasser.

«Im Naturschutzgebiet auf der Insel lässt sich das Öl praktisch nur von Hand abschöpfen», sagt Steinemann. Die Arbeit machen die Fischer der Region, die mit der Ölpest ohnehin ihre Existenzgrundlage verloren haben. Für 20 Dollar am Tag füllen sie die Rückstände in Fässer ab, die aufs Festland zurück gebracht werden.

«Grosse Wasserflächen sind noch ölbedeckt, und die Küstenfelsen sind voll von vertrockneten Ölkuchen-Rückständen», sagt der DEZA-Vertreter vor Ort.

Im Sand versickertes Öl

Auch an der Festlandküste schwimmen weiterhin Ölrückstände auf dem Wasser. Doch seit dem Sommer ist viel Öl im Sand versickert. «Nun könnte man mit einem Bulldozer einfach den Sand abtragen», so Steinemann. «Aber wohin mit dem verölten Sand?»

Eine Spezialfirma pumpt deshalb unter Druck heisses Wasser in den Sand. Dieses verflüssigt das versickerte Öl, bis es an die Oberfläche steigt und ins Meer abfliesst, wo es dann abgesogen wird.

Die USA säubern von Enfe bis Byblos, die Italiener putzen einen weiteren Küstenabschnitt. «Zwar macht jedes Land seine Arbeit eigenständig», so Steinemann. «Aber alles wird koordiniert.» Die DEZA decke ihre Kosten aus einem Zusatzkredit, den der Bundesrat gesprochen hat. «Die Aktion kostet rund 400’000 Franken.»

Schweizer Fachwissen

Von der Schweiz eingebrachtes Fachwissen konzentriere sich, so Steinemann, eher in der Verarbeitung des Bauschuttes. «Die Schweizer Zementfabrik der Holcim könnte in ihren Zementöfen die Ölrückstände ökologisch sauber verbrennen.»

Abklärungen dazu seien im Gange. Schliesslich müsse das eingesammelte Öl irgendwo entsorgt werden.

swissinfo, Alexander Künzle

Die Opfer der bewaffneten Auseinandersetzung im Libanon werden von der Schweiz mit 14,4 Mio. Fr. unterstützt.

Kernstück ist das Programm «Zurück in die Dörfer».

Daneben werden Schulhäuser instand gestellt, Minen geräumt und die medizinische Versorgung unterstützt.

Wegen der Ölpest könnten bis 500’000 Fr. in die Säuberung der Küstengewässer fliessen.

Dabei finanziert die Schweiz auch ein Assessment der UNO-Umweltorganisation UNEP mit.

Die Ergebnisse entscheiden über weitere Massnahmen im Umweltbereich.

Mitte Juli 2006 sind laut Experten bis 15’000 Tonnen Öl ins Meer ausgelaufen, als israelische Bomber die Reserve-Tanks des Beiruter Elektrizitätswerks bombardierten.
Ein Teil des Öls ist damals verbrannt.
Innert einer Woche haben laut DEZA Umweltexperten und lokale Fischer bisher über 6000 Liter Öl und über 20 Tonnen verseuchten Abfall gesammelt.

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