Quereinsteiger Hans-Rudolf Merz
Der weltgewandte Unternehmensberater Hans-Rudolph Merz ist neu im Bundesrat. Der 61-Jährige gilt als wertkonservativer Quereinsteiger.
Der FDP-Politiker profilierte sich im Ständerat vor allem im Bereich der Finanzpolitik.
Er wollte nie «irgendein Rat» werden: Hans-Rudolf Merz (61) verweigerte jahrelang jede Kandidatur für politische Ämter. Erst 1997 war er bereit und wurde Ständerat. 2003 war er bereit für den Bundesrat – und hat es geschafft.
Volksnah und vertraut mit der Finanzwelt: Der neue Bundesrat bewegt sich sicher auf jedem Parkett. Der Finanzspezialist und Quereinsteiger wurde innert kurzer Zeit zum Star der Schweizer Politszene. Der passionierte frühere Marathonläufer ist ein talentierter Troubleshooter.
Politische Abstinenz
Politisch ahnungslos war er indes nicht: In den 60er Jahren war er FDP-Parteisekretär im Kanton St. Gallen. In den 70er Jahren präsidierte er den interimistischen Einwohnerrat Herisau. Dann aber folgte politische Abstinenz. Lieber präsidierte er den Schlittschuhclub Herisau.
Er dissertierte an der Hochschule St. Gallen zum Thema «Finanzreferendum». Finanzen und Sparen blieben sein Steckenpferd. Seit über 20 Jahren arbeitet er als selbstständiger Unternehmensberater vor allem für Personal- und Kaderfragen in Europa, Nord- und Südamerika, Südafrika sowie im arabischen Raum.
Ausserrhoder Lichtgestalt
In den 90er Jahren wurde der Macher Merz zur Lichtgestalt in Ausserrhoden: 1996 gelang es ihm, im letzten Augenblick die marode Ausserrhoder Kantonalbank an die damalige SBG (heute UBS) zu verkaufen. Damit bewahrte er den Kanton vor einem ganz üblen Finanzdebakel.
Die letzte Landsgemeinde 1997 wählte Merz zum Ständerat. Er kandiderte als «Wilder» gegen den offiziellen Kandidaten. Unterstützt wurde er von der SVP. Damit begann seine zweite Karriere.
Wertkonservativ
Mit seinen schauspielerischen Fähigkeiten, seinem Wortwitz, seiner bildhaften Sprache wurde er rasch zum Liebling der Moderatoren der TV-Politsendung Arena. Der «Arena-Star» gilt als fair, integer und unbestechlich. Er selber bezeichnet sich als «wertkonservativ» und er spricht eine Sprache, die Wirtschaftführer und der Mann von der Strasse gleichermassen verstehen.
Trotz seiner Nähe zur Wirtschaft ist er ein EU-Skeptiker. Er präsidierte die Finanzkommission des Ständerats und war Mitglied der Aussenpolitischen und der Sicherheitspolitischen Kommission. Merz beeindruckt durch seine profunde Dossierkenntnis.
Merz wehrt sich dagegen, als rechtslastiger Politiker bezeichnet zu werden. Er sei liberal und tolerant, vertrete aber in Wirtschafts- und Finanzfragen sehr konsequente Positionen.
Strenger Sparkurs
2002 erklärte er die Solidaritätsstiftung zur «Totgeburt» und das Volk gab ihm Recht. Merz sprach sich gegen die Bundesmillionen für die Expo.02 und die Swiss aus und gilt als vehementer Sparer.
Der Appenzeller ist kein ausgeprägter Wirtschaftslobbyist, obwohl er die Verwaltungsräte der Helvetia-Patria und der Anova Familien-Holding von Stephan Schmidheiny präsidiert und unter anderem in den Verwaltungsräten von Huber und Suhner, Herisau, und SIG, Schaffhausen, sitzt.
Ganz in seinem Schatten hat seine Frau, Roswitha Merz, eine ebenso steile Karriere als Kunstschaffende gemacht, nachdem sie drei- jetzt erwachsene – Söhne aufgezogen hatte. Ihr liebster Werkstoff ist Zellulose. Damit realisierte sie zahlreiche, faszinierende Projekte. Sie war Präsidentin von visarte.ost und ist im Vorstand des Kunstvereins St. Gallen.
swissinfo und Agenturen
10. November 1942 in Herisau geboren
Studium der Staatswissenschaften
Weltweit tätiger Unternehmensberater
1997: Einzug in den Ständerat
Merz ist verheiratet und hat drei Söhne
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