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Post setzt auf PostFinance und Grosskunden

Laut der Post werden immer weniger Briefe versandt. Keystone

Die Schweizerische Post hat ihren Gewinn im vergangenen Jahr um 26 auf 837 Millionen Franken gesteigert. Das neue Rekordergebnis kam trotz Gewinnrückgang bei der Briefpost zustande.

Neu soll ein Konzernbereich für Grosskunden Wachstum garantieren. Der elektronische Zahlungsverkehr, die PostFinance, bleibt ein Kerngeschäft der Post.

Die Post hat 2006 das Rekordergebnis von 2004 egalisiert. Der «gelbe Riese» wird sich aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen können, wie die Postspitze am Freitag vor den Medien in Bern deutlich machte.

Wachsen will sie unter anderem durch das Zusammenlegen zukunftsträchtiger Geschäfte in einen neuen Konzernbereich.

«Auch 2006 hat die Post sehr gut gearbeitet», sagte Konzernchef Ulrich Gygi. Mit 837 Mio. Franken war der Konzerngewinn um 3,2% höher als 2005 und entsprach genau dem bisherigen Rekordergebnis von 2004.

Der Umsatz (Betriebsertrag) nahm um 5% auf 7,895 Mrd. Franken zu. Neben Akquisitionen trugen vor allem die Postfinance und das Segment International zum Wachstum bei.

Bei der Briefpost als nach wie vor grösstem Bereich ging der Umsatz hingegen um knapp 3% zurück. Zum Gewinn trug die Briefpost hingegen wieder mehr bei als im Vorjahr: Das Betriebsergebnis dieses Segments stieg um rund 10% auf 239 Mio. Franken.

Der Grund liegt laut Finanzchef Hans-Peter Strodel bei der gesunkenen Abgeltung der ungedeckten Kosten des Poststellennetzes und beim tieferen Vorsorgeaufwand. Am meisten steuerte erneut die Postfinance mit 245 Mio. Franken zum Betriebsgewinn bei. Das war aber über ein Fünftel weniger als 2005.

Kein Anlass, sich zurückzulehnen

Nach den Worten von Gygi kann die Post dank dem guten Ergebnis die anstehenden Investitionen aus eigener Kraft finanzieren und die nach wie vor günstige Eigenkapitalbasis um 683 Mio. Franken verbessern.

Trotz gutem Ergebnis und gutem Ruf bestehe kein Anlass, sich zurücklehnen, sagte Verwaltungsratspräsident Anton Menth und verwies auf die Umwälzungen im Geschäft und auf die anstehenden politischen Entscheide.

Seit dem Jahre 2000 seien am Schalter 42% weniger Briefe und Pakete aufgegeben worden. Die Einzahlungen am Schalter seien zugleich um 14% zurückgegangen.

Mit Blick auf die Totalrevision der Postgesetzgebung forderte Gygi ein Festhalten am Restmonopol, ohne das die Grundversorgung nicht aufrechterhalten werden könne. Sollte der Postmarkt vollständig liberalisiert werden, müssten alle Marktteilnehmer gleich lange Spiesse erhalten.

Der Postchef untermauerte seine Forderungen mit einer Studie des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers.

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Service public

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Mit Service public (auch Öffentliche Hand genannt) bezeichnet man in der Schweiz die Grundversorgung aller Bevölkerungsschichten und aller Regionen mit standardmässiger Infrastruktur durch Bund, Kantone und Gemeinden. Die Aufgaben werden geteilt: Auf Bundesebene umfasst der Service public die Allgemeine Bundesverwaltung, Post, Telekommunikation, elektronische Medien (TV und Radio), den öffentlichen Verkehr und teilweise den Strassenbau. Kantone…

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Neue Projekte

Die Zukunft bringe aber auch Chancen, sagte Gygi und kündigte nach den viel diskutierten und umstrittenen Projekten REMA und Ymago einen Schritt an, um nachhaltiges Wachstum zu schaffen.

Und zwar sollen die innovativen und elektronischen Neugeschäfte in einem neuen Geschäftsbereich «Geschäftskundenlösungen» zusammengelegt werden.

Der Bereich wird von Konzernleitungsmitglied Franz Marthaler geleitet und umfasst sieben Gesellschaften wie MailSpource, Räber Information Management und die letztes Jahr übernommene deutsche GHP-Gruppe. Der neue Konzernbereich umfasst 5700 Vollzeitstellen.

Der konzernweite Personalbestand ist 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 1105 Beschäftigte oder 2,7% auf 42’178 Vollzeitstellen gestiegen. Das ist vor allem auf die Übernahmen im Ausland zurückzuführen.

Im Stammhaus sank die Zahl der Vollzeitstellen hingegen um 4,6% oder 1707 Stellen auf noch 35’326 Beschäftigte. 1041 Personaleinheiten wurden dabei aus dem Stammhaus ausgelagert, vor allem in die Postauto AG.

Divergierende Reaktionen

Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse teilt die klagende Haltung der Post mit Blick auf die Liberalisierung nicht. Angesichts der überaus komfortablen Ertragsausgangslage des Unternehmens sei diese Optik einseitig und für die Ausrichtung der künftigen Postmarktpolitik ungeeignet, schreibt economiesuisse in einem Communiqué.

Applaus erntet die Post für die Forderung nach einem branchenweiten Gesamtarbeitsvertrag von der Gewerkschaft Kommunikation: Sie unterstütze die Forderung, die Arbeitsbedingungen in der Branche kollektiv zu regeln. Die Gewerkschaft transfair hingegen übt Kritik und fordert, dass bei solchen Gewinnen weder Stellen noch Löhne abgebaut werden. Das gute Ergebnis sei nur durch rigorose Sparmassnahmen, Abbauprojekte und Produktivitätssteigerungen zustande gekommen.

swissinfo und Agenturen

Umsatz (Betriebsertrag) 7895 Mio. Franken (15% gegenüber 2005)
Konzerngewinn (Ebit) 823 Mio. Fr. (805 Mio. 2005)
Reingewinn 837 Mio. Fr. (811 Mio. 2005)
Anzahl Mitarbeitende 42’178 (41’073)
2006 bearbeitete die Post 2,76 Mrd. Briefe (2,81 Mrd.)

Die Geschichte der heutigen Post beginnt 1995 mit der Aufteilung der PTT in Post und PTT Telekom (heute Swisscom). Die Reform tritt 1998 in Kraft.

18. Jan. 2001: Die Post kündigt an, bis 2005 das Netz von 3390 Poststellen auf 2500 zu reduzieren, was in der Öffentlichkeit und im Parlament auf Kritik stösst. Damit will sie jährlich rund 100 Mio. Franken sparen.

27. Mai 2003: Der Post-Verwaltungsrat entscheidet sich im Rahmen des REMA-Projekts für drei Briefzentren sowie sechs Subzentren. Dadurch gehen 2390 Stellen verloren.

3. Mai 2006: Der Bundesrat schlägt eine Revision des Postgesetzes zur weiteren Marktöffnung vor.

Am 15. Dezember 2006 einigt sich die Post mit ihrem Sozialpartner auf die Umsetzung des Ymago-Projekts (Abbau bis 500 Stellen) ohne Entlassungen.

Mit Ymago will die Post ihre Dienstleistung für die Kundschaft und ihre Rentabilität des Vertriebsnetzes verbessern, und zwar flächendeckend.

Die Hauptpoststellen sollen dabei möglichst viel Administration von den Zweigpoststellen übernehmen, um das dortige Personal zu entlasten.

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